Zu den Voraussetzungen für eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sine des § 114 ZPO bei Rechtsverfolgung
Gründe:
I.
Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3, 567 Abs.
1 Nr.
1,
569 ff.
ZPO (n.F.) (in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung, vgl. § 26 Nr. 10 EGZPO) zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg
vom 15.03.2002, Az.: 4 F 54/02 (Bl. 30 d. A.), ist begründet.
Denn das Amtsgericht hat zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter welchen einer Partei Prozesskostenhilfe gemäß
den §§
114,
115 ZPO zu bewilligen ist, für die vom Kläger betreffend den Zeitraum ab Januar 2002 begehrte Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts
Naumburg vom 05.03.1997, Az.: 8 UF 65/96 (Bl. 6 bis 8 d. A.), wonach er der damals noch minderjährigen Beklagten, seiner Tochter, einen monatlichen Unterhalt in Höhe
von 380,00 DM schuldet, verneint.
Die Abänderungsklage hat nämlich die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass ihm für diese die begehrte Prozesskostenhilfe
zu gewähren ist. Allerdings hat der Kläger zum Bestreiten der Prozesskosten gemäß §
115 Abs.
1 Satz 4
ZPO von seinem Einkommen monatliche Raten in Höhe von 115,00 Euro aufzubringen.
1. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des §
114 ZPO liegt für die Rechtsverfolgung schon dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund
ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht
mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Zöller/Philippi,
ZPO, 23. Aufl., §
114, Rdnr. 19). Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei
mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten nicht
überspannt werden dürfen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rdnr. 19).
Der Kläger hat hier im Sinne der für die im Prozesskostenhilfeverfahren im oben näher bezeichneten Umfang erforderliche, jedoch
auch ausreichende summarisch-prognostische Prüfung der Erfolgsaussichten hinreichend schlüssig dargelegt, dass eine wesentliche
Änderung der für den Grund und den Betrag der Unterhaltsleistung bedeutsamen, bei der früheren Verurteilung maßgebend gewesenen
Verhältnisse im Sinne des §
323 Abs.
1 ZPO vorliegt. Denn einerseits ist die am 18.08.1983 geborene Beklagte mittlerweile volljährig und absolviert zudem seit dem 01.09.2001
eine Berufsausbildung (Bl. 10 d. A.), aus welcher sie eine monatliche Ausbildungsvergütung von - unstreitig - 1.022,96 DM
brutto = 889,89 DM/454,99 Euro netto erzielt. Andererseits haftet grundsätzlich nunmehr auch die Kindesmutter entsprechend
ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen anteilig (§
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB; vgl. auch Ziffer 5.8 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg, Stand: 01.07.2001/01.01.2002) für einen etwaigen,
vom Amtsgericht richtigerweise als noch bestehend angenommenen restlichen Unterhaltsbedarf der Beklagten. Denn von der Leistungsfähigkeit
der Kindesmutter ist zumindest aufgrund des bisherigen Akteninhalts auszugehen, weil die insoweit darlegungs- und beweisbelastete
Beklagte Anhaltspunkte, aus denen sich eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder gar eine vollständige Leistungsunfähigkeit
der Kindesmutter ergeben könnte, nicht hinreichend dargelegt hat.
a) Zwar ist das Amtsgericht zunächst in zutreffender Weise davon ausgegangen, dass sich der Kläger auf eine bei ihm ab Januar
2002 eingetretene Leistungsunfähigkeit nicht mit Erfolg berufen kann. Denn dieser ist aufgrund seiner Einkommensverhältnisse
nach wie vor durchaus in der Lage, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 380,00 DM = 194,29 Euro an die Beklagte, seine
Tochter, zu zahlen.
Insoweit schließt sich der Senat nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage den zutreffenden Gründen des angefochtenen
Beschlusses vom 15.03.2002 (Bl. 30 d. A.) und des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.05.2002 (Bl. 53 d. A.) an und nimmt zur Vermeidung
von Wiederholungen auf diese Bezug. Auch das Beschwerdevorbringen des Klägers vom 18.04.2002 (Bl. 46, 47 d. A.) vermag diesbezüglich
die Richtigkeit der amtsgerichtlichen Feststellungen nicht in Frage zu stellen.
