Sozialhilferecht: Verordnung über die Schiedsstelle nach § 94 BSHG in Niedersachsen
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich gegen die Niedersächsische Verordnung über die Schiedsstelle nach § 94 des Bundessozialhilfegesetzes
vom 24. Juni 1994 (Nds. GVBl. S. 254), die durch die Verordnung vom 16. Januar 1996 (Nds. GVBl. S. 1) und durch die Verordnung
vom 5. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 507) geändert worden ist.
Nach § 93 Abs. 2 BSHG des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der Fassung vom 23. Mai 1994 (BGBl. I S. 646), der zuletzt durch das Gesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1088) geändert worden ist und noch bis zum 31. Dezember 1998 gilt, ist ein Träger der Sozialhilfe zur Übernahme von Aufwendungen
für die Hilfe in einer Einrichtung grundsätzlich nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband
eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen sowie über die dafür zu entrichtenden Entgelte besteht.
Die Entgelte müssen leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen,
eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit
entsprechen und auch Regelungen enthalten, die den Trägern der Sozialhilfe eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität
der Leistungen ermöglichen. Sie sind nach § 93 Abs. 3 BSHG noch vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen; nachträgliche
Ausgleiche sind nicht zulässig. Kommt eine Vereinbarung innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Partei schriftlich
zu Verhandlungen aufgefordert hat, entscheidet die Schiedsstelle nach § 94 BSHG auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte. Gegen die Entscheidung
ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben, ohne daß es einer Nachprüfung in einem Vorverfahren bedarf; die Klage
hat keine aufschiebende Wirkung. § 93 Abs. 4 bis 7 BSHG enthält weitere Regelungen, insbesondere zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Vereinbarungen (Tag des Abschlusses) und von
Entscheidungen der Schiedsstelle (Tag der Antragstellung), falls darin nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt ist, zur Verfahrensweise
bei wesentlichen Änderungen der Geschäftsgrundlage, zu den Höchstgrenzen für die Steigerungen der Pflegesätze in den Jahren
1996 bis 1998 und für zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne des §
72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB XI).
§ 94 BSHG ordnet an, daß für jedes Land oder für Teile eines Landes bei der zuständigen Landesbehörde eine Schiedsstelle gebildet wird
(Abs. 1). Nach Abs. 2 dieser Vorschrift besteht die Schiedsstelle in gleicher Zahl einerseits aus Vertretern der Träger der
Einrichtungen und andererseits Vertretern der örtlichen und überörtlichen. Träger der Sozialhilfe sowie einem unparteiischen
Vorsitzenden. Die Vertreter der Einrichtungen und deren Stellvertreter sind von den Vereinigungen der Träger der Einrichtungen,
die Vertreter der Träger der Sozialhilfe und deren Stellvertreter sind von diesen zu bestellen; bei der Bestellung der Vertreter
der Einrichtungen ist die Trägervielfalt zu beachten. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von den beteiligten Organisationen
gemeinsam bestellt (Satz 3). Kommt eine Einigung nicht zustande, werden sie durch Los bestimmt. Soweit beteiligte Organisationen
keinen Vertreter bestellen oder im Verfahren nach Satz 3 keinen Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden und des Stellvertreters
benennen, bestellt die zuständige Landesbehörde auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Vertreter und benennt
die Kandidaten. Nach Abs. 3 führen die Mitglieder der Schiedsstelle ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden.
Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Entscheidungen werden mit der Mehrheit der Mitglieder getroffen. Ergibt sich keine Mehrheit,
gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. § 94 Abs. 4 BSHG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zahl, die Bestellung, die Amtsdauer und die
Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsstelle, die
Rechtsaufsicht, die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie über die Verteilung der
Kosten zu bestimmen.
Die nachfolgend mit Blick auf das Vorbringen der Beteiligten auszugsweise wiedergegebene Verordnung bestimmt dazu in ihrer
neuesten Fassung u.a.:
"§ 1 Schiedsstelle
(1) Für das Land Niedersachsen wird eine Schiedsstelle nach § 94 BSHG beim Sozialministerium eingerichtet, das die Rechtsaufsicht führt. Der Spruchkörper der Schiedsstelle besteht aus dem vorsitzenden
Mitglied und acht weiteren Mitgliedern; für das vorsitzende Mitglied wird ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied, für
die übrigen Mitglieder werden jeweils ein oder zwei stellvertretende Mitglieder bestellt. Die Geschäfte der Schiedsstelle
werden vom Versorgungsamt Hannover geführt.
(2) Die Schiedsstelle kann sich eine Geschäftsordnung geben; diese kann die Bildung eines zweiten Spruchkörpers aus den stellvertretenden
Mitgliedern vorsehen. Die Geschäftsordnung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
§ 2 Bestellung der Mitglieder; Amtszeit
(1) Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder der Schiedsstelle werden wie folgt bestellt:
1. drei Mitglieder durch die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen;
2. ein Mitglied durch die in Niedersachsen vertretenen Vereinigungen der privatgewerblichen Träger,
3. zwei Mitglieder durch die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens,
4. zwei Mitglieder durch das Sozialministerium,
5. das vorsitzende Mitglied gemeinsam durch die Stellen nach den Nummern 1 bis 4.
Die nach Satz 1 bestellten Personen werden der Aufsichtsbehörde schriftlich unter Beifügung des Einverständnisses der Bestellten
mitgeteilt. Diese bestätigt die Bestellung und teilt sie den beteiligten Organisationen mit.
(2) Die für die Bestellung der Mitglieder jeweils zuständigen Organisationen können zustimmen, daß die stellvertretenden Mitglieder
über den Einzelvertretungsfall hinausgehend bei besonderer Inanspruchnahme der Schiedsstelle als zweiter Spruchkörper tätig
werden können. Die dazu erforderliche Organisations- und Vertretungsregelungen trifft die Geschäftsordnung.
(3) Werden innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Aufforderung durch die Aufsichtsbehörde keine Mitglieder nach Absatz
1 Satz 1 bestellt, werden diese im Fall des § 94 Abs. 2 Satz 5 BSHG von der Aufsichtsbehörde bestimmt.
(4) Die Amtszeit beginnt jeweils zum 1. Juli und dauert vier Jahre. Abweichend von Satz 1 beträgt die erste Amtszeit zwei
Jahre.
§ 3 Abberufung der Mitglieder
(1) Es werden von der Aufsichtsbehörde abberufen:
1. das vorsitzende Mitglied, wenn die Stellen nach § 2 Abs. 1 dies gemeinsam verlangen,
2. sonstige Mitglieder, wenn die entsendende Stelle dies verlangt,
3. jedes Mitglied auf eigenes Verlangen.
Eine Abberufung auf eigenes Verlangen nach Satz 1 Nrn. 1 und 2 darf nur erfolgen, wenn zugleich ein neues Mitglied bestellt
wird.
(2) Die Aufsichtsbehörde kann auch aus anderen wichtigen Gründen Mitglieder der Schiedsstelle abberufen.
(3) Bei Ausscheiden eines Mitglieds wird das nachfolgende Mitglied für die restliche Amtszeit bestellt.
§ 5 Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung
(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, trifft das vorsitzende Mitglied Entscheidungen außerhalb der Sitzung.
(2) Die Frist für Stellungnahmen sowie für die Vorlage von weiteren Unterlagen soll zwei Wochen nicht überschreiten.
§ 6 Mündliche Verhandlung
(1) Die Schiedsstelle entscheidet auf Grund nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung, zu der die Parteien mit einer Frist
von mindestens zwei Wochen schriftlich zu laden sind. ...
(2) ...
§ 7 Entscheidung der Schiedsstelle
(1) Die Schiedsstelle ist mit dem Vorsitzenden, zwei weiteren Mitgliedern nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 und zwei Mitgliedern
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 beschlußfähig. Sie entscheidet mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet das
vorsitzende Mitglied. Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
(2) Die Schiedsstelle entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung in Abwesenheit der Parteien. Sie trifft unter Berücksichtigung
des Ergebnisses ihrer Entscheidung auch eine Regelung über die Kosten. Die Parteien tragen die Kosten ihrer Vertretung selbst.
