Sozialhilferecht. Übernahme von Bestattungskosten
Tatbestand:
Nach dem Tod ihres Vaters, der ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen hatte, gab die Klägerin die Bestattung in Auftrag.
Neben ihr lebten als Angehörige des Verstorbenen nur noch dessen Halbbruder, ihre beiden Kinder, ihr Enkelkind und ihre Halbschwester.
Außer dieser Tochter des Verstorbenen, die zu diesem und zu seiner Familie keinen Kontakt hatte und bei der Beklagten im Sozialhilfebezug
stand, schlugen alle Genannten wegen Überschuldung des Nachlasses die Erbschaft aus. Das beauftragte Bestattungsinstitut stellte
der Klägerin 3.846,-- DM (einschließlich Friedhofsgebühren) in Rechnung. Die Klägerin, deren monatliches Nettoeinkommen ca.
850,-- DM betrug, beantragte bei der Beklagten die Erstattung dieser Kosten aus Sozialhilfemitteln. Die Beklagte lehnte den
Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht "Verpflichtete" i.S.d. § 15 BSHG. Der auf Verpflichtung zur Kostenübernahme gerichteten Klage gab das VG statt. Die Berufung der Beklagten hiergegen blieb
erfolglos.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 3.821,- DM gegen die
Beklagte.
Dieser Anspruch ergibt sich aus § 15 BSHG. Danach sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden
kann, die Kosten zu tragen.
"Verpflichteter" und damit anspruchsberechtigt nach dieser Norm kann nur derjenige sein, der verpflichtet ist, die Bestattungskosten
zu tragen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.8.1966 - 5 C 162.65 -, FEVS 14, 92 = BVerwGE 25, 23, Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13.96 -, FEVS 48,1 = BVerwGE 105, 51; OVG NRW, Urteil vom 30. 10.1997 - 8 A 3515/95 -, FEVS 48, 446; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.3.1992 - 6 S 1736/90 -, FEVS 42, 380; Bay. VGH, Urteil vom 21.6.1993 - 12 B 91.2999 -, Bay VBl 1994, 49; differenzierend: OVG NRW, Urteil vom 11.8.1998 - 24 A 3134/95 -.
Das ergibt sich aus der Intention des Gesetzes, den "Verpflichteten" von unzumutbaren Kosten freizustellen. Dies hat nur Sinn,
wenn der Verpflichtete zur Tragung der Kosten (und nicht nur zur Bestattung) verpflichtet ist. Auch der Wortlaut der Norm
spricht für diese Auslegung. Wie sich aus dem Wort "hierzu" ergibt, bezieht sich der Begriff des "Verpflichteten" auf den
ersten Halbsatz des § 15 BSHG. "Verpflichteter" ist also derjenige, der verpflichtet ist, die "erforderlichen Kosten einer Bestattung ... zu übernehmen".
Unmittelbar aufgrund Gesetzes zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet sind grundsätzlich der Erbe (§
1968 BGB) und - wenn vom Erben die Bezahlung nicht zu erlangen ist - in der Regel der Unterhaltsverpflichtete (§ 1615 Abs. 2 i.V.m.
§§
1601,
1360,
1360 a Abs.
3,
1361 Abs.
4 BGB).
Verpflichteter im Sinne von § 15 BSHG ist aber auch der, der aufgrund eines Rechtsgeschäftes - i.d.R. aufgrund eines Werkvertrages mit einem Bestattungsunternehmer
- zur Zahlung der Bestattungskosten verpflichtet ist, wenn er dieses Rechtsgeschäft nicht aus freien Stücken eingegangen ist,
sondern um eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht zu erfüllen, und wenn er nicht von einem anderen Kostenersatz aus
Gesamtschuldnerausgleich nach §
426 Abs.
2 BGB, aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§
683,
679,
670 BGB oder aus Gesetz verlangen kann. Denn ihn trifft wie den Erben oder Unterhaltspflichtigen die privatrechtliche Kostentragungspflicht
endgültig und ihm kann auch nicht entgegengehalten werden, dass er diese Rechtspflicht freiwillig auf sich genommen habe,
ohne dazu rechtlich verpflichtet gewesen zu sein.
Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. 3.1992 - 6 S 1736/90 - a.a.O.; zustimmend: Paul, Bestattungskosten im Sozialhilferecht, ZfF 1996, 222; Kunz in Oestreicher/Schelter/Kunz/Decker, BSHG, Stand: Oktober 1999, Rdnr. 4 zu § 15 BSHG; Mergler in Mergler/Zink, BSHG, Stand: August 1999, Rdnr. 11b zu § 15 BSHG; Fichtner (Hrsg.), BSHG 1999, Rdnr. 2 zu § 15 BSHG; Birk in: Lehr- und Praxiskommentar - BSHG (LPK-BSHG), 5. Aufl. 1998, Rdnr. 2 zu § 15 BSHG; Schellhorn/ Jirasek/Seipp, BSHG 15. Aufl. 1997, Rdnr. 5 zu § 15 BSHG.
Hiervon ausgehend ist die Klägerin Verpflichtete im Sinne von § 15 BSHG und damit anspruchsberechtigt.
Ihre Kostentragungspflicht ergibt sich allerdings nicht aus §
1968 BGB, da sie die Erbschaft ausgeschlagen hat und damit nicht Erbin geworden ist. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin nach §§
1601,
1615 Abs.
2 BGB bestattungskostenpflichtig im Sinne des § 15 BSHG ist, obwohl sie tatsächlich gemäß §
1603 Abs.
1 BGB wegen fehlender Leistungsfähigkeit nicht unterhaltsverpflichtet war. Denn jedenfalls ist die Klägerin verpflichtet, die Bestattungskosten
zu tragen, weil sie in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Bestattungsunternehmer
bzw. der Beklagten eingegangen ist und von Dritten keinen Ersatz ihrer Aufwendungen erlangen kann.
Als Tochter war die Klägerin nach § 2 Abs. 1 LeichWV NW verpflichtet, ihren Vater zu bestatten. Es war nicht erforderlich,
dass diese Pflicht durch einen an sie gerichteten Verwaltungsakt der Ordnungsbehörde konkretisiert wurde. Denn die Bestattungspflicht
besteht unmittelbar aufgrund des Gesetzes. Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie dieser Pflicht voreilig
nachgekommen sei und dadurch ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Behörde gesetzt habe. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen,
dass eine Bestattung kurzfristig in die Wege geleitet werden muss und ein Abwarten, ob und gegen wen die Ordnungsbehörde im
Wege einer Ordnungsverfügung vorgeht, nicht tunlich ist. Zum anderen besteht im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkt für
den Verdacht, dass die Klägerin gezielt anstelle leistungsfähigerer Angehöriger die Bestattung veranlasst haben könnte, um
eine Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger zu erreichen. Die Klägerin war neben ihrer Halbschwester
die nächste Angehörige des Verstorbenen. Ihr war der Aufenthaltsort ihrer Halbschwester, die zudem ebenfalls nicht leistungsfähig
war, nicht bekannt. Zu dem Halbbruder ihres Vaters hatte sie selbst wie auch ihr Vater seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr.
Es lag deshalb auf der Hand, dass gerade die Klägerin für die Bestattung ihres Vaters Sorge trug. In dem Fall, dass Angehörige
in kollusivem Zusammenwirken gezielt den am wenigsten Leistungsfähigen dazu bestimmen sollten, die Bestattung in Auftrag zu
geben und anschließend mit dem Sozialhilfeträger abzurechnen, wäre ein Anspruch aus § 15 BSHG nicht gegeben, wenn die übrigen Angehörigen leistungsfähig wären. Denn derjenige, der im Auftrag der übrigen Bestattungspflichtigen
die Bestattung veranlasst hat, hätte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen diese und insoweit keinen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger.
