Sozialhilfeträger, Rückabtretung, Schadensersatzansprüche
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund einer Gasexplosion am 21. April 1995 in ihrer Wohnung
J. 31 in E. geltend. Die heute 84-jährige Klägerin, die in der Wohnung allein lebte, betrieb in der Küche einen Gasherd über
eine Propangasflasche. Für den 21. April 1995 hatte sie bei der Beklagten zu 1), die eine Eisen- und Haushaltswarenhandlung
einschließlich Gasanlagen und Zubehör betreibt, die Lieferung einer neuen Gasflasche bestellt. Die Beklagte zu 2), die seit
dem 15. März 1994 im Geschäft der Beklagten zu 1) tätig ist, wurde von dieser mit der Lieferung und dem Austausch der Gasflasche
bei der Klägerin beauftragt. Die Beklagte zu 2) war hinsichtlich der Handhabung und des Austausches der Gasflaschen ausreichend
unterwiesen worden und hatte das Wechseln der Gasflaschen bereits früher bei der Klägerin mehrfach vorgenommen. Nachdem die
Beklagte zu 2) mit dem Abschrauben der alten Gasflasche begonnen hatte, kam es zu einer Explosion, bei der sowohl die Klägerin
als auch die Beklagte zu 2) schwer verletzt wurden und die Wohnung der Klägerin erheblich beschädigt wurde. Während des Auswechselns
der Gasflasche brannte in einiger Entfernung auf dem Küchentisch eine Kerze. Die Klägerin wurde im Zeitraum vom 21. April
bis 27. April 1995 auf der Intensivstation und anschließend stationär bis zum 31. Mai 1995 ärztlich behandelt. Am 4. Mai 1995
mußte sich die Klägerin einer Hauttransplantation zur Behandlung der erlittenen Verbrennungen u.a. im Gesicht und an den Händen
unterziehen. Die von der Klägerin aufgrund der Explosion erlittenen Verletzungen sind inzwischen abgeheilt. Bezüglich des
Gesundheitszustandes der Klägerin nach Abschluß der ärztlichen Behandlung wird auf das fachchirurgische Gutachten der Dres.
G., H. und von S. vom 11. März 1996 (Bl. 84 ff. d.A.) verwiesen. Die Gebäudeversicherung des Hauseigentümers machte mit Schreiben
vom 22. August 1995 (Bl. 7 d.A.) gegenüber der Klägerin einen auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch wegen Gutachterkosten
in Höhe von 3.716,69 DM (Bl. 8 d.A.) sowie des in der Wohnung eingetretenen Schadens in Höhe von insgesamt 52.189,42 DM geltend.
Hinsichtlich der Zusammensetzung des geltend gemachten Sachschadens wird auf das zugrundeliegende Gutachten des Architekten
W. vom 23. Juni 1995 (Bl. 9 f.d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin wurde nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ab dem 31.
Mai 1995 im Altenheim des Kreises A., J. in E., untergebracht. Die Pflegekosten wurden vom Kreis A. als Sozialhilfeträger
übernommen. Mit schriftlicher Abtretungserklärung vom 30. Mai 1996 (Bl. 133 d.A.) trat der Kreis A. die gemäß § 116 SGB X
auf ihn übergegangenen Schadensersatzansprüche gegen den Verursacher der Gasexplosion an die Klägerin ab. Die Pflegekosten
belaufen sich für den Zeitraum vom 31. Mai 1995 bis zum 31. Januar 1996 gemäß einer Aufstellung des L. abzüglich übergeleiteter
Renten auf 30.108,87 DM (Bl. 90, 91 f.d.A.). Mit Schreiben vom 15. Juni 1996 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) erfolglos
zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes bis zum 19. Juni 1996 auf.
Die Klägerin hat behauptet, die Explosion sei darauf zurückzuführen, daß die Beklagte zu 2) die alte Gasflasche vor dem Auswechselvorgang
nicht ordnungsgemäß zugeschraubt habe. Dies ergebe sich aus dem Umstand, daß die Gasflasche vom Zeugen K. nach der Explosion
mit 7-8 Umdrehungen habe geschlossen werden müssen. Die Gasflasche sei nicht defekt gewesen, da sich die Explosion sonst zu
einem früheren Zeitpunkt ereignet hätte. Sie habe wegen der infolge der Explosion erlittenen Verletzungen nicht mehr in ihre
Wohnung zurückkehren können, sondern in das Altenheim in E. ziehen müssen. Die Klägerin hat ein Schmerzensgeld in Höhe von
20.000,00 DM für angemessen gehalten.