(3) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen."
Der Antragsteller zu 1. ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung als eine "Arbeitsgemeinschaft der privaten Kinder-,
Jugend-, Behinderten-, Altenwohn- und Pflegeheime sowie gleichartiger Einrichtungen" u.a. den Zweck verfolgt, die "Interessen
seiner Mitglieder als gewerbliche Heimträger" wahrzunehmen. Er meint, er sei befugt, die Nichtigkeit der Verordnung geltend
zu machen, weil dadurch seine in § 94 Abs. 2 Satz 2 BSHG gewährte Rechtsposition, sich an der Konstituierung der Schiedsstelle beteiligen zu können, beeinträchtige werde, und weil
ihm darüber hinaus auch eine unmittelbare Betroffenheit durch Entscheidungen der Schiedsstelle drohe, wenn er von der ihm
nach § 93 Abs. 3 BSHG eröffneten Möglichkeit Gebrauch mache, selbst Pflegesatzvereinbarungen zu schließen.
Die Antragstellerin zu 2. betreibt ein Altenpflegeheim und sieht sich durch die Verordnung und durch deren Anwendung in ihren
Grundrechten verletzt.
Die Antragsteller machen in materieller Hinsicht im wesentlichen geltend:
1. Der Verordnungsgeber habe bei der Bestimmung über die Zusammensetzung der Schiedsstelle (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2
der Verordnung) dem bundesrechtlichen Gebot, die Trägervielfalt zu beachten (§ 94 Abs. 2 Satz 2 BSHG), nicht hinreichend Rechnung getragen, da durch die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege drei Mitglieder
bestellt würden, durch die Vereinigungen der privatgewerblichen Träger aber nur ein Mitglied bestellt werde. Wolle man nicht
annehmen, daß die Ermächtigung in § 94 Abs. 4 BSHG zu unbestimmt sei, wofür allerdings einiges spreche, müsse den Bestimmungen des § 93 Abs. 2 BSHG das gesetzgeberische Programm entnommen werden, daß die "Trägervielfalt" auch bei der Zusammensetzung des Schiedsstelle zu
berücksichtigen sei. Mit diesem Grundsatz wolle der Bundesgesetzgeber offenbar der Tatsache Rechnung tragen, daß die Interessen
und Zielsetzungen der unterschiedlichen Träger verschieden seien; die privatgewerblichen Träger würden anders, in der Regel
preiswerter, arbeiten als die Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, die nicht darauf angewiesen seien, ihre Kosten allein
aus den Einkünften nach den Pflegesätzen zu decken, da sie regelmäßig auf Zuschüsse der hinter ihnen stehenden Organisationen
zurückgreifen könnten. Außerdem müsse berücksichtigt werden, daß auch zwischen den verschiedenen Arten von Einrichtungen,
etwa einem reinen Altenheim einerseits und einem psychiatrischen Pflegeheim andererseits, verschiedene Ziele, Vorstellungen
und Erfahrungen bestünden. Um die vom Bundesgesetzgeber vorgeschriebene ausgewogene Repräsentanz, den notwendigen Interessenausgleich
sowie die Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte zu gewährleisten, müsse sich die Zahl der jeweiligen Mitglieder der Schiedsstelle
an der gewachsenen Betreiberstruktur in Niedersachsen orientieren. Dies gebiete es, die Interessen der privatgewerblichen
Träger stärker zu berücksichtigen; sie seien bei einem Verhältnis von drei zu eins unterrepräsentiert.
2. Die dem Sozialministerium zugeschriebene Stellung als "Aufsichtsbehörde" widerspreche dem Bundesrecht, das der Schiedsstelle
Eigenständigkeit verleihe und allenfalls auf die Rechtsaufsicht beschränkte Kompetenzen erlaube.
a) Bereits der in der ursprünglichen Fassung der Verordnung verwendete Begriff der "Aufsichtsbehörde", den auch die neueste
Fassung der Verordnung nicht aufgegeben habe, deute auf fachaufsichtliche Befugnisse der Aufsichtsbehörde hin, die ihr jedoch
nicht verliehen werden dürften, da schon § 94 Abs. 4 BSHG a. F. ("Die Rechtsaufsicht über die Schiedsstelle führt die zuständige Landesbehörde; diese führt auch die Geschäfte") allenfalls
eine Rechtsaufsicht gestattet habe. Der neueste Text der Verordnung übertrage dem Sozialministerium zwar nur noch die "Rechtsaufsicht",
damit sei jedoch eine vollständige Reduzierung der fachaufsichtlichen Befugnisse der Aufsichtsbehörde nicht verbunden. Das
ergebe sich bereits aus § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung: Diese Vorschrift mache die Gültigkeit der Geschäftsordnung der Schiedsstelle
von "der Genehmigung der Aufsichtsbehörde" abhängig und begründe damit eine konstitutive Tätigkeit der Aufsichtsbehörde, die
mehr beinhalte als eine Rechtsaufsicht.
b) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung mache die Wirksamkeit der Bestellung eines Mitglied der Schiedsstelle
von einem Verwaltungsakt des Sozialministeriums abhängig. Demgegenüber bestimme § 94 Abs. 2 Satz 2 BSHG, daß die beteiligten Organisationen die Mitglieder bestellten und damit die Zusammensetzung der Schiedsstelle unmittelbar
selbst bewirkten.
c) § 2 Abs. Abs. 3 der Verordnung regele die Kompetenz des Sozialministeriums, Mitglieder der Schiedsstelle zu bestellen,
ohne dafür den von § 94 Abs. 2 Satz 5 BSHG allerdings vorgeschriebenen Antrag einer der beteiligten Organisationen vorauszusetzen.
d) Auch die durch § 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung begründeten (weiteren) Kompetenzen des Sozialministeriums, auf die Zusammensetzung
der Schiedsstelle einzuwirken, stünden mit dem Bundesrecht nicht im Einklang. Aus § 94 Abs. 2 Satz 1 bis 3 BSHG ergebe sich, daß die Zusammensetzung der Schiedsstelle von den beteiligten Organisationen und den von diesen bestellten Mitgliedern
der Schiedsstelle eigenständig geregelt werden solle. Die von § 94 Abs. 2 Satz 5 BSHG vorgesehene (Ersatz-)Kompetenz, der Landesbehörde, auf Antrag bei Untätigkeit Mitglieder der Schiedsstelle zu benennen, bedeute
auch mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Vorschriften nicht, daß die Landesbehörde befugt sein solle, Mitglieder auch
abzuberufen. Für dahingehende landesrechtliche Regelungen bestünde auch kein Bedürfnis, da die Schiedsstelle bzw. die zu beteiligenden
Organisationen selbst in der Lage seien, die Mitglieder der Schiedsstellen abzuberufen und neu zu bestimmen.
3. Angesichts der Vorgaben durch § 94 Abs. 2 BSHG, daß in der Schiedsstelle die unterschiedlichen Interessengruppen vertreten sein sollten, stelle sich in besonderem Maße
die Frage der Befangenheit von Mitgliedern der Schiedsstelle, da andernfalls die Gefahr bestehe, daß die Neutralität der Schiedsstelle
als Vermittlungsinstanz und gegebenenfalls entscheidende Stelle nicht gewahrt sei. Demgemäß hätte die Verordnung diese Frage
nicht allgemeinen gesetzlichen Regelungen vorbehalten dürfen, sondern sie ausdrücklich selbst regeln müssen.
4. § 5 Abs. 1 der Verordnung gewähre dem Vorsitzenden Entscheidungsbefugnisse, die sich nicht nur auf verfahrensleitende Angelegenheiten
beschränkten, sondern diesem auch erlaubten, selbständige Sachentscheidungen zu treffen, ohne damit die allein zur Entscheidung
befugte Schiedsstelle als Spruchkörper und Kollegialorgan zu befassen. § 94 Abs. 2 BSHG fordere jedoch, daß es einer Geschäftsordnung der Schiedsstelle vorbehalten bleiben müsse, ob und gegebenenfalls inwieweit
sie einzelnen Mitgliedern besondere Befugnisse verleihe, und außerdem dürfe die Schiedsstelle stets nur in "voller Besetzung"
entscheiden.