In Erfüllung der danach bestehenden Bestattungspflicht hat die Klägerin mit dem Bestattungsunternehmer einen Werkvertrag abgeschlossen,
aufgrund dessen sie eine Vergütung in Höhe von 1.827,- DM zu zahlen hatte; zugleich hat sie die Bestattung auf dem städtischen
Friedhof veranlasst und damit die Verpflichtung auf sich genommen, Friedhofsgebühren von 1.994,- DM zu zahlen.
Die Klägerin kann von Dritten keinen Ersatz ihrer Aufwendungen erlangen.
Sie hat zwar gegen ihre Halbschwester, die - wenn sie die Erbschaft nicht ausgeschlagen hat - Erbin des Vaters geworden sein
dürfte, einen Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten aus §
1968 BGB. Dieser Anspruch war zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides jedoch wirtschaftlich wertlos. Aus dem Nachlass
selbst waren die Kosten nicht zu erlangen. Die Halbschwester bezog von der Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt, so dass auch
von ihr selbst eine Erstattung der Aufwendungen nicht zu erlangen war. Abgesehen davon hätte die Erbin die Möglichkeit gehabt,
nach §§
1975 ff.
BGB ihre Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten, zu denen auch der Anspruch aus §
1968 BGB gehört, auf den Nachlass zu beschränken. Allerdings hätte die Halbschwester, wenn sie von der Klägerin in Anspruch genommen
worden wäre, ihrerseits einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 15 BSHG auf Übernahme der Bestattungskosten gehabt. Es wäre jedoch widersinnig, wenn sich die Klägerin darauf verweisen lassen müsste,
zunächst ihre Halbschwester in Anspruch zu nehmen, damit diese dann von der Beklagten die Übernahme der geltend gemachten
Kosten verlangen könnte. Abgesehen davon, dass dies eine umständliche und auch im Interesse der Allgemeinheit nicht gebotene
Verfahrensweise wäre, wäre die Klägerin auf die Mitwirkung der Erbin angewiesen. Würde diese Mitwirkung verweigert und kein
Antrag an die Behörde gestellt, hätte die Klägerin keine Möglichkeit, ihre Aufwendungen erstattet zu bekommen.
Ein Erstattungsanspruch aus §§
1601,
1615 Abs.
2 BGB gegen Unterhaltspflichtige besteht nicht. Als Unterhaltspflichtige kommen neben der Halbschwester nur die Töchter und der
Enkel der Klägerin in Betracht. Alle diese Personen waren nicht leistungsfähig und deshalb nach §
1603 Abs.
1 BGB nicht unterhaltspflichtig.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Halbbruder ihres Vaters. Ein solcher Anspruch könnte
sich allenfalls aus §§
683,
679,
670 BGB aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. ... Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des §
683 BGB nicht vor. (wird ausgeführt)
Der Klägerin konnte es auch nicht zugemutet werden, die Bestattungskosten selbst zu tragen.
Die Entscheidung, inwieweit einem Verpflichteten die Tragung der Kosten für die Bestattung des Verstorbenen zugemutet werden
kann, ist eine Billigkeitsentscheidung, die der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Es handelt sich bei
dem Begriff der Zumutbarkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zugemutet
werden kann, ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts, da besondere Kriterien in der anzuwendenden
Vorschrift des § 15 BSHG nicht normiert sind. Zu diesen allgemeinen Grundsätzen zählt die Regelung des § 3 Abs. 1 BSHG. Danach richtet sich das Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalls, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers,
der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Ferner bestimmt sich die Zumutbarkeit nach dem Nachrangprinzip des
§ 2 Abs. 1 BSHG. Nach dieser Vorschrift erhält Sozialhilfeleistungen nicht, wer sich selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe von
anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Schließlich ist für die Auslegung des
in § 15 BSHG verwendeten Begriffs der Zumutbarkeit die in § 1 Abs. 2 BSHG normierte allgemeine Aufgabe der Sozialhilfe maßgeblich, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen,
das der Würde des Menschen entspricht; die Hilfe soll jeden so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; hierbei
muss er nach seinen Kräften mitwirken.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.10.1997 a.a.O.