Sie hat beantragt,
1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, sie von der Zahlungsverpflichtung aus Anlaß des Schadensfalles vom 21. April 1995 (Gebäudeexplosionsschaden)
im Hause J. 31 in E., in Höhe eines Betrages von 55.906,11 DM zu Schaden-Nr. BSI 51 21 3 50001 11 508 669 freizustellen;
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, zu ihrer Freistellung an den Oberkreisdirektor des Kreises A. zum Aktenzeichen 50.31-3/2075
the/cr 30.108,87 DM als Erstattung des Nettosozialhilfeaufwandes für den Zeitraum 31. Mai 1995 bis zum 31. Januar 1996 zu
zahlen;
3. festzustellen, daß die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus Anlaß
der Explosion vom 21. April 1995 im Hause J. 31 in E. seit dem 1. Februar 1996 entstanden sind und noch entstehen werden,
soweit sie nicht von dritter Seite getragen werden;
4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 550,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus ab Klagezustellung (12. Dezember 1996) zu
zahlen;
5. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Sie haben behauptet, die Explosion sei auf einen Defekt der Gasflasche zurückzuführen. Eine unbeschädigte Gasflasche lasse
sich schon mit 4 bis maximal 5 Umdrehungen schließen. Der zur Explosion notwendige Sättigungsgrad von Propangas in der Luft
habe in der kurzen Zeitspanne zwischen der Abmontage der alten Gasflasche und der Explosion unter normalen Umständen nicht
erreicht werden können. Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden an der Explosion, weil sie eine Kerze auf dem Küchentisch
habe brennen lassen.
Nach Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage durch Urteil vom 13. Mai 1997 (Bl. 187 ff. d.A.), auf das vollinhaltlich
Bezug genommen wird, stattgegeben, wobei es der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 DM zugebilligt hat. Zur
Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte zu 2) habe die Gasexplosion beim Auswechseln der Gasflaschen fahrlässig herbeigeführt,
indem sie die alte Flasche vor dem Austausch nicht ordnungsgemäß zugeschraubt und nicht dafür Sorge getragen habe, daß die
auf dem Tisch brennende Kerze gelöscht oder entfernt wurde. Ein Defekt an der Flasche sei durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt
worden. Die Klägerin treffe im Hinblick auf die brennende Kerze kein Mitverschulden. Die Beklagte zu 1) müsse sich das Verschulden
der Beklagten zu 2) als ihrer Erfüllungsgehilfin zurechnen lassen. Die Klägerin ihrerseits müsse sich das Verschulden der
Beklagten zu 1) als ihrer Erfüllungsgehilfin gegenüber dem Vermieter zurechnen lassen. Ihr stehe insofern ein Anspruch auf
Freistellung von dem auf die Gebäudeversicherung gemäß § 67 VVG übergegangenen Anspruch in Höhe von 55.906,11 DM zu. Ferner sei die Beklagte zu 1) verpflichtet, die Klägerin von dem Aufwendungsersatzanspruch
des Oberkreisdirektors des Kreises A. in Höhe des Nettosozialhilfeaufwandes von 30.108,87 DM für den Zeitraum vom 31. Mai
1995 bis zum 31. Januar 1996 freizustellen. Der gemäß §§ 90 Abs. 4, 116 Abs. 1 SGB X auf den Kreis A. übergegangene Schadensersatzanspruch
sei der Klägerin am 30. Mai 1996 wirksam abgetreten worden. Die Unterbringung der Klägerin im Altersheim sei auf die durch
die Gasexplosion erlittenen körperlichen Verletzungen sowie die dadurch notwendige Krankhausbehandlung zurückzuführen. Hierdurch
sei die Klägerin zum Pflegefall geworden. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der weiteren materiellen Schäden sei im Hinblick
auf die dauerhafte Heimunterbringung der Klägerin begründet.
