Übergang von Unterhaltsansprüchen des Leistungsempfängers gegen einen Dritten auf die nach § 44b Abs. 1 SGB II errichtete
Arbeitsgemeinschaft
Entscheidungsgründe:
I.
Mit Versäumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kaiserslautern vom 6. August 2002 wurde der Schuldner verurteilt,
an den Gläubiger, seinen minderjährigen Sohn, Kindesunterhalt ab dem 1. Juli 2001 in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages
abzüglich des anteiligen Kindergeldes zu zahlen. Dieser Zahlungsverpflichtung kam der Beklagte in der Folgezeit (mit Ausnahme
des Zeitraumes von Januar bis November 2003, in dem er Teilzahlungen in Höhe von 54,09 EUR erbrachte) nicht nach.
Der Gläubiger bezog bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen von der Antragstellerin nach dem BSHG sowie Unterhaltsvorschussleistungen des Landes Rheinland - Pfalz nach dem UVG, danach Leistungen von der durch die Antragstellerin und die Agentur für Arbeit Kaiserslautern durch öffentlich - rechtlichen
Vertrag gem. § 44b SGB II gegründeten Arbeitsgemeinschaft (ARGE) nach dem SGB II.
Mit Schreiben der ARGE an den Schuldner vom 7. August 2006 erfolgte eine Anzeige der Überleitung der übergangenen Ansprüche
"auf den jeweiligen Leistungsträger, vertreten durch die ARGE".
In dem vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin bei dem Amtsgericht - Familiengericht wegen übergegangener Ansprüche
die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel für das Versäumnisurteil in Höhe von 3.767 EUR zugunsten der Bundesrepublik Deutschland
wegen Leistungen an den Gläubiger in der Zeit vom 1. März 2005 bis zum 31. Juli 2006 und für sich selbst - zunächst ohne Angabe
eines betroffenen Zeitraumes - in Höhe von 3.456,54 EUR beantragt.
Mit Verfügung der Rechtspflegerin bei dem Familiengericht vom 22. September 2006 erteilte diese die beantragte Rechtsnachfolgeklausel
zugunsten der Bundesrepublik Deutschland.
Nachdem die Antragstellerin nach Hinweis durch die Rechtspflegerin den auf sie zu übertragenden Betrag des Titels dahingehend
erläutert hatte, dass ein Betrag in Höhe von 2.304,54 EUR für den Zeitraum vom 11. November 2001 bis zum 31. November 2003
(Leistungen nach dem BSHG) und in Höhe von 1.152 EUR für den Zeitraum vom 1. März 2005 bis zum 31. Juli 2006 (Leistungen nach dem SGB II) geltend gemacht
werde, hob die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 7. Dezember 2006 ihre Verfügung vom 22. September 2006 auf und wies die Anträge
auf Erteilung von zwei Rechtsnachfolgeklauseln zurück.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre ursprünglichen Anträge
unverändert weiter verfolgt sowie hilfsweise beantragt, die Rechtsnachfolgeklausel für den Zeitraum vom 13. November 2001
bis zum 28. Februar 2003 sowie vom 22. Juli 2003 bis zum 30. November 2003 in Höhe von 2.304,54 EUR für sie selbst (die im
Hilfsantrag aufgeführten 1.152 EUR sind ein offensichtliches Schreibversehen) und für den Zeitraum vom 1. März 2005 bis zum
31. Juli 2006 in Höhe von 4.919 EUR für die ARGE zu erteilen. Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und
die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die nach §§
567 Abs.
1 ZPO,
11 Abs.
1 RPflegerG statthafte, sofortige Beschwerde ist teilweise unzulässig. Im Umfang ihrer Zulässigkeit führt sie in der Sache
zu einem Teilerfolg, soweit die Antragstellerin die Titelumschreibung wegen Rechtsnachfolge im Hinblick auf von ihr erbrachte
Leistungen nach dem BSHG beantragt. Ansonsten ist sie unbegründet. Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Antragstellerin mit ihr die Ablehnung der Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel
zugunsten der Bundesrepublik Deutschland angreift. Die Antragstellerin ist durch die Zurückweisung dieses Antrages nur formell,
nicht aber materiell beschwert und sie hat kein Rechtsschutzinteresse am Erhalt einer Rechtsnachfolgeklausel zugunsten eines
Dritten. Auf die Frage, ob die Rechtspflegerin überhaupt berechtigt war, die einmal zugunsten der Bundesrepublik Deutschland
erteilte Rechtsnachfolgeklausel nach Ablauf der Beschwerdefrist von Amts wegen wieder aufzuheben (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1554; allerdings war hier die unbefristete Klauselerinnerung des Schuldners nach §
732 ZPO möglich), kommt es deshalb nicht an.
Abgesehen hiervon hätte die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg, weil schon der Antrag auf Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel
zugunsten der Bundesrepublik Deutschland unzulässig war. Die Verfahren auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel sind Antragsverfahren
(Zöller/Stöber,
ZPO, 26. Aufl., §
724 Rnr. 8, §
727 Rnr. 23). Eine Befugnis der Antragstellerin, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen (Prozessstandschaft), besteht
nicht. Auch eine Vertretungsbefugnis der Antragstellerin für die Bundesrepublik Deutschland besteht nicht. Es ist weder eine
gesetzliche noch eine sonstige Ermächtigung der Antragstellerin ersichtlich, Rechte der Bundesrepublik Deutschland, sei es
im eigenen Namen, sei es - den Umständen nach - in deren Namen als ihre Vertreterin geltend zu machen.