Die genannten Mängel machten auch die sonstigen Regelungen der Verordnung nichtig, weil sie untrennbar mit diesen verbunden
seien.
Die Antragsteller beantragen,
die Niedersächsische Verordnung über die Schiedsstelle nach § 94 BSHG vom 24. Juni 1994 (GVBl. S. 254), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 5. Dezember 1997 (GVBl. S. 507), für nichtig
zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Er macht geltend:
Zumindest das Begehren des Antragstellers zu 1. sei unzulässig, da dieser durch die Verordnung einen Nachteil weder erlitten
noch zu befürchten habe. Der nach § 93 Abs. 2 BSHG denkbare Fall, daß über die in dieser Vorschrift genannten Gegenstände eine Vereinbarung mit einem Verband von Einrichtungsträgern
geschlossen werde solle und daraufhin die Entscheidung der Schiedsstelle beantragt werde, sei nach der bisherigen Praxis rein
theoretischer Natur, da solche Vereinbarungen, z.B. mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, bisher stets einvernehmlich
zustande gekommen seien. Auch aus § 94 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG folge ein geschütztes Interesse des Antragstellers zu 1. nicht, da diese Vorschriften, wie der Gesamtzusammenhang der Regelungen
zeige, jeweils auf die einzelnen Träger bzw. Einrichtungen, nicht aber auf die Interessen eines Verbandes bezogen seien. Mit
Blick auf die Tatsache, daß die beteiligten Organisationen, darunter auch die Antragstellerin zu 2. als Vertreterin des Antragsteller
zu 1., am 27. Juni 1994 in Kenntnis der Regelungen der Verordnung das vorsitzende und das stellvertretende vorsitzende Mitglied
der Schiedsstelle einvernehmlich benannt hätten, sei es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bedenklich, daß die Antragsteller
noch fast 1 1/2 Jahren danach den Normenkontrollantrag gestellt haben.
Unabhängig davon seien die Anträge jedoch auch nicht begründet.
Soweit die Antragsteller meinen, die privatgewerblichen Träger seien im Verhältnis zu den der Landesarbeitsgemeinschaft der
Freien Wohlfahrtspflege angeschlossenen Einrichtungsträger unterrepräsentiert, könne die von ihnen in diesem Zusammenhang
gerügte verfassungswidrige Unbestimmtheit des § 94 Abs. 4 BSHG allein durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden. Dem Bundesgesetzgeber sei es im übrigen kaum möglich gewesen,
bestimmtere Vorschriften über die Zusammensetzung der Schiedsstelle zu erlassen, da sich in den verschiedenen Bundesländern
höchst unterschiedliche Strukturen entwickelt hätten. So sei z.B. zu berücksichtigen, daß privatgewerbliche Träger vor allem
in der Altenhilfe tätig seien, während die Einrichtungen der Behindertenhilfe ganz überwiegend von freigemeinnützigen Trägern
betrieben würden und nur 5 v.H. der Plätze in der Behindertenhilfe auf privatgewerbliche Träger entfielen. Ausschlaggebend
sei, daß die freigemeinnützigen Einrichtungsträger nach den jüngsten Statistiken (Stand: Juli 1997) mehr als 93 v.H. der Plätze
betrieben, für die die Schiedsstelle nach § 94 BSHG zuständig sei.
Die Verordnung habe auch in ihrer früheren Fassung der Aufsichtsbehörde fachaufsichtliche Befugnisse nicht verliehen und auch
nicht die Kompetenz eingeräumt, in die Konstituierung der Schiedsstelle und in ihr Verfahren einzugreifen. Entgegen der Auffassung
der Antragsteller enthalte § 2 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung nicht die Ermächtigung zu einer Sachentscheidung, sondern schreibe
lediglich eine "Notarfunktion" der Aufsichtsbehörde vor, die sich über die "Bestellung" der Mitglieder der Schiedsstelle nur
hinwegsetzen dürfe, wenn diese gegen das Recht verstoße. Die "Bestätigung" der Mitglieder der Schiedsstelle diene lediglich
dazu, Unklarheiten der Betroffenen über den Inhalt des einschlägigen Schriftverkehrs auszuschließen. § 2 Abs. 2 der Verordnung sei mit Blick auf § 94 Abs. 2 Satz 5 BSHG selbstverständlich nicht dahin auszulegen, daß die Aufsichtsbehörde ein Mitglied ohne Antrag einer der beteiligten Organisationen
bestellen dürfe. Auch die Abberufungskompetenz der Aufsichtsbehörde nach § 3 Abs. 1 der Verordnung beinhalte lediglich eine
"Notarfunktion" damit bei "allen beteiligten Organisationen" (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung) Rechtssicherheit bestehe.
Soweit § 3 Abs. 2 der Verordnung der Aufsichtsbehörde die Befugnis zur Abberufung "aus wichtigem Grund" einräume, handele
es sich um eine gerichtlich voll überprüfbare Maßnahme, die sich inhaltlich an der "Unzumutbarkeit", also an einem Maßstab
zwingenden Charakters orientiere. Auch insoweit werde bei unumgänglichem Entscheidungsbedarf die erforderliche Formalisierung
durch einen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde gewährleistet. Dadurch, daß § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung eine Abberufung
nur gestatte, wenn zugleich ein neues Mitglied berufen werde, werde lediglich die Kontinuität der Arbeit der Schiedsstelle
sichergestellt, nicht aber der Aufsichtsbehörde eine den Rahmen der Rechtsaufsicht überschreitende Sachentscheidungsbefugnis
gewährt. Der Schiedsstelle könne es nicht überlassen werden, sich selbst zu bilden und umzubilden.
Weil die Vorschriften der §§ 16, 17 SGB X auch für die Fragen der Befangenheit von Mitgliedern der Schiedsstelle einschlägig seien, enthalte die Verordnung insoweit
besondere Bestimmungen aus Gründen der Rechtsvereinfachung nicht. Wenn die Verordnung insoweit unzutreffend angewandt werde,
berühre dies ihre Gültigkeit nicht.
Die Entscheidungskompetenz des vorsitzenden Mitglieds der Schiedsstelle nach § 5 Abs. 1 der Verordnung sei auf verfahrensrechtliche
Regelungen außerhalb der mündlichen Verhandlung beschränkt und müsse so ausgelegt werden, daß die Bestimmungen weder gesetzes-
noch verfassungswidrig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die nach §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO i. V. m. § 7 Nds. VwGG statthaften Normenkontrollanträge sind zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12. März 1998 - 4 CN 12.97 -), der der Senat folgt (ebenso Nds. OVG - 12. Senat - Urt. v. 27. Mai 1998 - 12 K 5583/96 -, S. 11 des Umdrucks m. Nw. zum Streitstand), gilt die Neufassung der Antragsbefugnis in §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO durch das Gesetz vom 1. November 1996 (BGBl. I. S. 1626) nicht für Normenkontrollanträge, die vor dem 1. Januar 1997 gestellt worden sind. Demgemäß beurteilt sich die Antragsbefugnis
für den am 23. Oktober 1995 gestellten Antrag (weiterhin) nach §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO a.F.. Danach ist jede natürliche oder juristische Person berechtigt einen Antrag auf Normenkontrolle zu stellen, die durch
"die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Weise zu erwarten hat". In diesem Sinne
nachteilig ist bereits eine nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen; der Nachteilsbegriff
des §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO a.F. stellt an die Antragsbefugnis geringere Anforderungen als die Klagebefugnis nach §