Gegenüber der Beklagten zu 2) stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 550,00 DM wegen der Kosten für ein
ärztliches Attest zu. Ferner könne sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 DM verlangen, bei dessen Bemessung vor allem
ins Gewicht gefallen sei, daß die Klägerin infolge der durch die Explosion erlittenen Verletzungen zum Vollpflegefall geworden
sei.
Gegen dieses ihnen am 9. Juni 1997 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 8. Juli 1997 Berufung eingelegt und diese nach
entsprechender Fristverlängerung am 8. September 1997 begründet.
Sie meinen, ein Verschulden der Beklagten zu 2) an der Gasexplosion sei nicht bewiesen. Das Gas könne auch durch einen Defekt
am Ventil der Flasche ausgetreten sein, wofür gerade die Schnelligkeit des Geschehens spreche. Jedenfalls trage die Klägerin
ein Mitverschulden, weil sie nicht dafür Sorge getragen habe, daß die Kerze auf dem Küchentisch gelöscht oder entfernt wurde.
Andere auf dem Tisch stehende Gegenstände hätten der Beklagten zu 2) den Blick auf die Kerze verstellt. Die Beklagte zu 1)
könne nicht als Erfüllungsgehilfin der Klägerin in bezug auf ihre mietvertraglichen Pflichten angesehen werden. Die Höhe der
Zahlungsverpflichtung gegenüber der X.-Versicherung könne auch nicht 55.906,11 DM ausmachen, weil sich die Versicherungssumme
auf lediglich 50.000,00 DM belaufe. Eine Rückabtretung von auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Ansprüchen sei nicht zulässig
und daher nichtig. Die Explosion sei auch nicht kausal für die Gewährung von Sozialhilfe an die Klägerin. Diese sei schon
vor der Explosion schwerbehindert und nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu versorgen. Soweit die Klägerin schon vor dem
Schadensfall Sozialhilfe bezogen habe, bestehe keine Kongruenz zwischen der gewährten Sozialhilfe und dem Explosionsschaden.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen beide Beklagte gerichtete Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlußberufung beantragt sie ferner,
das zuzusprechende Schmerzensgeld ab 12. Dezember 1996 mit 4 % p.a. zu verzinsen.
Sie behauptet, die Beklagte zu 2) habe beim Auswechseln der Gasflaschen das Ventil der alten Flasche auf- statt zugedreht.
Ihr - der Klägerin - könne kein Mitverschulden angelastet werden. Die Beklagte zu 2) habe die brennende Kerze, die nicht zu
übersehen gewesen sei, als potentielle Gefahrenquelle erkennen müssen. Im übrigen sei wahrscheinlich ein elektrischer Funke
des Kühlschrankmotors Auslöser der Explosion gewesen. Bis zum Unfall habe sie sich allein in ihrer Wohnung ohne fremde Hilfe
in allen Dingen des täglichen Lebens selbst versorgen können. Demgegenüber sei sie nunmehr für praktisch alle Verrichtungen
des täglichen Lebens auf Hilfe angewiesen. Ihr psychisches Wohlbefinden sei durch den Unfall völlig zerstört worden.
Bei der Gebäudeversicherung handele es sich um eine gleitende Neuwertversicherung; die aktuelle Versicherungssumme, bezogen
auf das Jahr 1995, betrage 1.012.071,80 DM.
Die Klägerin meint, der Sozialhilfeträger habe den auf ihn übergegangenen Anspruch wirksam auf sie rückübertragen, und legt
vorsorglich eine neue Abtretungserklärung des Kreises A. vom 31. Dezember 1997 vor. Sie habe ein Interesse an der Geltendmachung
dieses Anspruchs, da ihr ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 29 S. 2 BSHG drohe und ihr Sohn durch den Kreis A. unter dem Gesichtspunkt der Unterhaltspflicht in Anspruch genommen werde. Die von ihr
vor dem Unfall bezogenen Sozialhilfeleistungen hätten mit den Aufwendungen des Landschaftsverbandes Rheinland für Pflegeleistungen
nichts zu tun.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
Zurückweisung der Anschlußberufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze
nebst überreichten Urkunden Bezug genommen.
Die Akte 42 Js 322/95 StA A. ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten zu 1) hat im erkannten Umfang Erfolg. Hingegen ist
die Berufung der Beklagten zu 2) unbegründet.
