Sozialhilferecht: Rücknahmezuständigkeit für rechtswidrigen Bewilligungsbescheid nach Zuständigkeitswechsel, Bestimmtheit
eines Rückforderungsbescheids
Tatbestand:
Mit an den Kläger persönlich gerichtetem Bescheid hob die Beklagte nach zuvor erfolgter Anhörung des Klägers "die im Zeitraum
20.4.1989 bis 31.12.1989 ergangenen Bescheide" über die Bewilligung von Sozialhilfe unter Berufung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf und forderte vom Kläger "die ohne Rechtsgrund gezahlte Sozialhilfe in einer Gesamthöhe von 14.195,04 DM" mit der Begründung
zurück, die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe an den Kläger und seine Familie in der Zeit vom 20.4.1989
bis zum 31.12.1989 in Höhe von insgesamt 14.771,04 DM sei zu Unrecht erfolgt, da der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig
in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe.
Mit an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers gerichtetem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers
"im wesentlichen als unbegründet zurück" und erklärte, "der zurückzufordernde Gesamtbetrag" belaufe sich auf 12.996,05 DM.
In den Gründen des Widerspruchsbescheides wird ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, für den Bewilligungszeitraum vom
20.4.1989 bis 30.9.1989 vom Kläger 5.161,55 DM, von seiner Ehefrau 4.704,88 DM sowie von seiner Tochter 3. 129,62 DM zurückzufordern.
Die vom VG durch Gerichtsbescheid abgewiesene Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten i.d.F. des Widerspruchsbescheides
hatte in II. Instanz Erfolg.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist für den Erlaß des angefochtenen Bescheides örtlich zuständig.
Zieht nämlich ein Empfänger von Sozialhilfe (laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) nach dem Erlaß des (rechtswidrigen) Bewilligungsbescheides
in den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Sozialhilfeträgers um, so bleibt für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides
der für dessen Erlaß zuständig gewesene Sozialhilfeträger zuständig. An dieser bereits mit Urteil vom 11.12.1997 - 8 A 5182/95 - vertretenen Ansicht hält der Senat auch im vorliegenden Verfahren fest.
Die maßgebliche Regelung für die örtliche Zuständigkeit im Falle der auf § 45 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB X gestützten Aufhebung eines Verwaltungsaktes ergibt sich aus der Vorschrift des § 45 Abs. 5 SGB X, die insoweit - ebenso wie § 46 Abs. 2, § 47 Abs. 3 und § 48 Abs. 4 SGB X - auf § 44 Abs. 3 SGB X verweist. Nach § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet nach Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes über dessen Rücknahme "die zuständige Behörde"; dies gilt auch dann,
wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Die Regelung stellt klar, daß für das Rücknahmeverfahren als einem gegenüber dem Bewilligungsverfahren selbständigen Verwaltungsverfahren
die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften Geltung beanspruchen. Die örtliche Zuständigkeit der Behörde ergibt sich im Bereich
des Sozialgesetzbuches aus dem jeweils anzuwendenden besonderen Teil des Sozialgesetzbuches.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 11.12.1997 -8 A 5182/95 -; Engelmann, in: Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/ Wiesner/von Wulffen, SGB X, 2. Aufl. 1990, § 2 Rdnr. 1.
Für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes über die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen ist weder im Zehnten Buch des Sozialgesetzbuches
noch im Bundessozialhilfegesetz eine spezielle Regelung getroffen worden. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der hier für den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides maßgeblichen Fassung regelt lediglich allgemein, daß
"für die Sozialhilfe" der Träger örtlich zuständig ist, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhält. Der
Wortlaut der Regelung läßt offen, ob es hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der den Bewilligungsbescheid zurücknehmenden
Behörde auf den tatsächlichen Aufenthaltsort des Hilfesuchenden zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung oder zum Zeitpunkt
der Rücknahmeentscheidung ankommt. Der Normtext der gesetzlichen Regelung in § 45 Abs. 5 iVm § 44 Abs. 3 SGB X und § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist insoweit nicht eindeutig.
