Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erstattung der Kosten für die von ihr veranlaßte Bestattung ihrer verstorbenen Schwester.
Die Verstorbene war verwitwet und hatte keine Kinder; ihre Eltern waren bereits vorverstorben. Von den Geschwistern der Verstorbenen
lebten zum Zeitpunkt ihres Todes nur noch die Klägerin und ihr Bruder, der zwischenzeitlich ebenfalls verstorben ist. Die
Verstorbene hat ein Sparbuch hinterlassen, das bei der Gerichtskasse hinterlegt ist. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin
auf Übernahme der ungedeckten Kosten der Beerdigung ihrer Schwester durch den streitbefangenen Bescheid ab.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte im Berufungsverfahren teilweise Erfolg.
Entscheidungsgründe:
Begründet ist die Berufung, soweit die Klägerin vom Beklagten die Übernahme der Hälfte der (nach Einsatz des von der Krankenkasse
gezahlten Sterbegeldes und des bei der Gerichtskasse in Bonn hinterlegten Sparguthabens) ungedeckt gebliebenen Kosten für
die Beerdigung ihrer verstorbenen Schwester begehrt. Der Anspruch ergibt sich aus § 15 BSHG. Danach hat der zuständige Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem hierzu
Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Hinsichtlich des im Tenor dieses Urteils genannten Betrages
sind diese Voraussetzungen erfüllt.
Die Klägerin zählt im vorliegenden Falle zum Kreis der zur Zahlung der Bestattungskosten "Verpflichteten" im Sinne des § 15 BSHG. Wie sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut ("hierzu") der gesetzlichen Regelung ergibt, bezieht sich die Vorschrift
nicht auf die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Bestattung, sondern auf die Pflicht zur Kostentragung. Anspruchsberechtigt
gemäß § 15 BSHG ist nicht derjenige, der im Rahmen der ihm obliegenden Totenfürsorge berechtigt ist, die Bestattung des Verstorbenen durchzuführen,
sondern derjenige, der rechtlich verpflichtet ist, die Kosten der Bestattung zu tragen. Wie das BVerwG bereits im Hinblick
auf die Anwendbarkeit des § 5 BSHG im Rahmen der Übernahme von Bestattungskosten klargestellt hat, besteht der Bedarf nach § 15 BSHG nicht in der Durchführung der Bestattung, sondern darin, daß derjenige, der die Bestattungskosten zu tragen hat, von dieser
Verpflichtung freigestellt wird, soweit ihm die Tragung dieser Kosten nicht zuzumuten ist. Soweit ein Erbe gemäß §
1968 BGB zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet ist, ist dieser Berechtigter des Anspruchs nach § 15 BSHG.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.6.1977 - 5 C 13.96 -.
Bei einer Mehrheit von Erben trifft die Pflicht zur Kostentragung gemäß §
1968 BGB die Erbengemeinschaft. Vgl. dazu u.a. BGH, Urteil vom 5.2.1962 - III ZR 173/60 -, NJW 1962, 791; Edenhofer, in: Palandt, 56. Aufl. 1997, § 1968 Rn. 1.
Verpflichteter im Sinne von § 15 BSHG ist in einem solchen Fall jeder (Mit-)Erbe, wenn und soweit er Forderungen nach § 1968 ausgesetzt ist.
Die Klägerin ist danach Verpflichtete nach § 15 BSHG.
Sie war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt - zusammen mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Bruder - Erbin ihrer verstorbenen
Schwester. Davon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Auch der Senat hat zu diesbezüglichen Zweifeln keine Veranlassung.
Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin oder ihr Bruder die Erbschaft ausgeschlagen hätten, sind nicht ersichtlich. ...
Die Klägerin war in ihrer Eigenschaft als Erbin aufgrund §
1968 BGB zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet. Dem steht nicht entgegen, daß sie im Rahmen der ihr als Schwester der Verstorbenen
obliegenden Totenfürsorge die Bestattung selbst durch Abschluß eines Bestattungsvertrages mit dem Bestattungsunternehmen veranlaßt
hat.
