Sozialhilferecht: Berücksichtigung von Krankengeld bei Bemessung der Bedürftigkeit
Gründe:
I.
Der Kläger wendete sich dagegen, dass der Beklagte von ihm den Einsatz des von ihm bezogenen Krankengeldes für die Aufbringung
der für die Heimunterbringung erforderlichen Mittel verlangte. Klage und Antrag auf Zulassung der Berufung hatten keinen Erfolg.
II.
Das angefochtene Urteil des VG begegnet keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln.
Nach § 85 Nr. 3 S. 2 BSHG in der bis zum 31.7.1996 geltenden Fassung soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel auch aus Einkommen unter
der Einkommensgrenze (hier des § 81 Abs. 1 BSHG) verlangt werden von Personen, die - wie der Kläger - auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Anstalt, einem
Heim oder einer gleichartigen Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen Anderen überwiegend unterhalten. Die Anwendbarkeit
dieser Vorschrift stellt das Zulassungsvorbringen nicht in Frage. Der Kläger ist lediglich der Auffassung, der Beklagte dürfe
die Aufbringung der Mittel aus dem ihm - dem Kläger - bewilligten Krankengeld nicht verlangen. Insoweit sei das Krankengeld
ebenso zu behandeln wie das zuvor verdiente geringe Arbeitseinkommen bzw. die Lohnfortzahlung, deren Einsatz der Beklagte
nicht verlangt habe. Das Krankengeld solle gewährleisten, dass der Berufstätige auch während einer Erkrankung seinen Lebensunterhalt
sicherstellen könne. Es stelle sich damit als Fortsetzung der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers dar. Dem folgt der Senat nicht.
Das Krankengeld ist kein Erwerbseinkommen, sondern wie das Übergangsgeld (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 19.12. 1995 - 5 C 27.93 -, FEVS 46, 309) eine Sozialleistung aufgrund von öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Als solches ist es nicht eine Fortsetzung
der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers oder des Arbeitsentgeltes. Das Krankengeld hat zwar eine Lohnersatzfunktion, ihm kommt
aber als Sozialleistung kein wirtschaftlicher Entgeltcharakter zu (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.9.1998 - 7 S 913/98 -, FEVS 49, 414). Die Erhaltung des Arbeitswillens als Grund dafür, teilweise oder - wie im Falle des Klägers - auch ganz
auf einen Kostenbeitrag aus Erwerbseinkommen zu verzichten, spielt deshalb hier keine Rolle. Der Wille zur Gesundung und damit
zur Wiederaufnahme der Arbeit dürfte sogar eher gestärkt werden, wenn für den Hilfeempfänger sichtbar wird, dass es sich für
ihn lohnt zu arbeiten und nicht nur von Sozialleistungen zu leben.
Wird der Lebensunterhalt eines Hilfeempfängers - wie hier - nicht durch eigenes Erwerbseinkommen, sondern durch Leistungen
des Sozialhilfeträgers sichergestellt, ist es angemessen, den Einsatz der Sozialleistung Krankengeld als Kostenbeitrag zu
verlangen.
Auch soweit der Kläger meint, es sei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass er keine Veranlassung gehabt
habe davon auszugehen, ihm stehe das Krankengeld nicht zu und dieses werde von ihm zurückgefordert werden, verkennt er, dass
es vorliegend nicht um eine nach §§ 45 ff, 50 SGB X zu beurteilende Rückforderung geht, sondern um die Forderung eines Kostenbeitrages. Insoweit sieht das Gesetz einen Vertrauensschutz
nicht vor (vgl. auch den dem Urteil des BVerwG vom 19.12.1995, a.a.O., zugrundeliegenden Sachverhalt).