Gleiches gilt für den nunmehr in der Beschwerde gestellten Hilfsantrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel zugunsten
der ARGE. Unabhängig von der Frage, ob die ARGE selbst (und nicht die beiden sie bildenden körperschaftlichen Leistungsträger)
Rechtsnachfolgerin im Hinblick auf nach dem SGB II erbrachte Leistungen geworden ist (dazu unten), fehlt es auch insoweit
an einer Vertretungsbefugnis der Antragstellerin. Die ARGE wird nach § 44b Abs. 2 SGB II i.V.m. § 8 des Gründungsvertrages
von ihrem Leiter gerichtlich und außergerichtlich vertreten, nicht aber von der Antragstellerin.
2. Die Beschwerde hat Erfolg, soweit die Antragstellerin die Rechtsnachfolgeklausel wegen von ihr nach dem BSHG erbrachter Leistungen für den Zeitraum vom 13. November 2001 bis zum 30. November 2003 in Höhe von 2.304,54 EUR beantragt
hat. Soweit die Antragstellerin an den Gläubiger Leistungen nach dem BSHG erbracht hat, ist der titulierte Unterhaltsanspruch des Gläubigers nach § 91 Abs. 1 BSHG auf die Antragstellerin übergegangen.
Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin hat die Antragstellerin vorliegend die Voraussetzungen dieser Rechtsnachfolge auch
den Erfordernissen des §
727 Abs.
1 ZPO entsprechend nachgewiesen. Zum Nachweis des Forderungsübergangs bezüglich eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe
genügt dessen beglaubigte Aufstellung über die gezahlten Sozialleistungen, wobei diese monatlich spezifiziert aufzuschlüsseln
sind (OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 1092; Stöber/Zöller, a.a.O., § 727, Rnr. 22). Eine solche beglaubigte Aufstellung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom
7. August 2006 zur Akte gereicht. Aus ihr ergeben sich der Leistungsempfänger (der Gläubiger) und die Höhe der monatlich erbrachten
Leistungen. Die Aufstellung ist auch nachvollziehbar und erweist sich als rechnerisch richtig. Die Antragstellerin hat von
den von ihr erbrachten Leistungen solche des Landes nach dem UVG sowie die erbrachten Unterhaltszahlungen des Schuldners in Abzug gebracht. Damit hat die Antragstellerin auch dem (möglicherweise
vorrangigen) Anspruchsübergang auf das Land Rheinland - Pfalz nach § 7 Abs. 1 UVG Rechnung getragen, soweit Leistungen nach dem UVG erbracht worden sind. Die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel für diesen Zeitraum in Höhe von 4.596,91 EUR hat die Antragstellerin
entgegen der in dem angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht niemals beantragt.
3. Soweit die Antragstellerin weitergehend die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel für die Zeit ab dem 1. März 2005 für sich
selbst, die Bundesrepublik Deutschland oder die ARGE begehrt, ist ihre Beschwerde erfolglos.
Soweit sie solche Übertragungsansprüche für die Bundesrepublik Deutschland und - hilfsweise - für die ARGE geltend macht,
sind diese Anträge, wie bereits oben ausgeführt, mangels Vertretungsbefugnis der Antragstellerin unzulässig.
Soweit die Antragstellerin die Titelumschreibung wegen nach dem SGB II erbrachter Leistungen auf sich selbst beantragt, ist
die Beschwerde unbegründet.
Entgegen der in dem angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung kann vorliegend allerdings im Ausgangspunkt nicht zweifelhaft
sein, dass und in welcher Höhe eine Rechtsnachfolge nach § 33 Abs. 1 SGB II (sei es in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden
(a.F.) oder in der seit dem 1. August 2006 geltenden Fassung) stattgefunden hat. Der Gläubiger hat Leistungen nach § 22 SGB
II (Kosten für die Unterkunft) erhalten, deren Leistungsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II grundsätzlich die Kommunen, vorliegend
also die Antragstellerin, sind. Leistungen nach dem SGB XII hat der Gläubiger ersichtlich nicht erhalten (vgl. §§ 7 Abs. 2
SGB II, 21 SGB XII). Die nach altem Recht erforderliche Überleitungsanzeige (allerdings durch die ARGE!) gem. § 33 Abs. 1
Satz 1 SGB II (a.F.) an den Schuldner ist erfolgt, weshalb dahin stehen kann, ob die Neuregelung des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB
II, der nunmehr einen gesetzlichen Forderungsübergang ohne Überleitungsanzeige festlegt, auch für Sachverhalte vor seinem
Inkrafttreten anzuwenden ist.
