Keine Berücksichtigung von ALG II bei den Einkommensverhältnissen für Streitwertbestimmung nach § 48 Abs. 2 und 3 GKG
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Streitwert für die Ehesache der Parteien auf 2 063,10 EUR festgesetzt.
Dabei hat es von der Antragstellerin bezogenes Arbeitslosengeld II i.H.v. 753,66 EUR monatlich unberücksichtigt gelassen.
Die hiergegen erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist zulässig (wobei der Senat unterstellt,
dass der Beschwerdeführer sie im eigenen Namen eingelegt hat), bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
§ 48 Abs. 2 und 3 GKG beziehen in die Streitwertbemessung die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien ein, um die Höhe der Verfahrenskosten
auch an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Parteien zu orientieren. Ob es angesichts dieses Ziels angemessen ist,
als Einkommen auch soziale Transferzahlungen anzusehen, welche die Parteien ohne Gegenleistung erhalten, wurde schon für die
früher gewährte Arbeitslosenhilfe kontrovers beurteilt (vgl. etwa OLG Dresden - 10. Zivilsenat - FamRZ 2004, 1225 einerseits und OLG Dresden - 22. Zivilsenat - FamRZ 2002, 1640 andererseits. Für das hier in Rede stehende ALG II ist diese Frage in Übereinstimmung mit dem Familiengericht zu verneinen.
Hinsichtlich der Arbeitslosenhilfe nach früherem Recht ließ sich immerhin noch darauf verweisen, dass ihr (auch) Lohnersatzfunktion
zukam, weil sie sich in ihrem Umfang an der Höhe des zuvor erzielten Arbeitsentgelts ausrichtete und, bezogen auf die Verhältnisse
des Hilfeempfängers, weder bedarfsdeckend sein musste noch in der Bedarfsdeckung ihre Grenze fand. All dies trifft auf das
ALG II nicht zu; es ist seiner Struktur nach Sozialhilfe für bedürftige, aber arbeitsfähige Personen (OLG Düsseldorf, FamRZ 2006,
807). Daher besteht kein Anlass, es bei der Auslegung des § 48 GKG im Ergebnis anders zu behandeln als eben Sozialhilfeleistungen, die nach ganz überwiegender und vom Bundesverfassungsgericht
(NJW 2006, 1581) ausdrücklich nicht beanstandeter Auffassung nicht als streitwerterhöhend berücksichtigt werden, weil sie Ausdruck der Bedürftigkeit
und nicht der Leistungsfähigkeit der Parteien sind (vgl. auch Zöller/Herget, 26. Aufl. 2007, §
3 ZPO Rn. 16 Stichwort "Ehesachen" m.w.N.).
Das gilt um so mehr, als ALG II, zumal nach der Neufassung von § 33 SGB II, generell als subsidiäre öffentliche Leistung gewährt wird; der Anspruchsübergang kraft Gesetzes bewirkt mithin, dass
die öffentliche Kasse die Leistungen, ähnlich wie beim Unterhaltsvorschuss, grundsätzlich nur zugunsten des Hilfeempfängers
vorfinanziert, aber über Rückgriffsmöglichkeiten verfügt, die sich in Ehesachen in erster Linie auf den beteiligten anderen
Ehepartner konzentrieren werden. Gelingt dieser (künftige) Rückgriff, so hat sich die Einkommenssituation beider Parteien
zusammen durch das ALG II nicht geändert; nur im gegenteiligen Fall erhielten die Beteiligten in der Summe mehr, als sie ohne ALG II zur Verfügung gehabt hätten. Da für die Streitwertbestimmung aber der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend ist (§ 80 GKG), spricht schon wenig dafür, dabei ein Bemessungskriterium einzubeziehen, das nur nach Maßgabe einer ungewissen künftigen
Entwicklung abschließend beurteilt werden könnte. Überdies hält es der Senat nach Sinn und Zweck von § 48 GKG (s.o.) für fernliegend, das Eheverfahren gerade für den Beteiligtenkreis zu verteuern, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
so niedrig liegt, dass der Träger des Arbeitslosengeldes II nicht einmal seine Erstattungsansprüche aus übergegangenem Recht
wirtschaftlich realisieren kann.
Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil
das Verfahren nach § 68 Abs. 3 GKG gerichtsgebührenfrei ist und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.