Ergänzend sei lediglich ausgeführt, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben über ein monatliches Nettoeinkommen von 3.178,54
DM/1.625,16 Euro verfügt und monatliche Fahrtkosten zur Arbeitsstätte in Höhe von 330,96 DM/169,22 Euro aufzuwenden hat. Des
Weiteren leistet der Kläger, wie er selbst vorgetragen hat, seinem gemeinsam mit ihm und seiner Lebensgefährtin in einem Haushalt
lebenden weiteren minderjährigen Sohn O., geboren am 21.06.1995, keinen Barunterhalt (vgl. PKH-Erklärung des Klägers, Bl.
2 des PKH-Heftes des Klägers) und den weiteren zwei Kindern aus erster Ehe, N. und S., einen solchen von jeweils 270,00 DM
monatlich (= insgesamt monatlich 540,00 DM/276,10 Euro).
Ob weitergehende Ansprüche für O., N. oder S. überhaupt schon geltend gemacht oder tituliert worden sind, hat der Kläger nicht
dargelegt, sodass seine diesbezüglichen Unterhaltspflichten ausschließlich im Umfang der tatsächlich geleisteten Zahlungen
einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Ferner hat das Amtsgericht zu Recht festgestellt, dass der Kläger unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten nicht schlüssig
dargelegt hat. Aus welchem Grund nämlich eine monatliche PKW-Kreditrate von 492,96 DM unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig
sein soll, ist nicht ersichtlich. Bereits der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat in seinem Urteil vom 05.03.1997,
Az.: 8 UF 65/96, darauf hingewiesen, dass die Kreditverbindlichkeit für den offensichtlich 1995 angeschafften PKW des Klägers mangels Darlegung
der Notwendigkeit der Anschaffung und Benutzung des Wagens nicht berücksichtigt werden könnte. Entsprechender Vortrag des
Klägers fehlt nach wie vor.
Unabhängig davon handelt es sich bei der vom Kläger erwähnten Rate von 492,96 DM offensichtlich um Leistungen auf einen von
ihm im Jahr 2001 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin - ausweislich des teilweise vorgelegten Vertrages, Bl. 44 d. A., sind
nämlich beide in der Spalte "Kreditnehmer" aufgeführt - aufgenommenen Allzweckkredites zur Finanzierung eines weiteren PKW.
Aus welchem Grund diese Kreditverbindlichkeit im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten relevant sein könnte, ist
nicht ansatzweise dargelegt.
Gleiches gilt für die vom Kläger übernommene monatliche Zahlung eines Betrages in Höhe von 448,45 DM auf einen Bausparvertrag
seiner Lebensgefährtin, welcher wiederum von ihr zur eigenen Tilgung eines der Finanzierung ihres Hauses dienenden Kredites
verwendet wird. Hierbei handelt es sich offensichtlich um freiwillige Zahlungen des Klägers, die ihren Grund in der Lebensgemeinschaft
mit seiner Partnerin haben dürften. Denn dass er in rechtlicher Hinsicht zu jenen verpflichtet sein könnte, hat er nicht dargelegt.
Dass es sich hierbei um eine Gegenleistung für das unentgeltliche Wohnen im Hause seiner Lebensgefährtin handelt könnte, hat
der Kläger zwar behauptet, jedoch weder durch Vorlage entsprechender Unterlagen näher belegt noch anderweitig hinreichend
unter Beweis gestellt. Ein Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin existiert offenbar nicht. Im Übrigen
ist dieser Vortrag auch widersprüchlich, weil der Kläger in dem Verfahren 5 F 365/01 des Amtsgerichts Wittenberg mit Schriftsatz vom 04.07.2001 (Bl. 23, 24 d. A.) noch ausgeführt hat, dass er keine Mietaufwendungen
habe, dafür aber einen Grundstückskredit seiner Lebensgefährtin in Höhe von 210,00 DM monatlich tilge. Schließlich dienen
diese Leistungen des Klägers unzweifelhaft der Vermögensbildung zugunsten seiner Lebensgefährtin, Vermögensbildung ist jedoch
grundsätzlich, worauf bereits das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss hingewiesen hat, unterhaltsrechtlich irrelevant.