Das Landgericht hat eine Haftung der Beklagten für das Unfallereignis vom 21. April 1995 zu Recht bejaht. Auch der Senat hat
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, daß die Beklagte zu 2) die Gasexplosion fahrlässig herbeigeführt
hat, indem sie die auszutauschende Gasflasche vor dem Abschrauben der Herdzuleitung nicht ordnungsgemäß zugeschraubt hat.
Anders läßt es sich nicht erklären, daß die Zeugin A. unmittelbar vor dem Explosionsknall ihren Bekundungen zufolge ein lautes
Zischen gehört hat; denn ein solches tritt nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen B. in seinem im Ermittlungsverfahren
erstatteten Gutachten vom 8. Mai 1995 (Bl. 45 d.BA) nur dann auf, wenn das Flaschenventil nicht dicht verschlossen ist. Des
weiteren haben die Feuerwehrleute, nämlich die Zeugen K. und G., bei ihrem Eintreffen festgestellt, daß aus dem Ventil der
Gasflasche eine ca. 1 m lange Flamme brannte. Nach den Angaben des Zeugen K. hat dieser das Ventil sodann mit ca. 7 oder 8
Umdrehungen zugedreht. Es ist anzunehmen, daß es sich dabei um einzeln angesetzte Handbewegungen und nicht etwa um volle Umdrehungen
von 360° gehandelt hat; denn in der damaligen kritischen Situation hat der Zeuge mit Sicherheit nicht genau auf das Handrad
geschaut, um die Zahl der vollen Umdrehungen festzustellen. Insofern kann man aus der angegebenen Zahl nicht auf einen möglichen
technischen Defekt des Flaschenventils schließen. Entscheidend ist, daß es weit aufgestanden hat. Da die Beklagte zu 2) nach
ihren eigenen Angaben im Ermittlungsverfahren (Bl. 83 d.GA) vor dem Zischen und der Explosion so lange an dem Rad des Flaschenventils
gedreht hatte, bis sie auf Widerstand stieß, kann dies nur bedeuten, daß sie das Ventil auf- statt zugedreht hatte. In diesem
Zustand kann sich die Gasflasche keinesfalls schon vor dem Auswechseln befunden haben. Sonst wäre es schon längst während
des Gebrauchs der Gasflasche zum Kochen beim Anzünden des Herdes zu einer Explosion gekommen. Daß das Ventil nach dem Brand
undicht war, läßt sich damit erklären, daß die zur Abdichtung erforderliche Kunststoffdichtung infolge Hitzeeinwirkung verbrannt
war, wie der Sachverständige B. festgestellt hat.
Es kann offenbleiben, ob die für die Explosion ursächliche Zündquelle ein Funken des anspringenden Kühlschrankmotors oder
die auf dem Tisch stehende brennende Kerze war; denn im Hinblick auf die volle Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) ist
dies irrelevant. Der Schuldvorwurf gründet sich auf das Öffnen der Rändelmutter des Schlauchanschlusses bei Offenlassen des
Flaschenventils. Wenn die Beklagte zu 2) außerdem auch noch die brennende Kerze auf dem Küchentisch übersehen hat, obwohl
diese, wenn man aufrecht in der Küche stand, mit Sicherheit zu sehen war, so ist hieraus ein zusätzlicher Schuldvorwurf gegen
die Beklagte zu 2) herzuleiten. Nicht etwa begründet dieser Umstand ein Mitverschulden der Klägerin im Sinne von §
254 BGB; denn es wäre Sache der Beklagten zu 2) gewesen, die mit den Sicherheitsbestimmungen vertraut sein mußte, sich vor dem Auswechseln
der Gasflasche nach möglichen Zündquellen umzuschauen und gegebenenfalls die Klägerin hiernach zu befragen.