42 VwGO (vgl. Kopp,
VwGO, 10. Aufl., §
47 Rdnr. 25 a m.w.Nw.).
Diese Voraussetzung ist im Falle des Antragstellers zu 1. schon deshalb erfüllt, weil er geltend machen kann, als Vereinigung
von Einrichtungsträgern im Sinne des § 94 Abs. 2 Satz 2 BSHG negativ betroffen zu sein. Die auch ihm durch diese Vorschrift eingeräumte Rechtsposition, an der Bestellung der Mitglieder
der Schiedsstelle mitzuwirken, kann durch die Bestimmungen der Verordnung über die Zusammensetzung der Schiedsstelle beeinträchtigt
worden sein. Der Auffassung des Antragsgegners, insoweit stünden lediglich Rechte der Träger von Einrichtungen in Rede, nicht
aber Rechte ihrer Vereinigungen, läßt sich mit § 94 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht vereinbaren, da nicht die Träger der Einrichtungen selbst, sondern deren Vereinigungen berufen sind, Mitglieder der
Schiedsstelle zu bestellen. Darüber hinaus kann der Antragsteller zu 1. auch geltend machen, in absehbarer Weise einen Nachteil
aus der Anwendung der Verordnung erwarten zu müssen, wenn er selbst eine Vereinbarung im Sinne des § 93 Abs. 2 BSHG abschließen möchte. Dem steht nicht entgegen, daß es in der Vergangenheit Streitigkeiten dieser Art mit (anderen) Verbänden
nicht gegeben hat. Bereits die nicht ganz fernliegende Möglichkeit, im Falle eines Streits die Schiedsstelle in Anspruch nehmen
zu müssen, beinhaltet eine hinreichend konkrete Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers.
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2. folgt bereits aus der Tatsache, daß sie als Betreiberin eines Altenpflegeheims
von der Tätigkeit der Schiedsstelle ebenfalls negativ betroffen werden kann. Auch wenn für alle von ihr derzeit betriebenen
40 Plätze ein Versorgungsvertrag im Sinne des §
72 SGB XI besteht, bedeutet dies nicht notwendig, daß damit die Schiedsstelle nach § 94 BSHG nicht auch in einer Angelegenheit der Antragstellerin zu 2. angerufen werden kann. Die Antragstellerin zu 2. hat in der mündlichen
Verhandlung glaubhaft angegeben, daß derzeit für 5 Bewohner ihrer Einrichtung Leistungen nach dem
SGB XI nicht erbracht werden, weil sie nicht in dem von diesen Vorschriften vorausgesetzten Umfang (zumindest Pflegestufe I) pflegebedürftig
sind. Insoweit erscheint es konkret möglich, daß Leistungen nach § 68 BSHG in Betracht kommen, für die der Ausschluß des Verfahrens nach § 94 BSHG gemäß § 93 Abs. 7 BSHG nicht eingreift.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners haben die Antragsteller ihr Antragsrecht nicht deshalb verwirkt, weil sie den Antrag
erst ca. 1 1/2 Jahre nach dem Inkrafttreten der Verordnung gestellt und zuvor bei der Bestellung von Mitgliedern der Schiedsstelle
mitgewirkt haben. Im Einzelfall kann ein Antragsteller zwar das (prozessuale) Recht, einen Normenkontrollantrag stellen zu
dürfen, verwirkt haben, etwa wenn er sich durch die Anrufung des Gerichts zu einem eigenen früheren Verhalten in einen mit
Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. BVerwG, Beschluß v. 18. Dezember 1989 - 4 NB 14/89 -, NVwZ 1990, 554; OVG Lüneburg, Beschluß v. 26. Juli 1990 - 3 C 12/88 -, UPR 1990, 458). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Anträge widersprechen dem früheren Verhalten der Antragsteller schon deshalb nicht,
weil die Wahrnehmung der Interessen des Antragstellers zu 1. bei der Errichtung der Schiedsstelle nicht zugleich die Aussage
enthält, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung, die eventuell schon vorhanden gewesen oder womöglich erst im Zuge
der Praxis der Schiedsstelle aufgetreten sind, würden (auch in Zukunft) nicht geltend gemacht.
Die Anträge sind auch nicht so spät gestellt worden, daß sie als treuwidrig bezeichnet werden müßten. Abgesehen davon, daß
der Zeitablauf grundsätzlich nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände zur Verwirkung des prozessualen Anspruchs führen kann
(BVerwG BayVBl. 1989, 665; Gerhardt in: Schoch u.a.,
VwGO, §
47 Rdnr. 37 m.w.N.), hat der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des 6.
VwGO-Änderungsgesetzes zum 1. Januar 1997 eine Antragsfrist von zwei Jahren eingeführt und dadurch zu erkennen gegeben, daß eine
Zeitspanne (Überlegungszeit) von 1 1/2 Jahren als solche nicht mißbräuchlich zu lang bemessen ist (in diesem Sinne auch Gerhardt,
aaO, Rdnr. 37).
II. Die angegriffene Verordnung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
Sie genügt dem Zitiergebot des Art.
80 Abs.
1 Satz 3
GG und hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung durch § 94 Abs. 4 (früher Abs. 5) BSHG, die ihrerseits den Erfordernissen des Art.
80 Abs.
1 Satz 2
GG entspricht.
Nach Art.
80 Abs.
1 Satz 2
GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Damit wird indessen eine umfassende
Festlegung dieser Kriterien allein durch den Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift nicht verlangt. Eine hinreichende inhaltliche
Bestimmtheit liegt auch vor, wenn sich durch Auslegung ermitteln läßt, welche Fragen aufgrund der Ermächtigung geregelt werden
können. Der Grad der zu fordernden Bestimmtheit hängt im übrigen auch von den Konkretisierungsmöglichkeiten ab, die sich dem
Bundesgesetzgeber aufgrund des Regelungsgegenstandes bieten (st. Rspr. des BVerfG, vgl. etwa BVerfG, Beschluß v. 8. Januar
1981 - 2 BvR 3, 9/77 -, BVerfGE 56, 1, 13; Beschluß v. 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 277; Beschluß v. 1. Juli 1987 - 1 BvL 21/82 -, BVerfGE 76, 130, 142). Gegen diese Grundsätze hat der Bundesgesetzgeber nicht verstoßen; er mußte weitergehende Detailregelungen insbesondere
nicht schon deshalb treffen, weil die Entscheidung der Schiedsstelle - wie die Antragsteller meinen - gerichtlich nicht voll
überprüfbar wäre. Der Senat hat im Urteil vom 23. Oktober 1996 (4 L 3258/95) entschieden, daß der Schiedsstelle ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum nicht zukommt.
Der Senat teilt nicht die Bedenken der Antragsteller, der Verordnungsgeber habe bei seiner Entscheidung über die Zusammensetzung
der Schiedsstelle den Rahmen der bundesrechtlichen Ermächtigung überschritten, indem er die Belange der Antragsteller, auf
die Zusammensetzung der Schiedsstelle und damit auch auf deren Entscheidungen einen stärkeren Einfluß ausüben zu können, nicht
in dem gebührenden Maß berücksichtigt habe.
