Wesentlichkeit im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe
Entscheidungsgründe:
I.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens von dem Antragsteller nachehelichen Unterhalt geltend
gemacht. In erster Instanz wurde ihr ein monatlicher Unterhalt in Höhe von 285 EUR durch das Familiengericht zugesprochen.
Die in zweiter Instanz alleine anhängige Folgesache Unterhalt endete mit einem am 31. August 2005 vor dem Berufungsgericht
geschlossenen Prozessvergleich, in dem sich der berufungsführende Antragsteller zur Abgeltung sämtlicher, nachehelicher Unterhaltsansprüche
zur Zahlung von 8.000 EUR, zahlbar in zwei Teilbeträgen zu je 4.000 EUR, verpflichtete. Die Kosten des Rechtsstreits wurden
gegeneinander aufgehoben. Für das Berufungsverfahren war der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden.
Die Ehe der Parteien ist seit Mai 2005 rechtskräftig geschieden.
Mit dem angegriffenen Beschluss änderte der Rechtspfleger den Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligenden
Beschluss und gab der Antragsgegnerin auf, die auf sie entfallenden Gerichts- und Anwaltskosten aus ihrem - infolge des Prozessvergleichs
erhaltenen - Vermögen zu entrichten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie geltend macht, tatsächlich erst 7.000 EUR erhalten
zu haben. Der Abgeltungsbetrag sei aus dem für 36 Monate geschuldeten Unterhalt berechnet worden. Diesen Betrag benötige sie
für ihren Lebensunterhalt, weil sie nur über ein monatliches Einkommen in Höhe von 400 EUR verfüge.
II.
Die nach §
127 Abs.
2 Satz 1
ZPO statthafte und in zulässiger Weise, insbesondere rechtzeitig eingelegte, sofortige Beschwerde führt in der Sache zu dem angestrebten
Erfolg. Die Voraussetzungen für die Abänderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §
120 Abs.
4 Satz 1
ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.
Zwar geht der angegriffene Beschluss im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass eine wesentliche Änderung der für die Prozesskostenhilfe
maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse darin liegen kann, dass die klagende Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe
bewilligt wurde, eine vergleichsweise Zahlung des Gegners auf den Klageanspruch erhalten hat. Sofern der Vermögenszufluss
die maßgebliche Freigrenze der §
115 Abs.
2 S. 2
ZPO, § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG übersteigt, ist er wesentlich und es kommt damit grundsätzlich in Betracht, die von der Prozesskostenhilfe gedeckten Gerichts-
und Rechtsanwaltskosten nunmehr nach §
120 Abs.
4 Satz 1
ZPO gegen die Partei geltend zu machen (OLG Koblenz, OLGR 2004, 670).
Vorstehendes gilt auch, wenn und soweit durch einen Vergleich unterhaltsrechtliche Ansprüche der Partei geregelt wurden. Auch
ein aufgelaufener und später in einem Betrag erhaltener Unterhaltsrückstand ist Vermögen im Sinne des §
120 ZPO, welches die Partei zur Bestreitung der Prozesskosten einzusetzen hat. Vorliegend hat die Antragsgegnerin bislang einen das
Schonvermögen in Höhe von 2.600 EUR um 4.400 EUR übersteigenden Betrag tatsächlich erhalten.
Allerdings handelt es sich bei der im Rahmen des §
120 Abs.
4 Satz 1
ZPO zu treffenden Entscheidung um eine Ermessensentscheidung. Wenn auch der Gesetzgeber durch die Festlegung von Vermögensfreigrenzen
(bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe) bereits einen ganz wesentlichen Umstand für die Frage nach der Zumutbarkeit der
Tragung der Verfahrenskosten vorgegeben hat, so kommen gleichwohl bei der Änderung bereits bewilligter Prozesskostenhilfe
weitere Umstände in Betracht, die bei der Ermessensentscheidung von Bedeutung sind. Insoweit war vorliegend zu berücksichtigen,
dass es sich bei dem erhaltenen Vermögen um eine Unterhaltszahlung handelt, die nur zum Teil aus einem Unterhaltsrückstand
resultiert, im Übrigen aber auch den zukünftigen Unterhalt der Antragsgegnerin teilweise sichern soll. Die Antragsgegnerin
verfügte in der Vergangenheit nicht über eigene Geldmittel, mit denen ihr notwendiger Unterhaltsbedarf gedeckt war. Ihr wäre
ratenfreie Prozesskostenhilfe auch dann zu bewilligen gewesen, wenn der Antragsteller den von ihm geschuldeten Unterhalt rechtzeitig
gezahlt hätte, also kein Unterhaltsrückstand aufgelaufen wäre (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1996, 1291). Der über dem Schonbetrag liegende Betrag von 4.400 EUR reicht angesichts der aktuellen Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin,
die 400 EUR monatlich verdient, gerade einmal aus, um deren notwendigen Unterhaltsbedarf für etwa 1 Jahr zu decken (vgl. Musielak/Fischer,
ZPO, 4. Aufl., §
120 Rnr. 17). Von der Antragsgegnerin zu tragende Anwalts- und Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren würden rund 1.100
EUR betragen, also immerhin rund 1/4 des den Freibetrag übersteigenden Betrages ausmachen. Es liegt auch nahe, dass die vergleichsweise
Einigung der Parteien über die Kosten des Verfahrens von der Überlegung mitbestimmt war, dass beiden Parteien Prozesskostenhilfe
bewilligt worden war. Nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens hätte der Antragsteller einen größeren Anteil der
durch das Berufungsverfahren verursachten Kosten tragen müssen. Unter diesen Umständen ist es nicht angemessen, der Antragsgegnerin
nachträglich die im Rahmen der Prozesskostenhilfe übernommenen Kosten aufzuerlegen.