Was den geltend gemachten Schaden anbetrifft, ist der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Anspruch auf Freistellung von den
Zahlungsverpflichtungen gegenüber der X.-Versicherung begründet. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen bietet keinen Anlaß zu einer
abweichenden Beurteilung. Vielmehr treffen nach Auffassung des Senats den Mieter beim Auswechseln einer Gasflasche selbstverständlich
mietvertragliche Obhutspflichten gegenüber dem Vermieter, da hiermit eine Gefährdung von dessen Eigentum verbunden ist. Da
die Klägerin sich bei der Wahrung dieser Obhutspflichten der Beklagten bedient hat, haftet sie für deren Verschulden gemäß
§
278 BGB (vgl. Palandt-Heinrichs
BGB 56. Aufl., §
278 Rdnr. 16).
Soweit die Beklagte zu 1) hinsichtlich der Schadenshöhe geltend macht, die Versicherungssumme betrage nur 50.000,00 DM, folgt
aus diesem Umstand nicht, daß die X.-Versicherung an den Vermieter nur 50.000,00 DM hätte zahlen müssen; denn es handelt sich
um eine gleitende Neuwertversicherung. Die aktuelle Versicherungssumme beträgt tatsächlich 1.012.071,80 DM, wie sich aus dem
Gutachten des Sachverständigen W. (Bl. 11, 16 d.A.) ergibt. Der Freistellungsanspruch ist daher in voller Höhe begründet.
Dagegen steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch auf Erstattung des Sozialhilfeaufwands in Höhe von 30.108,87
DM für die Zeit vom 31. Mai 1995 bis zum 31. Januar 1996 an den Kreis A. zu. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist
die Klägerin insoweit nicht aktivlegitimiert. Die Rückabtretung des gemäß § 116 SGB X auf den Oberkreisdirektor A. übergegangenen
Schadensersatzanspruchs mit Schreiben vom 30. Mai 1996 ist wegen Verstoßes gegen § 32 SGB I unwirksam, weil sie zum Nachteil
des Sozialleistungsberechtigten von den Vorschriften des SGB abweicht. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung
des BGH an (vgl. BGH NJW 1994, 1733 und FamRZ 1996, 1203 ff., 1207 ff.). Die Entscheidungen des BGH sind zwar zu gemäß § 91 BSHG übergegangenen Unterhaltsansprüchen ergangen. Die Erwägungen, der Sozialhilfeempfänger dürfe nicht mit dem (Kosten-)Risiko
der Prozeßführung belastet werden, gelten aber in gleicher Weise für den nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruch. Prozeßökonomische
Erwägungen hat der BGH ausdrücklich nicht für eine Prozeßführung durch den Sozialhilfeempfänger anerkannt. Der Gesetzgeber
hat nun zwar auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung durch Änderung des § 91 Abs. 4 BSHG, die seit dem 1. August 1996 in Kraft ist, reagiert. Hiernach ist dem Sozialhilfeträger nunmehr die treuhänderische Rückübertragung
des übergegangenen Unterhaltsanspruchs auf den Hilfeempfänger gegen Kostenübernahme gestattet. Die Abtretung vom 30. Mai 1996
ist im vorliegenden Fall aber vor der gesetzlichen Neuregelung vorgenommen worden. Insofern verbleibt es - unabhängig von
der Anwendbarkeit des § 91 Abs. 4 BSHG auf den gemäß § 116 SGB X übergegangenen Anspruch - bei der Nichtigkeit, da die Änderung des § 91 BSHG nicht zurückwirkt (vgl. OLG Düsseldorf und OLG Frankfurt FamRZ 1997, 501).
Soweit der Kreis A. nunmehr den Anspruch auf Ersatz von Pflegekosten erneut unter dem 31. Dezember 1997 auf die Klägerin rückübertragen
hat, ist auch diese Abtretung nach § 32 SGB I nichtig. Eine unmittelbare Anwendung des § 91 Abs. 4 BSHG n.F. kommt nicht in Betracht, da diese Vorschrift nur für Unterhaltsansprüche gilt. Nach Auffassung des Senats scheidet auch
eine analoge Anwendung dieser Vorschrift - wie sie etwa vom OLG Köln für den nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsanspruch bejaht wird (OLG R 1997, 49) - auf den gemäß § 116 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch
aus. Bei der gesetzlichen Neuregelung haben die Besonderheiten des Unterhaltsprozesses im Vordergrund gestanden. Im Hinblick
darauf, daß die Unterhaltsverpflichteten des öfteren monatlich wechselnde Zahlungen leisten mit der Folge, daß der Unterhaltsberechtigte
bei Nicht- oder Teilzahlung Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, erschien es aus prozeßökonomischen Gründen sinnvoll, wenn der
Unterhaltsprozeß einheitlich durch die Unterhaltsberechtigten geführt wird. Diese besondere Situation ist aber bei gemäß §
116 SGB X übergangenen Schadensersatzansprüchen nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat hier auch von einer entsprechenden Neuregelung
abgesehen. Eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 4 BSHG verbietet sich daher.