Im Einzelnen ist zu den Rügen der Antragsteller zu bemerken:
1. Wie die Antragsteller nicht verkannt haben, ist für die Frage der Zusammensetzung der Schiedsstelle nicht allein entscheidend,
daß § 94 Abs. 4 BSHG lediglich bestimmt, die "Zahl" der Mitglieder der Schiedsstelle sei durch Verordnung zu regeln. Bundesrechtliche Vorgaben
über die Zusammensetzung der Schiedsstelle ergeben sich auch aus deren Aufgaben nach § 93 BSHG sowie insbesondere aus § 94 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG. Das in diesem Zusammenhang in seiner Auswirkung umstrittene Gebot, bei der Bestellung der Vertreter der Einrichtungen die
"Trägervielfalt" zu beachten (§ 94 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG), richtet sich in erster Linie an die beteiligten Vereinigungen der Träger der Einrichtungen. Schon aus diesem Grund kann
ihm auch im Zusammenhang mit den sonstigen Bestimmungen über die Schiedsstelle nicht das gesetzgeberische Programm entnommen
werden, die von den Antragstellern behaupteten strukturellen Nachteile privatgewerblicher Einrichtungsträger müßten durch
eine ausgleichende Sitzzuweisung oder dadurch kompensiert werden, daß den Stimmen der privatgewerblichen Einrichtungsträger
ein größeres Gewicht beigemessen wird. Eine Organisation der Schiedsstelle, die (vermeintliche, in diesem Zusammenhang nicht
zu klärende) Nachteile ausgleicht, hat der Bundesgesetzgeber nicht nur nicht gewollt, sondern speziell mit Blick auf die Möglichkeit
einer unterschiedlichen Gewichtung von Stimmen bei der Abstimmung auch untersagt; nach § 94 Abs. 3 Satz 3 BSHG hat jedes Mitglied eine Stimme. Zutreffend ist die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung der Antragsteller nur insoweit,
als mit dem (an die verschiedenen beteiligten Organisationen gerichteten) Gebot, bei der Bestellung der (von ihnen zu bestimmenden)
Mitglieder der Schiedsstelle die Trägervielfalt zu beachten, zugleich eine Zusammensetzung der Schiedsstelle gefordert ist,
die es ermöglicht, den maßgeblichen Gegebenheiten im jeweiligen Land (der "Betreiberstruktur") Rechnung zu tragen.
Mit dem Gebot, die "Trägervielfalt" zu beachten, knüpft der Gesetzgeber an die Tatsache an, daß die Einrichtungen, die nach
§ 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG die Schiedsstelle anrufen können, unterschiedlich organisiert sind. Sie werden entweder von freigemeinnützigen, von privatgewerblichen
oder von öffentlichen Trägern betrieben (vgl. Friedrich, Die neue Pflegesatzregelung im Bundessozialhilfegesetz, NDV 1994, 166, 172) und verfolgen verschiedene Interessen schon deshalb, weil regelmäßig nur die privatgewerblichen Träger darauf ausgerichtet
sind, Gewinn zu erzielen. Die Tatsache, daß in den einzelnen Bundesländern nicht unerhebliche Unterschiede in der Ausgestaltung
des Einrichtungswesens bestehen, weil zum Beispiel nur in einigen Ländern Einrichtungen in nennenswertem Umfang auch von der
öffentlichen Hand betrieben werden, hat den Bundesgesetzgeber offenbar gehindert, Größe und Zusammensetzung der Schiedsstelle
genau zu regeln. Daraus folgt jedoch nicht, daß er eine Berücksichtigung der freigewerblichen Träger gefordert hat, die sich
allein an der jeweilige Zahl der verschiedenen Träger im jeweiligen Bundesland orientiert. Die geforderte "Beachtung" der
Trägervielfalt kann nicht ohne Rücksicht auf die Aufgabenstellung der Schiedsstelle geschehen, die ein Teil des Systems zur
Erbringung von Sozialleistungen für die Menschen ist, die auf die Betreuung in einer Einrichtung angewiesen sind. Die Schiedsstelle
hat gegebenenfalls über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, über die dafür zu entrichtenden Entgelte sowie über Fragen
der Überprüfung durch den zuständigen Sozialhilfeträger und damit auch über die Standards der Versorgung in den unterschiedlichen
Einrichtungen zu entscheiden (§ 93 Abs. 2 BSHG). Soll sie dieser Aufgabe gerecht werden können, muß sie auch so organisiert sein, daß die unterschiedlichen Interessen der
Einrichtungen in dem Maße repräsentiert werden, in dem die hilfsbedürftigen Menschen davon betroffen sind, zumal davon schließlich
auch die finanzielle Reichweite der jeweiligen Entscheidung der Schiedsstelle abhängt. Dem wird ein Organisationsmaßstab gerecht,
der insbesondere die Zahl der betroffenen Plätze berücksichtigt. Eine weitergehende Differenzierung nach den verschiedenen
Aufgaben der Einrichtungen oder auch nach den von den Antragstellern behaupteten Unterschieden in der Wirtschaftsweise fordert
das Gesetz demgegenüber nicht. Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, daß von den beteiligten Organisationen bzw. den von
ihnen benannten Mitgliedern der Schiedsstelle genügend Sachverstand eingebracht wird, der es erlaubt, bei den Entscheidungen
der Schiedsstelle auch die jeweiligen Besonderheiten der betroffenen Einrichtungen zu berücksichtigen.
Das Zahlenverhältnis zwischen den für Sozialhilfeempfänger in Anspruch genommenen Plätzen von privatgewerblichen Einrichtungsträgern
einerseits und von freigemeinnützigen Einrichtungsträgern andererseits ist indessen nicht das einzige Kriterium, nach dem
die Größe der Schiedsstelle bestimmt werden müßte; die bundesrechtlich vorgeschriebene Beachtung der Trägervielfalt ist ersichtlich
nicht dahin zu verstehen, daß sich daraus zugleich die "Zahl" der Mitglieder der Schiedsstelle bestimmt, damit ein mathematisch
genaues Verhältnis der jeweiligen Betroffenheit der verschiedenen Träger gebildet werden kann. Auf eine so weitreichende Bedeutung
ist das vom Bundesgesetzgeber bezeichnenderweise nicht ausdrücklich auf die "Zahl" der Mitglieder der Schiedsstelle bezogene
Beachtensgebot ersichtlich nicht angelegt, zumal sich aus dem Begriff der Trägervielfalt seinerseits nicht direkt erschließt,
welches konkrete Zahlenverhältnis gemeint ist. Das dem Verordnungsgeber eingeräumte Gestaltungsermessen bei der Bestimmung
der Zahl der Mitglieder der Schiedsstelle wird demgemäß durch das Gebot der Beachtung der Trägervielfalt (nur) eingeschränkt,
nicht aber ausgeschlossen.
Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Verordnungsgeber die Zahl der Mitglieder der Schiedsstelle auf 9 festgesetzt
hat, statt sie zum Beispiel auf 5 zu begrenzen, um damit bei (nur) zwei Sitzen für die Vertreter der Einrichtungen etwa eine
gleichmäßige Repräsentanz der privatgewerblichen und der freigemeinnützigen Einrichtungsträger zu erreichen. Die Erwägungen
des Verordnungsgebers lassen insbesondere sachfremde Motive für die Zusammensetzung der Schiedsstelle nicht erkennen. In der
Begründung zu § 2 der Verordnung heißt es:
"Mit der Regelung des Absatzes 1 Satz 2 wir die Zahl der Mitglieder der Schiedsstelle auf 9 Mitglieder begrenzt. Es ist das
Ziel der Regelung, durch die Begrenzung der Zahl der Mitglieder auf eine möglichst niedrige Zahl die Effektivität der Arbeit
in der Schiedsstelle zu erhöhen. Andererseits war dem in § 94 Abs. 2 BSHG niedergelegten Grundgedanken Rechnung zu tragen, der Vielfalt der Einrichtungsträger eine jeweils angemessene Berücksichtigung
- unbeschadet der Unabhängigkeit von Weisungen - zukommen zu lassen. Die Zahl der Einrichtungen in gemeinnütziger Trägerschaft
und die Zahl der Einrichtungen in privatgewerblicher Trägerschaft ist in Niedersachsen ausgeglichen. Andererseits verhält
sich die Zahl der Plätze in freigemeinnützigen Einrichtungen, für die Pflegesätze nach § 93 BSHG zu vereinbaren sind, zur Zahl der Plätze in privatgewerblichen Einrichtungen im Verhältnis 2:1. Dieser Tatbestand wie auch
der Grundsatz des Vorrangs der freien Wohlfahrtspflege (§ 10 Abs. 2 BSHG) lassen eine höhere Zahl von Vertretern der Freien Wohlfahrtspflege, die in Niedersachsen in 6 Gruppen von Spitzenverbänden
organisiert ist, gegenüber den Vertretern privatgewerblicher Träger, die sich zur Zeit in vier Verbänden organisiert haben,
gerechtfertigt erscheinen."