Bei der sich aus §
1968 BGB ergebenden Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten handelt es sich um eine Nachlaßverbindlichkeit. Denn zu den Nachlaßverbindlichkeiten
gehören gemäß §
1967 Abs.
2 BGB außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, wozu u.a. die Kosten
einer standesgemäßen Beerdigung des Erblassers zählen, vgl. dazu u.a. OLG München, Urteil vom 28.9.1973 - 19 U 1932/73 -, NJW 1974, 703 f.; Stein in: Soergel,
Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl. 1982, §
1967 Rn. 7 und 11.
Hat - wie hier - die Erbin selbst die vertragliche Vereinbarung über die Bestattung der Erblasserin getroffen, so sind die
hieraus erwachsenden Forderungen stets Nachlaßverbindlichkeiten. Vgl. dazu u.a. Soergel, a.a.O., §
1967 Rdnr. 11 m.w.N. und §
1968 Anm. 2; Schlüter in: Ermann,
Bürgerliches Gesetzbuch Band 2, 8. Aufl. 1989, §
1968 Rn. 3; Edenhofer in Palandt, a.a.O., § 1968 Rn. 1 f..
Bei einer Mehrheit von Erben haften diese für derartige Nachlaßverbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Vgl. dazu u.a. Wolf
in: Soergel, a.a.O., Band 7, § 2058 Rn. 6 m.w.N.; Palandt, a.a.O., § 2058 Rn. 1.
Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe bei dem Erben oder Miterben ein sozialhilferechtlicher Bedarf an Übernahme von Bestattungskosten
besteht, hängt, da § 15 BSHG lediglich die Freistellung von der Verpflichtung zur Tragung der ihn treffenden Bestattungskosten bezweckt, davon ab, ob
und gegebenenfalls in welcher Höhe er selbst von Dritten, etwa von demjenigen, der im Rahmen der Totenfürsorge die Bestattung
veranlaßt und die Kosten beglichen hat, von dem Bestattungsunternehmer oder auch von einem Miterben nach §
426 BGB auf Zahlung von Kosten in Anspruch genommen wird.
Dementsprechend besteht hier der Bedarf der Klägerin in Höhe der gesamten Bestattungskosten, die das Bestattungsunternehmen
ihr in Rechnung gestellt hat und deren Zahlung es von ihr fordert.
Bei den von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich auch um "erforderliche Kosten" der Bestattung ihrer
Schwester im Sinne des § 15 BSHG. Erforderlich sind die Aufwendungen, die notwendig sind, um die hinsichtlich der Bestattung bestehenden (rechtlichen) Verpflichtungen
des hierzu Verpflichteten zu erfüllen. Der Begriff "erforderlich" bezieht sich sowohl auf die Art der Kosten als auch auf
ihre Höhe. Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Falle die geltend gemachten Kosten der Bestattung die von § 15 BSHG normierte Grenze des Erforderlichen überschritten hätten, sind nicht erkennbar. Auch der Beklagte behauptet dies nicht.
Die erforderlichen Kosten sind allerdings nur insoweit zu übernehmen, als dem hierzu Verpflichteten nicht zuzumuten ist, sie
zu tragen. Die Entscheidung des Beklagten hat sich offenbar an der verbreiteten Praxis orientiert, daß einem (den Antrag stellenden)
Verpflichteten die Bestattungskosten nur zu gewähren sind, wenn kein anderer Verpflichteter vorhanden ist, dem die Kostentragung
zugemutet werden kann. Einem derartigen Verständnis des § 15 BSHG kann indessen nicht gefolgt werden. Da der Anspruch aus § 15 BSHG ein individueller Anspruch des Verpflichteten ist, richtet sich die Beantwortung der Frage, inwieweit ihm die Tragung der
Bestattungskosten zuzumuten ist, ausschließlich nach den Verhältnissen desjenigen Verpflichteten, der einen Anspruch nach
§ 15 BSHG geltend macht. Die Leistungsfähigkeit eines anderen Verpflichteten kann, wie noch auszuführen sein wird, nur mittelbar insofern
berücksichtigt werden, als es dem den Antrag stellenden Verpflichteten zuzumuten ist, von dem anderen Verpflichteten einen
Ersatz seiner Aufwendungen zu fordern.