Insbesondere unter Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 BSHG ist demjenigen, der Ansprüche nach § 15 BSHG geltend macht, zunächst zuzumuten, zur Begleichung der Bestattungskosten vorrangig alle Mittel einzusetzen, die ihm durch
den Tod der bestatteten Person zugeflossen sind und auch alle etwaigen Aufwendungsersatzansprüche nach Möglichkeit zu realisieren.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.10.1997 a.a.O.
Der Klägerin sind nach ihren Angaben durch den Tod ihres Vaters keine Mittel, insbesondere keine Sterbegelder, zugeflossen,
die zur Deckung der Bestattungskosten verwandt werden könnten. Sie hat - wie oben bereits dargelegt wurde - auch keine realisierbaren
Aufwendungsersatzansprüche gegen Dritte.
Der Klägerin ist es nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Bestattungskosten zu tragen.
Insbesondere ist es ihr nicht zuzumuten, die Bestattungskosten (jedenfalls teilweise) aus ihrem Erwerbseinkommen von netto
durchschnittlich 850,- DM im Monat zu bestreiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ihr dieses Einkommen nicht gänzlich zur
freien Verfügung steht. Vielmehr muss sie mit diesem Einkommen (ggf. abzüglich eines "Taschengeldes") zum Familienunterhalt
beitragen.
Vgl. Wacke in: Münchener Kommentar zum
BGB, 3. Aufl. 1993, Rdnr. 7, 8 zu §
1360 BGB
Würde sie ihren Unterhaltsbeitrag nicht leisten, ginge dies zu Lasten ihres Ehegatten, der dann im Ergebnis indirekt für die
Kosten der Bestattung seines Schwiegervaters aufzukommen hätte. Der Klägerin muss deshalb soviel verbleiben, dass wenigstens
ihr eigener notwendiger Lebensunterhalt im sozialhilferechtlichen Sinne gedeckt ist. Der notwendige Bedarf der Klägerin belief
sich unter Berücksichtigung des Regelsatzes für einen erwachsenen Haushaltsangehörigen von seinerzeit 421,- DM und der anteiligen
Unterkunftskosten von 347,- DM auf mindestens 768,- DM. Außerdem ist noch zu berücksichtigen, dass für einmalige Aufwendungen
(vgl. § 21 Abs. 1a BSHG) weitere Mittel benötigt wurden. Das Einkommen von durchschnittlich etwa 850,- DM im Monat reichte - selbst wenn man es ohne
jegliche Abzüge voll berücksichtigte - demnach allenfalls aus, um gerade den notwendigen Lebensbedarf der Klägerin selbst
zu decken.
Der Klägerin war auch nicht zuzumuten, aus dem ihr zustehenden "Taschengeld" die Bestattungskosten zu tragen. Allerdings steht
auch dem hinzuverdienenden Ehegatten in der Regel ein Taschengeld zur Befriedigung seiner persönlichen Interessen zu, das
in der Rechtsprechung üblicherweise mit einer Quote von 5% bis 7% des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens berechnet wird.
Der Taschengeldanspruch scheidet aus, wenn das Familieneinkommen nur zur Deckung des notwendigen Bedarfs der Familienmitglieder
ausreicht.
Vgl. BGH, Urteil vom 21.1.1998 - XII ZR 140/96 -, NJW 1998, 1553, 1554.
Ob letzteres der Fall ist, kann hier dahinstehen. Nach den Angaben der Klägerin hatte ihre Familie ein monatliches Nettoeinkommen
von (4.500,- DM + 850,- DM =) 5.350,- DM. Es bestanden Schuldverpflichtungen von monatlich 1.448,- DM. Der Familie stand danach
ein Einkommen von etwa 3.900,- DM zur Verfügung. Die Klägerin hatte demnach einen Taschengeldanspruch von etwa 195 DM bis
273 DM monatlich. Ihr war nicht zuzumuten, von diesem Betrag, der allenfalls gut die Hälfte des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand
ausmacht, die Bestattungskosten auch nur teilweise zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Taschengeld jedenfalls
teilweise auch einem Bedarf dient, der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG ("persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens") zum notwendigen Lebensunterhalt gehört, der keinesfalls angetastet werden
darf.