Mit Blick auf den Vortrag des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung, auf die privatgewerblichen Einrichtungsträger
wären bei richtiger Auswertung der für 1995 vorliegenden Statistiken schon bei Erlaß der Verordnung tatsächlich nur etwa ein
Viertel aller vorhandenen Plätze entfallen (rund 20.300 von insgesamt rund 51.000 Plätzen in Alten- und Pflegeheimen sowie
2.000 von insgesamt 39.000 Plätzen in Einrichtungen der Eingliederungshilfe, mithin 22.300 von etwa 90.000 Plätzen), - die
Antragsteller haben dagegen substantiierte Einwendungen nicht erhoben -, nimmt der Senat an, daß in der Begründung der Verordnung
eher ein für die privatgewerblichen Einrichtungsträger zu günstiges Verhältnis der Plätze in den jeweiligen Einrichtungen
(1 : 2 statt 1 : 3) zugrundegelegt worden ist.
Aber auch wenn die ursprünglich angenommenen Zahlen zuträfen, hätte der Verordnungsgeber das ihm zustehende Ermessen nicht
überschritten. Dies ergibt sich aus dem in der Begründung zur ursprünglichen Fassung der Verordnung erwähnten Grundsatz des
Vorrangs der freien Wohlfahrtspflege. Dieser Vorrang war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 23. Juli 1996 am 1. August
1996 in § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG a.F. ausdrücklich verankert und durfte deshalb auch bei der Zahl der von den jeweiligen Organisationen zu bestellenden Mitglieder
der Schiedsstelle berücksichtigt werden. Die Vorschrift lautete: "Sind sowohl Einrichtungen der in § 10 genannten Träger als
auch andere Träger vorhanden, die zur Gewährung von Sozialhilfe in gleichem Maße geeignet sind, soll der Träger der Sozialhilfe
Vereinbarungen nach Absatz 2 vorrangig mit den in § 10 genannten Trägern abschließen."
Die sonach unter dem von den Antragstellern angeführten Gesichtspunkt der Trägervielfalt im Einklang mit dem höherrangigen
Recht erlassene Verordnung mußte auch nach der durch das Gesetz vom 23. Juli 1996 bewirkten Änderung des § 93 BSHG nicht geändert werden.
Allerdings ist das in der alten Fassung des § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG noch ausdrücklich formulierte Prinzip des Vorrangs der freien Wohlfahrtspflege gegenüber den sonstigen Trägern, auf das die
zitierte Begründung der Verordnung abstellt, durch das Gesetzes vom 23. Juli 1996 gestrichen worden. Der Ausschuß für Gesundheit
des Bundestages hat die schließlich Gesetz gewordene Fassung des § 93 Abs. 1 Satz 2 BSHG entgegen dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, der ein dem § 93 Abs. 6 Satz 1 a.F. entsprechendes Vorrangprinzip noch enthielt, mit der folgenden Begründung vorgeschlagen:
"Durch die Änderung wird bei der Schaffung von Einrichtungen die Gleichbehandlung von privatgewerblichen Trägern und Verbänden
und Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege vorgesehen. Dies soll auch für den Abschluß von Vereinbarungen gelten, für die nur
noch Leistung und Vergütung ausschlaggebend sind. Bestehende Einrichtungen werden zukünftig gleich behandelt, das heißt unabhängig
davon, ob es sich um Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege, von privatgewerblichen Trägern oder von Kommunen handelt"
(BT-Drs 13/3904 S. 46).
Weil der Bundesgesetzgeber mit der Abschaffung des bisherigen speziellen Vorrangprinzips in § 93 Abs. 6 Satz 1 BSHG a.F. ersichtlich nicht zugleich auch bewirken wollte, daß die privatgewerblichen und die freigemeinnützigen Einrichtungsträger
(ohne weiteres) auch in gleicher Zahl in der Schiedsstellen vertreten sind, hat diese Änderung des Gesetzes eine Notwendigkeit
nicht begründet, die Verordnung insoweit anzupassen. Der niedersächsische Verordnungsgeber durfte im übrigen auch bedenken,
daß sich die nach § 94 BSHG zu berücksichtigende Trägerstruktur wiederum durch das Inkrafttreten der zweiten Stufe der Pflegeversicherung zum 1. Juli
1996 zugunsten der Träger der freien Wohlfahrtspflege verschoben hat. Der mit der zweiten Stufe der Pflegeversicherung (auch)
verfolgte Zweck, möglichst viele Pflegebedürftige von der Sozialhilfe unabhängig zu machen, hat sich - wie der Antragsgegner
vorgetragen und die Antragsteller nicht bestritten haben - insbesondere auf die Einrichtungen der Altenhilfe ausgewirkt. Damit,
aber auch mit Rücksicht auf die Vorschriften des § 93 Abs. 7 BSHG, dessen erster Satz durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz
- PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1044) eingefügt und der durch das Gesetz vom 23. Juli 1996 um die Sätze 2 bis 4 ergänzt worden ist, ist ein erheblicher Teil der
von der Schiedsstelle zu entscheidenden Streitfälle nunmehr in das System der Pflegeversicherung überführt worden, das eine
eigene Schiedsstelle hat (§
76 SGB XI). Die nach den Regeln des Pflegeversicherungsrechts zu bestimmenden Pflegevergütungen (§§
82 - 92
SGB XI) sollen nach § 93 Abs. 7 BSHG grundsätzlich auch für die Menschen gelten, die in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des §
72 SGB XI leben, aber Leistungen der Pflegeversicherung nicht erhalten und deshalb auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sind.
Der Gesetzgeber will damit für zugelassene Pflegeeinrichtungen, d.h. für solche Pflegeeinrichtungen, die mit der Pflegekasse
einen Versorgungsvertrag geschlossen haben, nicht jedoch für stationäre Behinderteneinrichtungen (§
71 Abs.
4 SGB XI), die Einheit der Pflegsatzfestsetzung nach dem Verfahren des
SGB XI erhalten (vgl. Schellhorn, BSHG, 12. Aufl., § 93 Rdnr. 57). Nach dem Vortrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 16. Juni 1998, an dessen Richtigkeit der Senat nicht zweifelt,
zumal die Antragsteller dagegen Bedenken nicht vorgebracht haben, ergibt sich insoweit für die privatgewerblichen Einrichtungsträger
ein Anteil von weniger als 7 v.H. der Plätze, für die die Schiedsstelle im Streitfall nach § 94 zuständig ist.
2. Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, der Aufsichtsbehörde seien gesetzwidrig zu weitgehende Befugnisse verliehen worden,
die es ihr auch erlaubten, außerhalb des Rahmens einer Rechtsaufsicht tätig zu werden und auf die Zusammensetzung der Schiedsstelle
einzuwirken. Eine solche Befugnis enthält die Verordnung nicht.
a) Die Antragsteller nehmen - schon bezogen auf die ursprüngliche Fassung von § 1 der Verordnung - zu Unrecht an, die Errichtung
der Schiedsstelle bei dem Sozialministerium "als Aufsichtsbehörde" habe dieser Behörde auch fachaufsichtliche Befugnisse verliehen.
Das ist nicht der Fall (gewesen). Dem Ausdruck "Aufsichtsbehörde" kommt diese (umfassende) Bedeutung nicht ohne weiteres zu,
so daß bereits die ursprüngliche Fassung der Verordnung zwanglos als eine Umsetzung des ursprünglich in § 94 Abs. 4 a.F. BSHG und nunmehr in § 94 Abs. 4 (früher Abs. 5) BSHG n.F. enthaltenen Gebots zu verstehen gewesen ist, daß der Verordnungsgeber der zuständigen Landesbehörde die Rechtsaufsicht
einzuräumen hat. Nichts anderes hat der Verordnungsgeber getan.