Allerdings sind die Ansprüche nicht auf die Antragstellerin übergegangen. Der Senat schließt sich vielmehr der Auffassung
an, dass nach Errichtung einer ARGE durch öffentlich - rechtlichen Vertrag zwischen einer kommunalen Körperschaft und der
Agentur für Arbeit die ARGE selbst Leistungsträger ist und nach § 33 SGB II übergeleitete Ansprüche auf sie selbst übergehen,
ein Vollstreckungstitel mithin auf die ARGE und nicht auf die beiden sie bildenden Leistungsträger umzuschreiben ist (so auch
Scholz, FamRZ 2006, 1417; Münder, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl., § 33 Rnr. 46).
Hierfür spricht folgendes:
Die ARGE kann Träger auf sie übergegangener Unterhaltsansprüche sein und diese auch gerichtlich im eigenen Namen geltend machen.
Die (Teil-)Rechtsfähigkeit und Prozessfähigkeit (Beteiligtenfähigkeit) der ARGE ist in der sozial- und verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung weitgehend anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 7.11.2006, 7b AS 8/06; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.8.2005, l 5 B 51/05; VG Neustadt, Beschluss vom 23.11.2006, 4 L 1746/06). Beide folgen auch aus der Bestimmung in § 44b Abs. 2 SGB II, wonach die ARGE durch einen Geschäftsführer gerichtlich und
außergerichtlich vertreten wird. Für eine unterschiedliche Behandlung im Zivilprozess betreffend die Prozess- und Parteifähigkeit
und im materiellen Zivilrecht betreffend die (Teil-)Rechtsfähigkeit der ARGE im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben besteht
keine Veranlassung.
Nach § 33 Abs. 1 SGB II gehen Unterhaltsansprüche auf den Träger der Leistungen über. Aufgabe der ARGE ist nach § 44b Abs.
1 SGB II die einheitliche Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben nach dem SGB II. Nach § 44b Abs. 3 SGB II nimmt die Arbeitsgemeinschaft
die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger wahr. Im Bereich derjenigen Leistungen, die nach § 6 SGB II der Bundesagentur
für Arbeit zufallen, ist demnach die ARGE ohne weiteres als Leistungsträger anzusehen. Dies gilt vorliegend auch für die den
Kommunen obliegenden Leistungen nach § 22 und 23 SGB II. Zwar folgt aus § 44 Abs. 3 SGB II, dass mit der einheitlichen Wahrnehmung
der gesetzlichen Aufgaben in Abs. 1 der Bestimmung nicht die Wahrnehmung sämtlicher Aufgaben nach dem SGB II gemeint ist.
Nach § 44 Abs. 3 SGB II nimmt die ARGE kraft Gesetzes lediglich alle Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger,
nicht aber die Aufgaben der Kommunen wahr. Die kommunalen Träger sollen lediglich der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung
ihrer Aufgaben nach dem SGB II übertragen. Nach § 3 Abs. 3 des zwischen der Antragstellerin und der Agentur für Arbeit geschlossenen
Gründungsvertrages hat die Antragstellerin der ARGE tatsächlich die Wahrnehmung folgender Aufgaben übertragen: Erbringung
flankierender Dienstleistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB II und Auszahlung von Leistungen für Unterkunft
und Heizung nach § 22 SGB II sowie Auszahlung von Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II. Somit ist die ARGE vorliegend auch für
die Leistungen nach § 22 SGB II als Leistungsträger anzusehen.
Für die Ansicht, dass die ARGE selbst Leistungsträgerin und damit Gläubigerin übergegangener Ansprüche ist, spricht weiter,
dass nach § 16 Abs. 1 des Gründungsvertrages zwischen der Antragstellerin und der Agentur für Arbeit die ARGE einheitliche
Leistungsbescheide erlässt, die ihrerseits die Grundlage für die Einziehung aller damit zusammenhängender Einnahmen sind.
Für die die Antragstellerin als Kommune nach §§ 22, 23 SGB II treffenden und von ihr zu tragenden Leistungen hat sie die ARGE
nach § 16 Abs. 2 dieses Vertrages finanziell auszustatten, allerdings "abzüglich der ihr zustehenden Einnahmen". Diese Regelung
geht ersichtlich davon aus, dass solche Einnahmen, zu denen auch die Einziehung übergegangener Unterhaltsansprüche zählen,
von der ARGE selbst eingezogen werden.
4. Von der Auferlegung von Gerichtskosten hat der Senat abgesehen. Die Antragstellerin ist von der Zahlung von Gerichtskosten
nach § 2 Abs. 1 GKG i.V.m. § 1 Nr. 2 JGebBefrG ohnehin befreit. Schuldner und Gläubiger sind den Anträgen der Antragstellerin nicht entgegen getreten und somit
nicht Beschwerdegegner. Dass zu erstattende außergerichtliche Kosten entstanden sind, lässt sich nicht feststellen.