Im vorliegenden Fall ist der Klägerin die Tragung der ungedeckt gebliebenen Bestattungskosten nur teilweise nicht zuzumuten.
Die Entscheidung, inwieweit einem Verpflichteten die Tragung der Kosten für die Bestattung des Verstorbenen zugemutet werden
kann, ist eine Billigkeitsentscheidung, die der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Es handelt sich bei
dem Begriff der Zumutbarkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Beurteilungsmaßstab dafür, was dem Verpflichteten zugemutet
werden kann, ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts, da besondere Kriterien in der anzuwendenden
Vorschrift des § 15 BSHG nicht normiert sind, vgl. dazu auch OVG NW, Urteil vom 22.6.1976 - VIII A 1074/75 -, FEVS 25, 33, 35.
Zu diesen allgemeinen Grundsätzen zählt die Regelung des § 3 Abs. 1 BSHG. Danach richtet sich das Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers,
der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Ferner bestimmt sich die Zumutbarkeit nach dem "Nachrangprinzip" des
§ 2 Abs. 1 BSHG. Nach dieser Vorschrift erhält Sozialhilfeleistungen nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe
von anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Schließlich ist für die Auslegung
des in § 15 BSHG verwendeten Begriffs der Zumutbarkeit die in § 1 Abs. 2 BSHG normierte allgemeine Aufgabe der Sozialhilfe maßgeblich, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen,
das der Würde des Menschen entspricht; die Hilfe soll ihn soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; hierbei
muß er nach seinen Kräften mitwirken.
Nach Maßgabe dieser allgemeinen Grundsätze, namentlich des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 BSHG, ist demjenigen, der Ansprüche nach § 15 BSHG geltend macht, zunächst zuzumuten, zur Begleichung der ungedeckt gebliebenen Beerdigungskosten vorrangig alle Mittel einzusetzen,
die ihm durch den Tod der bestatteten Person zugeflossen sind. Dazu gehören beispielsweise aus Anlaß des Todes entstandene
Sozialleistungsansprüche sowie Schadensersatzansprüche nach §
844 BGB und der Nachlaß, aber auch ein Ausgleichsanspruch gegen einen anderen Miterben nach §
426 BGB. In diesem Rahmen ist dem Verpflichteten auch zuzumuten, etwaige Ansprüche bei Gericht durchzusetzen. Der Grundsatz, daß
nur "bereite" Mittel als Selbsthilfemöglichkeit nach § 2 Abs. 1 BSHG berücksichtigt werden können, gilt insoweit für die Übernahme von Bestattungskosten nach § 15 BSHG nicht. Denn die danach bezweckte Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung von Bestattungskosten ist keine Hilfe in
einer aktuellen Notlage, deren Behebung keinen Aufschub erfordert.
Im vorliegenden Fall war der Klägerin, nachdem das aus Anlaß des Todes ihrer Schwester gezahlte Sterbegeld der Krankenversicherung
bereits von dem Bestattungsunternehmen eingezogen und verrechnet worden ist, zunächst einmal zuzumuten, das den einzigen verwertbaren
Nachlaßgegenstand bildende Sparguthaben der Verstorbenen einzusetzen. ... Die Verfügungsberechtigung über dieses Nachlaßvermögen
lag zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides bei der Erbengemeinschaft, also gemeinsam bei
der Klägerin und ihrem damals noch lebenden Bruder. Es ist nicht ersichtlich, daß rechtliche oder sonstige Umstände einem
Einsatz dieses Nachlaßvermögens zur (teilweisen) Begleichung der Bestattungskosten entgegengestanden hätten. ...