Es ist nach alledem von der nachfolgenden Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Klägers auszugehen:
Nettoeinkommen 3.178,54 DM/1.625,16 Euro
Fahrtkosten ./. 330,96 DM/ 169,22 Euro
Unterhalt N. ./. 270,00 DM/ 138,05 Euro
Unterhalt S. ./. 270,00 DM/ 138,05 Euro
= 2.307,58 DM/1.179,84 Euro
Der monatliche Selbstbehalt des Klägers gegenüber der volljährigen Beklagten von 1.760,00 DM/900,00 Euro ist um 500,00 DM/255,65
Euro zu reduzieren, da er unstreitig mietfrei wohnt, hingegen im Selbstbehalt nach Ziffer 4.1 der Unterhaltsleitlinien des
Oberlandesgerichts Naumburg bereits ein Mietanteil in diesem Umfang enthalten ist.
Dem Kläger steht daher zur Befriedigung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten grundsätzlich ein Betrag von 1.047,58 DM (=
2.307,58 DM abzüglich 1.260,00 DM)/535,49 Euro (= 1.179,84 Euro abzüglich 644,35 Euro) zur Verfügung, sodass er den titulierten
Anspruch von 380,00 DM/194,29 Euro jedenfalls nach wie vor zu leisten in der Lage ist. Dies gilt selbst dann, wenn einkommensmindernd
ein Unterhaltsbetrag für O. in Höhe von 411,00 DM und Mietaufwendungen/Kredittilgung in Höhe von monatlich 210,00 DM berücksichtigt
würden (Aufwendungen über 448,75 DM sind ohnehin vom Kläger nicht näher erläutert oder gar belegt worden, sodass diese unter
keinen Umständen schlüssig dargelegt sind).
An der Leistungsfähigkeit des Klägers bestehen nach alledem keinerlei Zweifel.
b) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Abänderungsklage aus dem Grunde erfolgreich sein könnte, weil die Kindesmutter
der bereits volljährigen Beklagten allein oder überwiegend für deren restlichen Unterhaltsbedarf aufzukommen haben könnte.
Gemäß §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB haften nämlich ab Volljährigkeit des Kindes grundsätzlich beide Elternteile entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit anteilig.
Auch in einem gegen ihn gerichteten Abänderungsverfahren hat der unterhaltsberechtigte Volljährige für §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse beider Eltern darzulegen und zu beweisen, insbesondere die Leistungsunfähigkeit des
am Prozess nicht beteiligten Elternteils (vgl. Palandt/Diederichsen,
BGB, 61. Aufl., §
1606, Rdnr. 4 m.w.N.). Zwar sind die Anforderungen an die Darlegungslast des Kindes nicht zu überspannen, es genügt seiner Darlegungslast,
wenn es das ihm Zumutbare getan hat, um den Haftungsanteil des anderen Elternteils zu ermitteln. Allerdings hat hier die Beklagte
überhaupt nichts zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Kindesmutter vorgetragen und damit ihre Darlegungspflicht
nicht erfüllt, sodass zugunsten des Klägers zumindest zum aktuellen Zeitpunkt von der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils
auszugehen ist. Dabei ist auch nicht auszuschließen, dass die somit gemäß §
1606 Abs.
3 Satz 1
BGB anteilig für den Barunterhalt der Beklagten ebenfalls haftende Kindesmutter überwiegend, wenn nicht sogar vollständig für
den Unterhalt der Beklagten aufzukommen hat.
