Berücksichtigung von Schulden beim Trennungsunterhalt; Selbstbehalt bei mietfreiem Wohnen; Mutwilligkeit der Klage auf Trennungsunterhalt
bei ungewissen Erfolgsaussichten der Zwangsvollstreckung
Gründe:
Die gem. §§
127 Abs.
2 S. 2, 569
ZPO zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt
mit der Begründung, der Beklagte sei überschuldet, hat Erfolg. Weder Aussichtslosigkeit des geltend gemachten Anspruchs noch
Mutwilligkeit (§
114 ZPO) stehen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe von vornherein entgegen, vielmehr bietet die Klage teilweise hinreichend günstige
Erfolgsaussichten.
Zwar verfügt der Beklagte nach dem Vortrag der wegen Krankheit nicht erwerbsfähigen Klägerin nur über ein Einkommen in Höhe
von 971,00 EURO aus dem Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Auch sind die Schulden des Beklagten beträchtlich, wie sich
aus der vom Beklagten im Rahmen seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das laufende Scheidungsverfahren
eingereichten, vom Diakonischen Werk im Zuge eines außergerichtlich angestrebten Schuldenbereinigungsplans zur Herbeiführung
der Restschuldbefreiung erstellten Zusammenfassung ergibt.
Aber der Beklagte leistet auf die Schulden offenbar keine Abträge, so dass der Beklagte der Klägerin diese Schulden nicht
einkommensmindernd entgegenhalten kann. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass Schuldabträge etwa die ehelichen Lebensverhältnisse
der Parteien geprägt haben. Die unstreitige Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber seiner 12-jährigen Tochter Jacqueline
L...., die gem. §
1609 Abs.
2 BGB denselben Rang wie die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin hat, darf jedoch bei der Prüfung der Erfolgsaussicht
der Klage nicht ausgeblendet werden, denn diese Schuld berührt existenzielle Bedürfnisse des genannten Kindes. Es wäre nicht
angemessen, der Klägerin einen Trennungsunterhalt mangels laufender Unterhaltszahlungen des Beklagten an seine Tochter zuzubilligen,
bei dessen Bemessung die laufende Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber seiner Tochter ausgeblendet wird, weil dann
die Klägerin auf Kosten der ihr gegenüber gleichberechtigten Tochter des Beklagten besser gestellt würde.
Der Bedarf der 12-jährigen Tochter ist mit monatlich 269,00 EURO, dem Regelbetrag für diese Altersstufe, anzusetzen. Der Bedarf
der Klägerin ist ohne Vorwegabzug des Kindesunterhalts vom Einkommen des Beklagten mit der Hälfte des dem Beklagten als Rentner
verfügbaren Einkommens von 971,00 EURO zu bestimmen, weil anderenfalls ein Missverhältnis zwischen dem Mindestbedarf des Kindes
in Höhe des Regelbetrags (BGH FamRZ 2002, 536) und dem für die Klägerin anzusetzenden Bedarf entstünde (BGH FamRZ 1999, 367 ff.), so dass für den Bedarf der Klägerin 485,50 EURO anzusetzen sind.
Der Beklagte ist teilweise leistungsfähig.
Verfügbar für unterhaltsrechtliche Zwecke ist die Differenz zwischen dem Renteneinkommen des Beklagten von 971,00 EURO und
dem angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien notwendigen Eigenbedarf eines aus dem Erwerbsleben
ausgeschiedenen Schuldners von 730,00 EURO, mithin 241,00 EURO. Der Selbstbehalt des Beklagten ist nicht deshalb herabzusetzen,
weil er mietfrei bei seiner Mutter wohnt, wie die Klägerin behauptet, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die etwaige
Freigiebigkeit der Mutter den Beklagten entlasten soll (vgl. Büttner FamRZ 2002, 1445 ff., 1446, 1448 m.w.N.). Zudem darf ein Unterhaltsschuldner im Rahmen des ihm zuzubilligenden Betrags für die Deckung seines
notwendigen Unterhalts bestimmen, wofür er den Betrag verwendet und ob er als Erwachsener mit eigener Lebensstellung wieder
im mütterlichen Haushalt Unterschlupf sucht, um das Ersparte für andere ihm wichtiger erscheinende Bedürfnisse einsetzen zu
können.
Von dem verteilbaren Einkommen des Beklagten von 241,00 EURO entfällt bei verhältnismäßiger Befriedigung der für die Klägerin
und die Tochter des Beklagten angesetzten Bedarfssätze von 485,50 EURO und 269,00 EURO, insgesamt 754,50 EURO, auf die Klägerin
ein Anteil von 241,00 EURO : 754,50 EURO x Bedarfssatz der Klägerin von 485,50 EURO = rund 155,00 EURO. Auf die Tochter entfallen
rund 86,00 EURO. Soweit der Beklagte aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Jugendamt mehr als den genannten Betrag zu zahlen
verpflichtet sein sollte, muss der Beklagte für die Zukunft eine Abänderung der Vereinbarung herbeiführen und für die Vergangenheit
darlegen, dass seine zu hohen Zahlungen im Verhältnis zur Klägerin zu berücksichtigen sind, vgl. BGH FamRZ 1990, 1091 ff; 1992, 797 ff.
Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, dass ihre Klage jedenfalls in Höhe von 155,00 EURO monatlich wegen Trennungsunterhalts
mutwillig sei, etwa weil eine Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten erfolglos wäre. Selbst wenn das Verbraucherinsolvenzverfahren
eröffnet werden sollte und damit das gesamte Vermögen, das der Schuldner während des Insolvenzverfahrens erlangt, einschließlich
des pfändbaren Teils seiner Erwerbsunfähigkeitsrente (vgl. zur Pfändbarkeit §
54 Abs.
4 SGB 1 i.V.m. §
850 c ZPO; s. auch BGHZ 92, 339 ff., 344 f.), gem. §
35 InsO zur Insolvenzmasse gehört, dürfte die Klägerin als Unterhaltsgläubigerin gem. §
850 d ZPO in die Einkünfte des Beklagten weitergehend vollstrecken als andere Gläubiger. Nach §
89 Abs.
2 S. 2
InsO ist es zulässig, die Zwangsvollstreckung wegen Unterhalts in künftige Forderungen des Schuldners auf Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis
und Lohnersatzleistungen, die für andere Gläubiger nicht pfändbar sind, vorzunehmen. Eine Unterhaltsklage hat daher ebenso
Aussicht auf Erfolg wie die Zwangsvollstreckung aus einem zu erstreitenden Titel, soweit der Unterhaltsschuldner unter Berücksichtigung
des nach §
850 c ZPO pfändbaren, in die Insolvenzmasse fallenden Betrages und seines notwendigen Selbstbehalts gem. §
850 d ZPO ein freier Betrag verbleibt.
Das Familiengericht wird unter Berücksichtigung vorstehender Aspekte erneut über das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin
zu befinden haben (vgl. §
572 Abs.
3 ZPO), jedoch erst, nachdem die Klägerin die angekündigte und gem. §
117 Abs.
2 ZPO erforderliche Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigebracht hat.
Eine Kostenentscheidung ist gem. §
127 Abs.
4 ZPO und Nr. 1956 der Anl. 1 zum GKG nicht veranlasst.