Zwar war der Nachlaß der Verstorbenen und damit auch das genannte Sparguthaben mit dem Erbfall gemeinschaftliches Vermögen
der Erben geworden (§
2032 BGB), über das die Miterben, also die Klägerin und ihr damals noch lebender Bruder, nur gemeinschaftlich verfügen konnten (§
2040 Abs.
1 BGB). Wenn eine gemeinsame Entscheidung beider Miterben über den Einsatz des zum Nachlaß der Erblasserin gehörenden Sparguthabens
nicht zustande gekommen wäre, stand es jedem der Erben frei, gemäß §
2042 Abs.
1 BGB in Ansehung des Nachlasses die Auseinandersetzung zu verlangen. Sofern insoweit keine Vereinbarung der Miterben zustande
kam, konnte die sog. Erbteilungsklage erhoben werden. Demgegenüber kann die Klägerin nicht geltend machen, die mit der Beantragung
eines Erbscheines und mit der Durchführung der Auseinandersetzung erforderlichen Mühen und Kosten seien ihr nicht zuzumuten
(gewesen). Wie sich nämlich aus dem sogenannten Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 BSHG ergibt, erhält derjenige Sozialhilfe nicht, der sich selbst helfen "kann". Sich selbst helfen kann ein Hilfesuchender durch
den Einsatz zur Verfügung stehender eigener Kräfte und Mittel. Dazu gehört auch die Realisierung von vermögenswerten Rechten,
unter Umständen unter Beschreitung des Rechtsweges. Allein der Umstand, daß die Klägerin die Beantragung eines Erbscheines
und die Durchführung der Auseinandersetzung für beschwerlich gehalten hat (und hält), reicht nicht aus, um die Möglichkeit
der genannten Selbsthilfe durch Verwertung des Nachlaßvermögens zu verneinen. Es verstößt nach den Besonderheiten des Einzelfalles
auch nicht gegen § 1 Abs. 2 BSHG, wenn die Klägerin als Miterbin ihrer verstorbenen Schwester darauf verwiesen wird, die erforderlichen Schritte zu unternehmen,
um zur (teilweisen) Begleichung der ungedeckt gebliebenen Bestattungskosten das vorhandene Nachlaßvermögen einsetzen zu können.
Vielmehr entspricht es gerade dem in § 1 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG normierten Gebot, daß der Hilfesuchende bei der Hilfegewährung nach seinen Kräften mitwirken muß. Angesichts dessen war und
ist es der Klägerin im Sinne des § 15 BSHG zuzumuten, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um das bei der Gerichtskasse hinterlegte Sparguthaben zur Begleichung
der ungedeckt gebliebenen Bestattungskosten einzusetzen. In Höhe dieses Betrages hat sie mithin gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger
keinen Anspruch auf die Übernahme der ungedeckt gebliebenen Bestattungskosten.
Ferner war der Klägerin zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides zuzumuten, gemäß §
426 Abs.
2 BGB iVm §§
1968,
2058,
426 Abs.
1 Satz 1
BGB gegen ihren damals noch lebenden Bruder ihren Ausgleichsanspruch hinsichtlich des auf diesen entfallenden Anteils an den
Beerdigungskosten geltend zu machen. Denn im Innenverhältnis haften die Miterben für die Nachlaßverbindlichkeiten anteilig
(§
426 Abs.
1 Satz 1
BGB), vgl. dazu u.a. Wolf in Soergel, a.a.O., § 2058 Rn. 7 m.w. N..
Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei aufgrund ihrer Herkunft vom Lande und ihrer einfachen Persönlichkeitsstruktur nicht
zuzumuten gewesen, gegenüber ihrem Bruder den auf diesen als Miterben entfallenden hälftigen Anteil an den unbeglichenen Beerdigungskosten
geltend zu machen, kann dem nicht gefolgt werden. Auch insoweit ist bei der Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit im Sinne
des § 15 BSHG zu berücksichtigen, daß gemäß § 2 Abs. 1 BSHG Sozialhilfeleistungen nicht erhält, wer sich selbst helfen kann. Wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt, war und ist die
Klägerin durchaus in der Lage, notfalls auf dem Gerichtswege ihr zustehende Rechte geltend zu machen. Es ist nicht ersichtlich,
daß die Klägerin die entsprechenden Bemühungen ohne Erfolg unternommen hat, um von ihrem seinerzeit noch lebenden Bruder die
Übernahme des auf diesen entfallenden hälftigen Anteils an den entstandenen unbeglichenen Beerdigungskosten zu verlangen und
den Anspruch durchzusetzen. Ihr Hinweis auf das Verwandtschaftsverhältnis zu ihrem Bruder reicht nicht aus, ihre diesbezügliche
Obliegenheit zu verneinen. Denn ihr gegenüber ihrem Bruder bestehender Ausgleichsanspruch nach §§