Damit besteht für die Abänderungsklage die erforderliche sachliche Erfolgsaussicht im Sinne des §
114 ZPO. Nach alledem ist dem Kläger Prozesskostenhilfe für seine Abänderungsklage zu gewähren. Sein Rechtsmittel hat in der Sache
Erfolg.
c) Abschließend sei noch angemerkt, dass das Amtsgericht zu Recht in dem angefochtenen Beschluss von der hinreichend dargelegten,
auch nach Erreichen der Volljährigkeit und dem Beginn eines Ausbildungsverhältnisses bestehenden Bedürftigkeit der Beklagten
ausgegangen ist. Diese lässt sich nämlich wie folgt ermitteln:
Nettoausbildungsvergütung - unstreitig - 889,89 DM
Kindergeld + 300,00 DM
= 1.189,89 DM
Mehrbedarf (Fahrtkosten) - 554,80 DM
Bereinigtes Einkommen der Beklagten = 635,09 DM
bzw. 324,72 Euro
Auf ihren Gesamtunterhaltsbedarf von 1.075,00 DM/550,00 Euro (vgl. Anmerkung IV. zur Unterhaltstabelle des Oberlandesgerichts
Naumburg) ist dieses voll anzurechnen (vgl. Ziffer 5.6 der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg), sodass sich
ein noch ungedeckter Bedarf der Beklagten in Höhe von 439,91 DM oder 225,28 Euro monatlich errechnen lässt.
2. Der Kläger hat allerdings Monatsraten in Höhe von 115,00 Euro aufzubringen. Grundsätzlich hat er nämlich gemäß §
115 Abs.
1 Satz 1
ZPO - wie jede Prozesskostenhilfe beantragende Partei - sein Einkommen einzusetzen, zu welchem alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert
gehören (vgl. §
115 Abs.
1 Satz 2
ZPO). Nur wenn und soweit nach den im Sinne des §
115 Abs.
1 Satz 3
ZPO vorzunehmenden Abzügen kein einzusetzendes Einkommen mehr verbleibt, hat die Partei keine Raten zu leisten. Anderenfalls
sind von ihr die sich aus der Tabelle zu §
115 Abs.
1 Satz 4
ZPO ergebenden Monatsraten aufzubringen.
Der letztgenannte Fall liegt hier vor.
Grundlage der Ermittlung des vom Kläger einzusetzenden Einkommens ist zunächst sein monatliches Nettoeinkommen von 1.625,16
Euro. Hiervon sind gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3
ZPO die nachfolgenden Abzüge vorzunehmen:
Der Kläger hat Fahrtkosten zur Arbeitsstätte in Höhe von 169,22 Euro (§ 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG, §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
1 ZPO). Gemäß §
115 Abs.
1 Satz 3 Nr.
2 ZPO sind ferner der Freibetrag für die Partei in Höhe von 353,00 Euro sowie der Erwerbstätigenbonus gemäß §
115 Abs.
1 Nr.
1 ZPO, § 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG in Höhe von 138,00 Euro zu berücksichtigen. Schließlich hat der Kläger im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit im Sinne des
Prozesskostenhilferechts berücksichtigungsfähige monatliche Finanzierungskosten in einer Gesamthöhe von 368,37 Euro aufzubringen
(Darlehen PKW 261,00 Euro sowie Tilgung Bausparvertrag/Vereinsbank Victoria Bauspar AG 107,37 Euro). Es verbleibt somit ein
Einkommen des Klägers im Sinne des §
115 Abs.
1 Satz 4
ZPO in Höhe von
1.625,16 Euro
abzüglich Unterhalt für N. und S.: (540,00 DM) 276,10 Euro
abzüglich 169,22 Euro
abzüglich 353,00 Euro
abzüglich 138,00 Euro
abzüglich 368,37 Euro
= 320,47 Euro,
abgerundet 320,00 Euro,
das entsprechend der Tabelle zu §
115 Abs.
1 Satz 4
ZPO eine Monatsrate in Höhe von 115,00 Euro ergibt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 1 GKG, Anlage 1, KV §
127 Abs.
4 ZPO.