Die Klägerin hat auch keinen unterhaltsrechtlichen Anspruch gegen ihren Ehemann darauf, dass dieser ihr die für die Bestattung
notwendigen Mittel zuwendet. Nach §
1360 Satz 1
BGB sind Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Der
angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten
des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten
Kinder zu befriedigen (§
1360 a Abs.
1 BGB). Hingegen umfasst der angemessene Unterhalt nicht Mittel für den Unterhalt bedürftiger Verwandter des Ehegatten; auf diese
erstreckt sich die Unterhaltspflicht nicht. Ebenso wenig umfasst der Familienunterhalt Kosten im Zusammenhang mit Bestattung
und Grabpflege von Verwandten des Ehegatten.
Vgl. Wacke a.a.O., Rdnr. 7 zu §
1360 a BGB; Hübner in: Staudinger, Kommentar zum
BGB, 12. Aufl. 1993, Rdnr. 16 zu §
1360 a BGB.
Zivilrechtlich ist danach der Ehemann der Klägerin nicht verpflichtet, ihr Mittel zur Deckung der Bestattungskosten zur Verfügung
zu stellen.
Auch unter Würdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Familie ist es der Klägerin nicht zuzumuten, die Bestattungskosten
zu tragen.
In Bezug auf den Anspruch aus § 15 BSHG bilden die Klägerin, ihr Ehemann und ihre seinerzeit noch minderjährige Tochter keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von §
11 Abs. 1 Satz 2 BSHG, innerhalb derer das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen wäre. Denn § 15 BSHG stellt allein darauf ab, ob es dem Verpflichteten selbst, nicht etwa dem Verpflichteten und seinem Ehegatten zumutbar ist,
die Bestattungskosten zu tragen. Auf § 11 BSHG wird nicht Bezug genommen. Auch die Systematik des Gesetzes erlaubt keine Anwendung des § 11 BSHG auf den Anspruch aus § 15 BSHG. Dieser Anspruch ist zwar im Abschnitt 2. (Hilfe zum Lebensunterhalt) des Gesetzes geregelt, er ist jedoch seiner Art nach
ein besonderer Anspruch, der mit der herkömmlichen Hilfe zum Lebensunterhalt nicht gleichgesetzt werden kann. Eine Hilfe nach
§ 15 BSHG dient nicht der Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Hilfeempfängers, sondern soll einen besonderen Bedarf abdecken,
der ausschließlich den "Verpflichteten", nicht auch seine Familienangehörigen betrifft.
Eine andere Frage ist, ob aufgrund der jeweiligen Umstände nach dem Einkommen und Vermögen des Ehegatten eine Übernahme der
Bestattungskosten durch ihn erwartet und dem nach § 15 BSHG Verpflichteten zugemutet werden kann, von dieser Erwartung Gebrauch zu machen. Dieser Frage nachzugehen erübrigt sich vorliegend
jedoch, da die Umstände des Falles hierzu keine Veranlassung geben.
Auch wenn die Klägerin im Jahre 1992 - entgegen ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung - von ihrem Vater schenkungsweise
einen Betrag von 20.000,- DM erhalten und für die Familie verbraucht haben sollte, wäre eine finanzielle Beteiligung des Ehemanns
der Klägerin an den Bestattungskosten jedenfalls nur dann zuzumuten, wenn der Familie unter Berücksichtigung des nach § 76 Abs. 2 und 2 a BSHG bereinigten Einkommens und der laufenden Belastungen ein Betrag verbliebe, der deutlich über dem nach sozialhilferechtlichen
Gesichtspunkten notwendigen Lebensunterhalt läge.
Dies ist hier nicht der Fall. Unter Berücksichtigung der Regelsätze für den Haushaltsvorstand von 526,- DM, für einen erwachsenen
Haushaltsangehörigen von 421,- DM und für die seinerzeit 12jährige Tochter von 342,- DM und unter Berücksichtigung der Unterkunftskosten
von 1.041,- DM und der Fehlbelegerabgabe von 100,- DM ergibt sich ein laufender Bedarf von mindestens 2.430,- DM im Monat.