Auch der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung, die die Gültigkeit der Geschäftsordnung der Schiedsstelle von der
Genehmigung der Aufsichtsbehörde abhängig macht, läßt sich etwas anderes nicht entnehmen. Die damit (allein) verbundene Befugnis,
eine vorbeugende Rechtsaufsicht ausüben zu können, hält sich im Rahmen des bundesgesetzlichen Ausgestaltungsauftrags. Entgegen
der Auffassung der Antragsteller kann nicht angenommen werden, der Bundesgesetzgeber habe die Schiedsstelle in einer Weise
eigenständig ("autark") ausgestaltet wissen wollen, daß diese Form der Rechtskontrolle unstatthaft wäre. Weder die Aufgaben
noch die Zusammensetzung der Schiedsstelle erfordern eine (Selbst-)Organisationsbefugnis, mit der eine vorbeugende Rechtskontrolle
unvereinbar wäre.
b) Mit der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung, wonach die Aufsichtsbehörde die Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle
bestätigt und sie den beteiligten Organisationen mitteilt, ist der Aufsichtsbehörde allerdings eine Befugnis verliehen worden,
die sich in der vom Antragsgegner als "Notarfunktion" bezeichneten (und rechtlich unbedenklichen) Entgegennahme und Weiterleitung
von Erklärungen, um "Unklarheiten bei Betroffenen über den Inhalt des einschlägigen Schriftverkehrs auszuschließen", nicht
erschöpft. Der weitergehende Sinn des Bestätigungsvorbehalts ist darin zu sehen, die Wirksamkeit der Bestellung von einem
Rechtsakt (der Bestätigung) abhängig zu machen, der zwei nicht streng voneinander zu scheidende Zwecke erfüllt. Die Bestätigung
durch die zuständige Landesbehörde läßt sich zum einen als der (eigentliche) Hoheitsakt zur (unmittelbaren) Begründung des
(Ehren-) Amtsverhältnisses verstehen, durch den sichergestellt wird, daß die Mitgliedschaft in der Schiedsstelle als einer
Landesbehörde, die befugt ist, Verwaltungsakte zu erlassen, also hoheitliche Gewalt auszuüben, in einer Legitimationskette
zur parlamentarischen Verantwortlichkeit steht. Damit ist die zweite Bedeutung des Bestätigungsvorbehalts verbunden, die in
seiner rechtsaufsichtlichen Funktion liegt. Durch die Notwendigkeit der Bestätigung kann im Wege vorbeugender Rechtsaufsicht
sichergestellt werden, daß eine dem Recht widersprechende Bestellung von Mitgliedern der Schiedsstelle unterbleibt. Da der
Bundesgesetzgeber ausdrücklich dazu ermächtigt und auch verpflichtet hat, eine Rechtsaufsicht über die Schiedsstellen zu organisieren,
kann nicht angenommen werden, er habe davon die Vorgänge zur Bestellung der Mitglieder der Schiedsstelle ausgenommen. Demgemäß
ist auch gegen die Legitimationsfunktion der Bestätigung, die (als solche) im übrigen eher symbolische als praktische Bedeutung
hat, nichts zu erinnern, zumal die Überlegung der Antragsteller, der Bundesgesetzgeber habe sie durch die Eigenständigkeit
der Schiedsstelle ausgeschlossen, schwerlich mit der Organisationshoheit der Länder nach Art.
30,
84 Abs.
1 GG zu vereinbaren wäre.
c) Soweit die Antragsteller rügen, § 2 Abs. 2 Satz 2 (jetzt Abs. 3 Satz 2) der Verordnung erlaube es der Aufsichtsbehörde,
Mitglieder zu bestellen, auch wenn ein Antrag aus dem Kreis der beteiligten Organisationen nicht gestellt sei, verkennen sie,
daß die Verordnung die (Ersetzungs-)Befugnis der Behörde nur "im Falle des § 94 Abs. 2 Satz 5 BSHG" gewährt und damit gerade von einem solchen Antrag abhängig macht.
Der Verordnungsgeber durfte ferner das Ausscheiden einzelner Mitglieder aus der Schiedsstelle in den Fällen des § 3 Abs. 1
der Verordnung von einer (antragsgebundenen) Abberufung durch die Aufsichtsbehörde abhängig machen. Daß diese die Abberufung
(als solche) selbst vornimmt, und das Ausscheiden eines Mitglieds aus der Schiedsstelle nicht bereits unmittelbar mit dem
Abberufungsverlangen der bestellende(n) Stelle(n) bzw. mit dem des Mitglieds selbst verbunden ist, dient (ebenfalls) dem Zweck,
die Funktionsfähigkeit der Schiedsstelle sicherzustellen. Auf diese Weise wird gewährleistet, daß dem Gebot des § 3 Satz 2
der Verordnung genügt wird, wonach eine Abberufung nur erfolgen darf, wenn zugleich ein neues Mitglied bestellt wird. Im übrigen
gelten für den Akt der Abberufung sinngemäß die gleichen Erwägungen wie für die Bestätigung.
d) Gegen die von § 3 Abs. 2 der Verordnung vorgesehene Befugnis der Aufsichtsbehörde, "aus anderen wichtigen Gründen" Mitglieder
der Schiedsstelle (auch ohne Antrag) abberufen zu können, greifen die Bedenken der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Auch
insoweit hat der Verordnungsgeber lediglich eine Befugnis zur Rechtsaufsicht und nicht die Möglichkeit eingeräumt, aus sonstigen
Gründen auf die Zusammensetzung der Schiedsstelle Einfluß zu nehmen. Da die Schiedsstelle öffentliche Aufgaben wahrnimmt und
deshalb als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X handelt, muß nicht nur die Bestellung ihrer Mitglieder einer Rechtskontrolle unterliegen, sondern auch die Möglichkeit bestehen,
zur Wiederherstellung rechtlicher Zustände einzelne Mitglieder abzuberufen, wenn andernfalls eine dem Recht entsprechende
Tätigkeit der Schiedsstelle nicht gesichert ist. Nur diesem Zweck dient § 3 Abs. 2 der Verordnung, der damit - wie etwa auch
die ähnlich gefaßte Vorschrift des § 86 VwVfG - für die ehrenamtlich tätigen Mitglieder der Schiedsstelle gewissermaßen an die Stelle des für die Beamten geltenden Disziplinarrechts
tritt, es aber beispielsweise auch zuläßt, ein Mitglied einer Schiedsstelle, das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in
der Lage ist, sein Ehrenamt auszuüben, auch dann abzuberufen, wenn weder das Mitglied noch die es entsendende Stelle es verlangt
(zu den Zwecken der Abberufung ehrenamtlich Tätiger nach § 86 VwVfG vgl. etwa Henneke in: Knack u.a., VwVfG, 5. Aufl., § 86 Rdnr. 22).
3. Die Tatsache, daß die Verordnung Vorschriften nicht enthält, die die Frage beantworten, wann ein Mitglied der Schiedsstelle
wegen einer Interessenkollision nicht mitwirken darf, verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Den Antragstellern
steht ein Anspruch auf entsprechende Ausgestaltung der Verordnung nicht zu, da es einen Anspruch von Normbetroffenen auf Erlaß
einer Rechtsverordnung mit bestimmtem Inhalt zumindest grundsätzlich - wie hier - nicht gibt (BVerwG, Urt. v. 1. August 1958
- VII A 35.57 -, BVerwGE 7, 188; Urt. v. 26. Januar 1962 - VII C 13.61 -, BVerwGE 13, 328; Beschluß v. 19. August 1971 - 1 WB 41.71 -, BVerwGE 43, 261, 262,). Das Bundesrecht enthält eine ausdrücklich Verpflichtung des Verordnungsgebers nicht, eigenständige Regelungen zur
Sicherstellung der Unparteilichkeit der Mitglieder der Schiedsstelle vorzusehen. Es kann auch nicht, wie die Antragsteller
der Sache nach meinen, als ein Gebot der Sachnotwendigkeit angesehen werden, diese Problematik in der Verordnung speziell
zu regeln. Eine nachhaltige Funktionsunfähigkeit der Schiedsstelle, die die Verordnung wegen innerer Widersprüchlichkeit rechtswidrig
erscheinen lassen müßte, wird dadurch nicht begründet. Der Verordnungsgeber hat zu Recht angenommen, daß die Schiedsstelle
als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X tätig wird, so daß sie jedenfalls im Grundsatz auch die Vorschriften über den gesetzlichen Ausschluß (§ 16 SGB X) und über die Befangenheit (§ 17 SGB X) ihrer Mitglieder zu beachten hat. Ob diese Regelungen mit Blick auf die bundesrechtlich festgelegte Struktur der Schiedsstelle
als einer aus Interessenvertretern gebildeten Einrichtung uneingeschränkt anwendbar sind oder aufgrund des Vorbehalts des
§
37 SGB I nur mit solchen Modifikationen angewandt werden können, die sich aus den bundesrechtlich bestimmten Aufgaben und der Zusammensetzung
der Behörde ergeben, braucht der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Insoweit geht es um Fragen der Anwendung
der gesetzlichen Vorschriften und nicht darum, ob die Verordnung höherrangigem Recht entspricht; der Verordnungsgeber mußte
die in diesem Zusammenhang im Einzelfall womöglich auftretenden Schwierigkeiten der Normanwendung nicht durch besondere Rechtssätze
ausschließen.