426 Abs.
2,
1968, 2058
BGB stellte einen Vermögenswert dar, dessen vorrangiger Einsatz dem in § 2 Abs. 1 BSHG verankerten Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entspricht. Anhaltspunkte dafür, daß ein Verweis der Klägerin auf diese
Selbsthilfemöglichkeit dem in § 7 BSHG verankerten Gebot familiengerechter Hilfe widersprechen würde, sind nicht ersichtlich. Denn die Klägerin lebte mit ihrem
Bruder nicht im Familienverband zusammen; nach ihrem eigenen Vorbringen hatte sie zu ihm kaum persönlichen Kontakt, so daß
schon deshalb keine Gefahr bestand, daß durch eine Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs der Zusammenhalt der Familie gravierend
in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.
Daß der zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides noch lebende Bruder der Klägerin zur Erfüllung
der auf ihn gemäß §
426 Abs.
2 BGB i.V.m. §§
1968,
2058,
426 Abs.
1 Satz 1
BGB entfallenden Verpflichtung zur Tragung der Hälfte der unbeglichen gebliebenen Beerdigungskosten nicht in der Lage gewesen
wäre, läßt sich nicht feststellen. Die diesbezüglichen Aufklärungsbemühungen sind erfolglos geblieben. Sonstige Beweismittel
zur Klärung der seinerzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bruders sind nicht ersichtlich. ...
Diese Unaufklärbarkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Miterben geht zu Lasten der Klägerin. Denn im Falle der
Nichtaufklärbarkeit eines anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmales trifft die materielle Beweislast denjenigen, der sich
auf das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale beruft. Dies ist hinsichtlich des genannten hier maßgeblichen
Tatbestandsmerkmales der Unzumutbarkeit der Kostentragung die Klägerin.
Nicht zugemutet werden kann der Klägerin jedoch die Tragung ihres eigenen hälftigen Kostenanteils an den (nach Einsatz des
von der Krankenkasse gezahlten Sterbegeldes und des bei der Gerichtskasse hinterlegten Sparguthabens) ungedeckt gebliebenen
Bestattungskosten. Eine rechtliche Möglichkeit, (auch) diesen Kostenanteil von ihrem Bruder zu verlangen, bestand gemäß §§
426 Abs.
2,
1968, 2058
BGB nicht. Zwar hat der Verpflichtete zur Begleichung der Bestattungskosten auch eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen,
soweit ihm das zuzumuten ist. Von der Klägerin konnte das nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aber nicht erwartet
werden. ...
Dabei bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung der Frage, bis zu welcher Höhe das Einkommen eines im Sinne des §
15 BSHG Verpflichteten im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung "anrechnungsfrei" zu bleiben hat. Denn im vorliegenden Fall wäre die Deckung
des notwendigen Lebensunterhalts der Klägerin nicht mehr sichergestellt gewesen, wenn sie den gemäß §§
1968,
2058,
426 Abs.
1 BGB auf sie entfallenden Anteil an den Bestattungskosten hätte begleichen müssen. Dies wäre jedenfalls mit der Zielsetzung des
§ 1 Abs. 2 BSHG unvereinbar gewesen, die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, sowie den Hilfesuchenden
soweit wie möglich zu befähigen, unabhängig von der Sozialhilfe zu leben.
Angesichts dessen kann die Klägerin vom Beklagten gemäß § 15 BSHG die Übernahme des (unter Berücksichtigung des zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vorhandenen, bei
der Gerichtskasse hinterlegten Nachlaßvermögens) auf sie entfallenden hälftigen Anteils der ungedeckt gebliebenen Kosten der
Beerdigung ihrer Schwester beanspruchen ... .