Hinzu kommen notwendige einmalige Aufwendungen, die bei einer dreiköpfigen, nicht selbst sozialhilfebedürftigen Familie mit
mindestens 300,- DM im Monat angesetzt werden können, so dass der Gesamtbedarf mit monatlich ca. 2.730,- DM in Ansatz zu bringen
ist.
Dem steht im Monat ein Einkommen des Ehemanns der Klägerin einschließlich des Kindergeldes von netto etwa 4.500,- DM und ein
Nettoeinkommen der Klägerin von etwa 850,- DM gegenüber. Hiervon abzuziehen sind die Versicherungs- und Gewerkschaftsbeiträge,
die sich nach den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen auf monatlich etwa 280,- DM beliefen. Außerdem sind berufsbedingte
Fahrtkosten abzuziehen, die für die Klägerin und ihren Ehemann auf jeweils mindestens 50,- DM, zusammen also auf 100,- DM
geschätzt werden können. In entsprechender Anwendung des § 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG sind von dem Einkommen außerdem Beträge in angemessener Höhe abzuziehen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin und ihr Ehemann
selbst nicht Sozialhilfe beziehen, ist es angemessen, hier mindestens die Beträge abzuziehen, die der Deutsche Verein in seinen
Empfehlungen zu der Mehrbedarfsregelung nach § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG a.F. genannt hat. Das wäre jeweils 25 v.H. des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zuzüglich eines Betrages von 15 v.H.
des übersteigenden (nach § 76 Abs. 2 BSHG bereinigten) Einkommens, höchstens jedoch 50 v.H. des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes.
Vgl. Brühl in LPK-BSHG, a.a.O. Rdnr. 58 zu § 76 BSHG; Schellhorn/Jirasek/ Seipp, a.a.O. Rdnr. 49 zu § 76 BSHG.
Danach ergeben sich für die Klägerin bei einem um die angenommenen Fahrtkosten von 50,- DM bereinigten Einkommen ein Betrag
von etwa (131,50 DM + 100,27 DM =) 231,77 DM und für den Ehemann der Klägerin ein Betrag von (131,50 DM + 131,50 DM =) 263,-
DM. Es verbleibt ein zu berücksichtigendes Einkommen von etwa (4.500,- DM + 850,- DM - 280,- DM - 100,- DM - 232,- DM - 263,-
DM =) 4.475,- DM. Hiervon sind die monatlichen Schuldverpflichtungen von 1.448,- DM abzuziehen, da es der Familie der Klägerin
nicht zugemutet werden kann, ihre finanziellen Verpflichtungen zu vernachlässigen, um für die Bestattung des Vaters der Klägerin
aufzukommen. Es verbleibt damit zur Deckung des Lebensunterhaltes ein Betrag von 3.027,- DM. Dieser Betrag liegt nur um 297,-
DM über dem nach Regelsätzen bemessenen notwendigen Lebensunterhalt der Familie.
Bei dieser Sachlage kann im Hinblick darauf, dass der Betrag von 20.000,- DM - unterstellt die Klägerin habe ihn tatsächlich
erhalten - nicht mehr im Vermögen der Klägerin oder ihrer Familie vorhanden ist, dass er jedenfalls auch als Zuwendung der
Mutter der Klägerin und nicht nur ihres Vaters anzusehen sein dürfte und dass bis zum Tod des Vaters etwa vier Jahre vergangen
waren, von dem insoweit zur Leistung nicht verpflichteten Ehemann der Klägerin nicht erwartet werden, aus dem verhältnismäßig
geringen den notwendigen Lebensunterhalt übersteigenden Betrag einen Teil der Bestattungskosten aufzubringen.
Schließlich waren die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen auch "erforderliche Kosten" im Sinne von § 15 BSHG. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des VG Bezug genommen werden, denen die Beklagte nicht entgegengetreten
ist.