Es kommt auch keine Umdeutung der Abtretung in eine Einziehungsermächtigung in Betracht, da diese ebenfalls wegen Verstoßes
gegen § 32 SGB I nichtig wäre (vgl. OLG Düsseldorf aaO.). Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Klägerin ein eigenes
Interesse an der Prozeßführung hat.
Der gegenüber der Beklagten zu 1) gemachte Feststellungsantrag ist begründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen
des Landgerichts Bezug genommen.
Des weiteren steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) gemäß §
823 Abs.
1 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 550,00 DM wegen der Kosten für das ärztliche Attest zu. Auch insofern wird zur Vermeidung
von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Schmerzensgeldanspruch ist ebenfalls in der zuerkannten Höhe von 20.000,00 DM begründet.
Der Senat geht übereinstimmend mit dem Landgericht davon aus, daß die Klägerin infolge der durch die Explosion erlittenen
Verletzungen ein Vollpflegefall geworden ist. Wie der Sachverständige Dr. G. überzeugend ausgeführt hat, ist die jetzige Unfähigkeit
der Klägerin, sich selber zu versorgen, sehr wahrscheinlich auf die lange Immobilisation durch das Verbrennungstrauma - 6
Wochen stationäre Behandlung - zurückzuführen. Die Behauptung der Beklagten 2), die Klägerin sei schon vor dem Unfall von
der Nachbarin, der Zeugin A., versorgt worden, auch ihr Neffe, der Zeuge Gi., habe sich regelmäßig um sie gekümmert, ist nicht
hinreichend substantiiert. Soweit der Zeuge Gi. im Ermittlungsverfahren angegeben hat, er kümmere sich regelmäßig um die Klägerin
(Bl. 8 d.BA), kann dem nur die Bedeutung beigemessen werden, daß er sie regelmäßig besucht hat. Eine Hilfe des Zeugen bei
den täglichen Verrichtungen scheidet schon deshalb aus, weil er nicht in E., sondern in S. wohnt. Die Zeugin A. hat angegeben,
sie gehe jeden Morgen gegen 9.00 Uhr zur Klägerin, um dort nach dem Rechten zu sehen (Bl. 21 d.BA). Auch dies kann nicht dahin
verstanden werden, daß die Zeugin die Klägerin gepflegt, ihr also beim An- und Auskleiden, Waschen, Einkaufen und Kochen geholfen
hätte. Unstreitig war die Klägerin nicht bettlägerig. Eine Vernehmung der Zeugin zu Art und Umfang der "Versorgung" der Klägerin
wäre unzulässige Ausforschung.
Entscheidend für den immateriellen Schaden der Klägerin ist, daß sie vor dem Unfall selbständig - wenn auch vielleicht mit
nachbarlichen Hilfeleistungen - in ihrer Wohnung leben konnte und nun für den Rest ihres Lebens zum Vollpflegefall geworden
ist, was für sie eine gravierende psychische Beeinträchtigung bedeutet. Dafür, daß sie vorher noch rüstig gewesen ist, spricht
der Umstand, daß sie noch bis Ende Juli 1993 als selbständige Kauffrau einen "Tante-Emma-Laden" geführt hat. Im Hinblick darauf,
daß mit fortschreitendem Alter ohnehin mit körperlichen Beeinträchtigungen zu rechnen war und die Verletzungen gut abgeheilt
sind, hält der Senat allerdings auch eine Heraufsetzung des Schmerzensgeldes nicht für geboten.
Die mit der Anschlußberufung verfolgten Prozeßzinsen sind gemäß §§
284 Abs.
1 S. 2, 288 Abs.
1 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
92,
97 Abs.
1,
100 Abs.
2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§
708 Nr. 10,
711 S. 1, 713
ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 206.564,98 DM
Beschwer der Klägerin: 30.108,87 DM
Beschwer der Beklagten zu 1): 155.906,11 DM
Beschwer der Beklagten zu 2): 20.550,00 DM