4. Schließlich greifen auch die Bedenken der Antragsteller gegen die in der Verordnung bestimmte Verfahrensweise, insbesondere
gegen die Befugnisse des vorsitzenden Mitglieds der Schiedsstelle nicht durch.
§ 94 Abs. 4 BSHG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung auch Regelungen über das Verfahren der Schiedsstelle zu treffen.
Damit ist auch die Ermächtigung verbunden, nähere Einzelheiten über die Entscheidungsfindung der Schiedsstelle sowie über
verfahrensbezogene Befugnisse des vorsitzenden Mitglieds der Schiedsstelle festzulegen. Entgegen der nicht näher begründeten
Auffassung der Antragsteller läßt sich dem Bundesrecht nicht entnehmen, daß die Schiedsstelle alle (auch rein verfahrensbezogenen)
Entscheidungen stets (nur) "in voller Besetzung" treffen müßte, wie die Antragsteller meinen.
§ 94 Abs. 3 BSHG legt zwar in Anlehnung an den Wortlaut des § 18 a Abs. 3 KHG und an die im wesentlichen gleichlautende Vorschrift des Entwurfs zu §
85 (jetzt §
76 Abs.
3)
SGB XI fest, daß jedes Mitglied der Schiedsstelle "eine Stimme" hat (Satz 2). Es ordnet damit aber nicht an, daß nur mit der Billigung
eines jeden Mitglieds entschieden werden darf, und bestimmt auch nicht, daß eine Entscheidung in Abwesenheit einzelner Mitglieder
nicht erlaubt ist. Auch mit Blick auf den von der Schiedsstelle zu leistenden Ausgleich unterschiedlicher Interessen und den
kollegialen Aufbau dieser Behörde kann nicht davon gesprochen werden - und auch die Antragsteller behaupten dies nicht ausdrücklich
-, daß die Schiedsstelle stets nur im Konsens aller Mitglieder handeln darf. § 94 Abs. 3 Satz 3 BSHG bestimmt ausdrücklich, daß "die Entscheidungen" der Schiedsstelle mit der (gesetzlichen) Mehrheit der Mitglieder getroffen
werden, wobei die Stimme des vorsitzenden Mitglieds den Ausschlag gibt, wenn sich eine Mehrheit der Stimmen nicht ergibt.
Hätte der Bundesgesetzgeber es trotz seiner Festlegung auf das Mehrheitsprinzip gewollt, daß eine "Entscheidung" der Schiedsstelle
nur ergehen darf, wenn alle Mitglieder an der Entscheidungsfindung teilgenommen haben (Vollzähligkeitsthese), hätte er diese
(auf das Konsensprinzip gemünzte) Festlegung ausdrücklich normiert. Den Gesetzesmaterialien läßt sich indessen entnehmen,
daß der Bundesgesetzgeber eine umfassende Regelung des Verfahrens nicht treffen, sondern sich wegen der vorgesehenen Verordnungsermächtigung
der Landesregierungen "auf einige Grundregelungen" beschränken wollte (Reg. Begr., BT-Drs. 12/5510 = BR-Drs. 503/93). Auch
die Aufgabe der Schiedsstelle, die im Interesse aller Beteiligten auf eine "unverzügliche" Entscheidung ausgerichtet ist (§
93 Abs. 3 BSHG), spricht gegen die von den Antragstellern angenommene (Vollzähligkeits-)These, daß alle Entscheidungen gleich welcher Art
nur durch die Schiedsstelle als Spruchkörper getroffen werden dürften. Dies würde die Funktionsfähigkeit der Schiedsstelle
einschränken sowie den Verfahrensgang und damit auch eine "unverzügliche" Entscheidung der Schiedsstelle ohne sachliche Notwendigkeit
erschweren. Deshalb muß ferner angenommen werden, daß eine Entscheidung der Schiedsstelle auch dann ergehen darf, wenn - wie
§ 7 Abs. 1 der Verordnung es vorsieht - die Beschlußfähigkeit der Schiedsstelle dadurch gewahrt ist, daß neben dem vorsitzenden
Mitglied zwei Mitglieder nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung und zwei Mitglieder nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Verordnung,
mithin mehr als die Hälfte der bestimmungsgemäß vorgesehenen Mitglieder und zwar von jeder "Seite" anwesend sind.
Aus den dargelegten Gründen beziehen sich die bundesrechtlichen Vorgaben zur Entscheidungsfindung im übrigen lediglich auf
die (Sach-)Entscheidungen und nicht auch auf die sonstigen Tätigkeiten der Schiedsstelle, die für die Vorbereitung oder die
Umsetzung der (Sach-) Entscheidungen der Schiedsstelle erforderlich sind. Sie lassen damit dem Verordnungsgeber bewußt Raum
für weitere Regelungen zur Gestaltung des Verfahrens, wie sie § 5 der Verordnung vorsieht. Nach dieser Vorschrift trifft das
vorsitzende Mitglied der Schiedsstelle, soweit nichts anderes bestimmt ist, "Entscheidungen außerhalb der Sitzung". Entgegen
der Auffassung der Antragsteller muß es nicht einer Geschäftsordnung der Schiedsstelle vorbehalten bleiben, ob und gegebenenfalls
inwieweit sie einzelnen Mitgliedern, namentlich dem/der Vorsitzenden besondere Befugnisse verleiht, zumal der Bundesgesetzgeber
eine von der Schiedsstelle zu beschließende Geschäftsordnung nicht vorgeschrieben hat. Auch sind dem vorsitzenden Mitglied
der Schiedsstelle durch § 5 der Verordnung Entscheidungsrechte nicht verliehen, die es ihm erlauben würden, die von § 94 Abs. 2 BSHG gemeinten Sachentscheidungen anstelle der Schiedsstelle zu treffen. § 5 der Verordnung ist nicht in dem von den Antragstellern angeführten Sinne auszulegen, sondern gewährt lediglich auf das Verfahren
der Schiedsstelle bezogene Befugnisse zur Vorbereitung und zur Umsetzung der (Sach-) Entscheidungen der Schiedsstelle. Dies
ergibt sich nicht nur aus der Überschrift dieser Vorschrift ("Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung"), sondern wird,
im Sinne einer anderweitigen gesetzlichen Bestimmung, insbesondere auch durch die nachfolgenden Vorschriften der Verordnung
festgelegt, wonach die Schiedsstelle (und nicht auch der Vorsitzende allein) auf Grund nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung
(§ 6) in einem im übrigen von § 7 der Verordnung näher geregelten Verfahren entscheidet.
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind daher mit der Kostenfolge aus §§
154 Abs.
1,
188 Satz 2
VwGO abzulehnen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §
167 VwGO (analog) i.V.m. §
708 Nr.
11 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§
132 Abs.
2 VwGO) liegen nicht vor. Die Entscheidung betrifft insbesondere nicht klärungsbedürftige Fragen im Sinne des §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO.