Sozialhilferecht: Keine Tragung rückständiger Energiekosten
Gründe:
I.
Das VG wies die Klage der Klägerin mit dem sinngemäßen Antrag, den Beklagten zu verpflichten, ihr die Differenz zwischen der
bisher in Höhe von 140,- DM zwei-monatlich zu zahlenden Stromkostenabschlagszahlung und der ab dem 15.8.1997 in Höhe von 292,-
DM zwei-monatlich zu zahlenden Stromkostenabschlagszahlung zu gewähren und ihr 456,- DM zur Abdeckung eines Stromkostenrückstandes
als Zuschuss zu gewähren, durch den angefochtenen Gerichtsbescheid ab.
Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.
II.
Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) liegen nicht vor.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 der RegelsatzVO vom 20.7.1962 - BGBl. I S. 515 - in der hier maßgeblichen Fassung, die die Verordnung durch die Änderungsverordnung vom 7.10. 1991 - BGBl. I S. 1971 - erhalten hat, sind die Aufwendungen für Haushaltsenergie Bestandteil des im Regelsatz zusammengefassten Monatsbedarfs (OVG
NRW, Urteil vom 28.4.1999 - 24 A 4785/97 -, FEVS 51, 89; BVerwG, Beschluss vom 14.1.1998 - 6 B 92.97 -). Der Monatsbedarf eines Hilfeempfängers ist nach dem so genannten Statistikmodell ermittelt worden. Dieses geht von der
Annahme aus, dass die statistisch ermittelten Lebens- und Verbrauchsgewohnheiten von Alleinstehenden und Mehrpersonenhaushalten
in unteren Einkommensgruppen eine die notwendigen Bedürfnisse deckende, der Würde des Menschen entsprechende Lebensführung
gewährleisten. Ansatz des Statistikmodells ist im Gegensatz zum früheren so genannten Warenkorbmodell nicht ein idealtypisch
zusammengesetztes Bedarfsmengenschema, das sich an einem konkreten Bedarf orientiert und Verbrauchsarten und -mengen für verschiedene
Teilbereiche des notwendigen Lebensunterhalts festsetzt. Nach dem Statistikmodell werden vielmehr Durchschnittswerte ungeachtet
der realen Lebensgestaltung für ausreichend angesehen, um auf diese Weise eine der Entwicklung der Einkommen und des Verbrauchsverhaltens
unterer Einkommensgruppen angepasste Entwicklung der Regelsätze sicherzustellen. Ausgangspunkt für die Bemessung der Regelsätze
ist nicht mehr ein konkreter Bedarf selbst, sondern das Konsumverhalten bestimmter Einkommensgruppen, aus dem auf die Bemessung
des laufenden notwendigen Lebensunterhalts geschlossen wird. Das Statistikmodell beruht auf einer Vielzahl aussagekräftiger
statistischer Erhebungen. Es wurden im großen Rahmen alle Einnahmen und Ausgaben der ausgewählten privaten Haushalte erhoben.
Um die Energie- und insbesondere Stromnachfrage von Haushalten zu ermitteln, wurden ca. 70.000 Haushalte befragt (vgl. zu
allem OVG NRW, Urteile vom 22.9.1995 - 24 A 3493/92, 24 A 1824/93, 24 A 440/93 und 24 A 1416/93 - sowie BVerwG, Urteile vom 5.12.1996 - 5 C 51.95 -, BVerwGE 102, 274 und - 5 C 49.95 -, ZfS 1997, 338).
Von daher ist es grundsätzlich nicht möglich, einem im Einzelfall wegen des Verbrauchsverhaltens des Hilfe Suchenden erhöhten
Bedarf etwa - wie vorliegend - an Haushaltsenergie durch eine Erhöhung der Regelsätze oder gar durch Einzelbewilligungen Rechnung
zu tragen. Ob der Hilfeempfänger viel oder wenig Energie verbraucht, obliegt seiner freien Entscheidung. Der Regelsatz steht
ihm insgesamt zur Befriedigung seiner notwendigen Bedürfnisse zur Verfügung. Ob er Ausgaben an einer Stelle stark einschränkt
zu Gunsten höherer Ausgaben für andere Bedürfnisse, kann er selbst bestimmen. Eine Erhöhung des Regelsatzes kommt nach § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG nur dann in Betracht, wenn eine abweichende Regelung durch die Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Davon kann jedoch
hinsichtlich des Energieverbrauchs nur ausgegangen werden, wenn Umstände vorliegen, die einen besonders hohen Energieverbrauch
zwingend notwendig machen. Daran fehlt es hier.
Der Energieverbrauch der Klägerin erreicht bereits nicht ein außerordentliches Maß. Im Zuge der Ermittlungen für die neue
Bemessung der Regelsätze nach dem Statistikmodell wurde für eine dreiköpfige Familie ein Verbrauch von 4.416 Kilowattstunden
im Jahr festgestellt (vgl. Schellhorn, Neues Bedarfsbemessungssystem für die Regelsätze der Sozialhilfe: Ableitung der Regelsätze
für sonstige Haushaltsangehörige, NDV 1989, 157). Daran gemessen weicht der aus den Akten ersichtliche Verbrauch der fünfköpfigen Familie der Klägerin von August 1996 bis
Juni 1997, der Anlass für die Erhöhung der Pauschale war, mit 5.980 Kilowattstunden von dem der Regelsatzbemessung zugrunde
liegenden Verbrauchswert nicht wesentlich ab. Die starke Erhöhung der Abschläge hat vielmehr ihre Ursache in der erheblich
zu niedrigen Abschlagszahlung für das erste Jahr. Darüber hinaus beruhte der Stromverbrauch der Klägerin nach ihren eigenen
Angaben weitgehend darauf, dass sie das Wohnzimmer ständig mit insgesamt 900 Watt ausgeleuchtet hat. Eine Notwendigkeit dafür
ist auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Dachgeschosswohnung durch Tageslicht nur unzureichend ausgeleuchtet war,
nicht zu erkennen. Wenn die Klägerin sich zum Beispiel nicht mit einer einzelnen Lampe begnügte, um zu lesen, war das ihre
freie Entscheidung. Aus ihrer Sicht erforderliche zusätzliche Mittel für die Herstellung "normaler Helligkeitsverhältnisse"
hätte die Klägerin dann an anderer Stelle einsparen müssen.
Hiervon ausgehend war der Beklagte weder verpflichtet, die Regelsatzleistungen wegen erhöhten Energieverbrauchs zu erhöhen,
noch war er verpflichtet, den zur Abdeckung des Stromkostenrückstandes erforderlichen Betrag als Zuschuss zu gewähren. Es
ist ermessensfehlerfrei, wenn in einem derartigen Fall die Behörde ihr Ermessen dahin ausübt, dass sie den zur Aufrechterhaltung
der Stromversorgung erforderlichen Betrag lediglich als Darlehen gewährt.