Näheren Aufschluß für die Auslegung der Vorschrift geben jedoch ihre Entstehungsgeschichte sowie ihr Regelungszweck.
Mit der Regelung des § 44 Abs. 3 SGB X, die nach § 45 Abs. 5 SGB X auf die hier in Rede stehende Aufhebung eines Verwaltungsaktes nach § 45 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB X entsprechend anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber unmittelbar an den Wortlaut der bei Inkrafttreten des SGB X bereits bestehenden Vorschrift des § 48 Abs. 5 VwVfG angeknüpft.
Vgl. dazu den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4.8.1978,. BT-Drs. 8/2034, S. 34 zu § 42 (Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes): "Absatz 3 entspricht § 48 Abs. 5 VwVfG".
Die Regelung des § 48 Abs. 5 VwVfG ist seinerzeit auf Anregung des Bundesrates, vgl. BT-Drs. 7/910 vom 18. Juli 1973,. Anlage 2 S. 104 (Nr. 19b),
und mit Zustimmung der Bundesregierung,. vgl. BT-Drs. 7/910,. S. 110,. zu Nr. 19b,
mit der Begründung in das Verwaltungsverfahrensgesetz eingefügt worden, diese Ergänzung sei "notwendig zur Klarstellung der Zuständigkeiten nach Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes",
wobei dies "in Angleichung an § 47 Abs. 4" erfolge, da die Rechtslage vergleichbar sei.
Vgl. BT-Drs. 7/910, S. 104 und S. 110 (zu Ziffer 19b).
Die in der zitierten Begründung des Bundesrats-Vorschlages erwähnte Vorschrift des § 47 Abs. 4 des Gesetzentwurfes betraf
das "Wiederaufgreifen des Verfahrens", die heutige Vorschrift des § 51 VwVfG. Zur Begründung der im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltenen und vom Bundesrat in Bezug genommenen Vorschrift des
§ 47 Abs. 4 VwVfG-E war dort ausgeführt worden:
"Die Vorschrift stellt klar, daß über den Antrag die nach § 3 zuständige Behörde selbst dann zu entscheiden hat, wenn der
Verwaltungsakt, dessen Aufhebung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen wurde."
Vgl. BT-Drs. 7/910, S. 75 (zu § 47).
Mit der auf den Vorschlag des Bundesrates hin erfolgten Einfügung des § 48 Abs. 5 VwVfG ("in Angleichung" an § 47 Abs. 4 VwVfG-E bzw. nunmehr § 51 Abs. 4 VwVfG) sollte mithin geregelt werden, daß über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes diejenige Behörde zu entscheiden hat, die im
Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlaß des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes als (nach dem maßgeblichen Fachgesetz)
sachlich zuständige Behörde (nach § 3 VwVfG) örtlich zuständig ist bzw. bei einem Ersterlaß zuständig wäre, hätte dieser zum Zeitpunkt des Ergehens der Rücknahmeentscheidung
zu erfolgen.
Vgl. dazu auch Ehlers/Link (Hrsg.), Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1990, § 48 Rdnr. 159; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, § 48 Rdnr. 100 m.w.N..
Dabei ist davon auszugehen, daß es vor Inkrafttreten (des Verwaltungsverfahrensgesetzes und damit) des § 51 Abs. 4 VwVfG, dem § 48 Abs. 5 VwVfG und damit auch § 44 Abs. 3 SGB X nachgebildet worden sind, geltendes Recht war, daß die Zuständigkeit für die Beseitigung (Aufhebung, Rücknahme, Widerruf)
eines Verwaltungsaktes vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung bei der Behörde lag, die für den Erlaß des betreffenden
Verwaltungsaktes zuständig war. Zuständig für die Rücknahme bzw. den Widerruf eines Bewilligungsbescheides war damit grundsätzlich
die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, um dessen Rücknahme es geht.
Vgl. dazu Wolff,. Verwaltungsrecht, Band I, 8. Aufl. 1971, § 53 I 2; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl.
1973, § 13 S. 261 m.w.N.; Ehlers/Link, aaO., § 48 Rdnr. 159.
Die mit § 48 Abs. 5 VwVfG bewirkte gesetzliche Neuregelung änderte daran nichts. Sie sollte lediglich die seinerzeit noch umstrittene Frage klären,
daß die nach dem Gesetz zuständige Behörde selbst dann zu entscheiden hat, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung begehrt
wird, von einer anderen Behörde, d.h. von einer anderen als der zuständigen Behörde, erlassen wurde.
Vgl. BT-Drs. 7/910, S. 75 (zu der in Bezug genommen Regelung des § 47 Abs. 4 VwVfG-E bzw. jetzt § 51 Abs. 4 VwVfG.
Daran, daß über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes grundsätzlich die Behörde entscheidet, die den zurückzunehmenden Verwaltungsakt
erlassen hat, solange sie sachlich und örtlich zuständig ist, sollte freilich nichts geändert werden.
Vgl. dazu u.a. Meyer/Borgs/ Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, 1982, § 48 Rdnr. 76; Knack u.a., Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1994, § 48 Rdnr. 5.4; Ehlers/Link, aaO., § 48 Rdnr. 159.
Dieser sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften des § 44 Abs. 3 SGB X bzw. § 48 Abs. 5 VwVfG ergebende Regelungsinhalt entspricht ersichtlich auch dem Zweck der Regelung. Denn sie soll, wie das BVerwG entschieden hat,
vgl. Beschluß vom 25.8.1995, aaO., S. 232,
und wovon auch der Senat ausgeht, eine möglichst optimale Erledigung der Verwaltungsaufgaben durch den ortsnächsten Leistungsträger
gewährleisten. Der "ortsnächste" Träger ist auch im Falle der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides derjenige, der für den
tatsächlichen Aufenthaltsort des Hilfesuchenden im maßgeblichen Bewilligungszeitraum zuständig war (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Denn er verfügt in aller Regel unmittelbar über die für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen
im maßgeblichen Bewilligungszeitraum am tatsächlichen Aufenthaltsort maßgeblichen Kenntnisse und Informationen. Er hat auch
ein unmittelbares Interesse daran, daß im Falle einer rechtswidrigen Leistungsbewilligung der Bescheid aufgehoben und die
zu Unrecht erbrachten Leistungen zurückgefordert werden. Wenn freilich die Bewilligungsentscheidung von einer nach dem Gesetz
unzuständigen Behörde getroffen worden ist, entspricht es dem gesetzlichen Regelungsziel, daß die zu Unrecht beanspruchte
Zuständigkeit nicht prolongiert, sondern daß die nach dem Gesetz "zuständige Behörde" mit der Sache befaßt wird und über die
Aufhebung des Bescheides entscheidet. "Zuständig" im Sinne des § 44 Abs. 3 SGB X ist dann die Behörde, die im Zeitpunkt der zu treffenden Aufhebungsentscheidung zum Erlaß des Bewilligungsbescheides zuständig
wäre.
Vgl. dazu OVG Rh.-Pf., Urteil vom 29.6.1995 - 12 R 11875/94 -; bestätigt von BVerwG, Beschluß vom 25.8.1995 - 5 B 141.95 -, aaO., S. 232 f.
Dementsprechend geht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon aus, daß im Falle einer seit dem Erlaß des aufzuhebenden
Verwaltungsaktes eingetretenen Änderung der Voraussetzungen der Zuständigkeit diejenige Behörde zur Rücknahme des (Ausgangs-)Bescheides
berufen ist, die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zum Erlaß des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes zuständig wäre. vgl. dazu
BSG,. Urteil vom 17.7.1985 - 1 RA 35/84 -, in: SozR 1500 § 77 Nr. 61.
Auch im Fachschrifttum wird diese Auffassung geteilt, vgl. dazu u.a. Zeitler, Sozialgesetzbuch X für die Praxis der Sozialhilfe und Jugendhilfe, Kommentar, 3. Aufl., § 44 Anm. 6b; Grüner/Dalichau, Verwaltungsverfahren (SGB X) Kommentar, Band I. , 1996,. § 44 Anm. V, S. 36; Wiesner, aaO., § 44 Anm. 9; Schnapp, in: Krause/von Mutius/Schnapp/Siewert, GK-SGB X 1, 1991, § 44 Rdnr. 26.
Mithin war im vorliegenden Falle die Beklagte für die durch den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erfolgte
Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte über die Bewilligung von Sozialhilfeleistungen für den hier maßgeblichen Zeitraum
vom 20.4.1989 bis zum 30.9.1989 örtlich zuständig. Denn zum Zeitpunkt des Ergehens dieser Bewilligungsentscheidungen hatte
der Kläger seinen tatsächlichen Aufenthaltsort im Zuständigkeitsbereich der Beklagten (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Der Mitte September 1989 erfolgte Umzug des Klägers und seiner Familie nach M. in das Bundesland Rh.-Pf. ließ diese einmal
begründete Zuständigkeit der Beklagten unberührt.
Denn § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG fixiert jedenfalls bei der Gewährung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt die örtliche Zuständigkeit des einmal zuständig
gewordenen Sozialhilfeträgers für die Regelung zumindest derjenigen Bedarfslagen, die im Verantwortungsbereich dieses Sozialhilfeträgers
während der Dauer des tatsächlichen Aufenthalts des Hilfesuchenden nicht nur entstanden und ihm zur Kenntnis gelangt sind,
sondern von ihm auch durch Erledigung des Hilfefalles beseitigt werden können.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.1.1994 - 5 C 47.91 -, FEVS 45, 89 (92 f.); OVG NW, Urteil vom 11.12.1997 - 8 A 5182/95 -.
Selbst wenn die Beklagte seinerzeit noch nicht über das Begehren des Klägers auf Bewilligung von Sozialhilfeleistungen entschieden
gehabt hätte, wäre damit die Beklagte auch nach dem Mitte September 1989 erfolgten Umzug des Klägers nach M. örtlich zuständig
geblieben. Da mithin die Beklagte bei Ergehen der Bewilligungsbescheide im hier maßgeblichen Zeitraum im Rahmen ihrer örtlichen
Zuständigkeit entschieden und sich zwischenzeitlich die rechtlichen Voraussetzungen dieser örtlichen Zuständigkeit hinsichtlich
dieses Bewilligungszeitraumes nicht geändert hatten, ist demgemäß die Beklagte als die die zurückzunehmenden Verwaltungsakte
erlassende Stelle auch für deren Rücknahme zuständig.
Der angefochtene Rücknahmebescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist jedoch rechtswidrig, weil ihm
die hinreichende Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X fehlt.
Ein Verwaltungsakt ist im Sinne der Vorschrift des § 33 Abs. 1 SGB X, die insoweit der Regelung des § 37 Abs. 1 VwVfG nachgebildet ist, vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 8/2034, S. 33; Pickel, SGB X, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Ordner 1, April 1997, § 33 SGB X Anm. 1,
inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn der in ihm zum Ausdruck gekommene Wille der Behörde für die Beteiligten des Verfahrens,
in dem der Verwaltungsakt ergeht, unzweideutig erkennbar und nicht einer unterschiedlichen subjektiven Bemessung zugänglich
ist.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 27.11.1997 - 8 A 4279/95 - unter Hinweis auf BT-Drs. 7/910, S. 58 (Abs. 1); Schroeder-Printzen/ Engelmann/Schmalz/Wiesner/ von Wulffen, SGB X, aaO., § 33 Rdnr. 2 m.w.N.; Hauck/ Freischmidt/Freund/ Recht/Rombach, Sozialgesetzbuch SGB X/1, 2, 1997, § 33 Rdrn. 3; Krause/von Mutius/Schnapp/ Siewert, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch-Verwaltungsverfahren GK SGB X 1, 1991, § 33 Rdnr. 4 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26.1.1990 - 8 T 69/87 -, NVwZ 1990, 855 (zu der Parallelvorschrift des § 37 Abs. 1 BayVwVfG).
Namentlich muß der Verwaltungsakt den Adressaten erkennen lassen. Der Adressat, an den sich der Verwaltungsakt richtet, muß
sich aus dem Verwaltungsakt bestimmt oder zumindest eindeutig bestimmbar ergeben.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 27.11.1997 - 8 A 4279/95 -; Pickel, SGB X, aaO., § 33 Rdnr. 19; Meyer-Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1982, § 37 Rdnr. 4.
Außerdem muß der Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes unmißverständlich für den Adressaten erkennbar sein.
Zwar ist hiernach der (Ausgangs-)Bescheid isoliert betrachtet inhaltlich bestimmt. Es kommt darin unzweifelhaft die Regelung
zum Ausdruck, daß der Beklagte in der (irrigen) Annahme, der Kläger sei der alleinige Empfänger der für ihn und die Familienangehörigen
gewährten Sozialhilfeleistungen gewesen, dem Kläger gegenüber die Bewilligungsbescheide zurücknehme und von dem Kläger den
gesamten überzahlten Betrag zurückfordere.
Die Frage der Bestimmtheit kann indessen nicht losgelöst von dem Inhalt des Widerspruchsbescheides beurteilt werden. Denn
gemäß §
79 Abs.
1 Nr.
1 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid
gefunden hat. Hiernach hängen beide Verwaltungsakte zusammen und sind prozessual und materiell-rechtlich als eine Einheit
anzusehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1964 - BVerwG V C 14.63 -, BVerwGE 19, 327 (330); vgl. auch Beschluß vom 30.4.1996 - 6 B 77/95 -, NVwZ-RR 1997, 132 (133).
Dementsprechend werden auch der Regelungsgehalt des ursprünglichen Verwaltungsaktes und damit auch dessen inhaltliche Bestimmtheit
durch den Inhalt des Widerspruchsbescheides festgelegt.
In der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist der angefochtene Bescheid der Beklagten inhaltlich unbestimmt. Er ist hinsichtlich
seines Regelungsgehaltes objektiv mehrdeutig und einer unterschiedlichen subjektiven Bemessung zugänglich.
Dies ergibt sich vor allem daraus, daß zwischen dem verfügenden Teil ("Tenor") und dem begründenden Teil ("Begründung") des
den Ausgangsbescheid gestaltenden Widerspruchsbescheides ein unauflösbarer Widerspruch besteht.
Dabei ist davon auszugehen, daß sich der Widerspruchsbescheid - ebenso wie der Ausgangsbescheid - ausschließlich an den Kläger,
nicht jedoch an dessen Ehefrau und dessen Tochter richtet. ... (wird ausgeführt).
Der Bescheid in der gemäß §
79 Abs.
1 Nr.
1 VwGO maßgeblichen Fassung des Widerspruchsbescheides läßt jedoch nach seinem objektiven Erklärungswert seinen Regelungsinhalt
nicht unzweideutig erkennen.
Einerseits wird nämlich in der Entscheidungsformel des an den Kläger gerichteten Widerspruchsbescheides zum Ausdruck gebracht,
daß der Widerspruch des Kläger "im wesentlichen als unbegründet zurückgewiesen" wird (Nr. 1) und daß sich der "zurückzufordernde
Gesamtbetrag" auf 12.996,05 DM belaufe (Nr. 2). Diese Regelung kann nach ihrem objektiven Erklärungswert nur dahin verstanden
werden, daß der Widerspruch des Klägers gegen die Aufhebung der ihn begünstigenden Bewilligungsbescheide (für den Zeitraum
vom 20.4.1989 bis zum 30.9.1989) und gegen die an ihn gerichtete Rückforderungsentscheidung - abgesehen von einer betragsmäßigen
Reduzierung - zurückgewiesen und daß von ihm als Adressaten des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheides ein "Gesamtbetrag"
von 12.996,05 DM zurückgefordert wird. Auf der Grundlage des verfügenden Teils des Widerspruchsbescheides müßte der Kläger
demzufolge mit gegen ihn gerichteten Vollstreckungsmaßnahmen wegen einer Forderung in Höhe von 12.996,05 DM rechnen. Denn
jedenfalls hinsichtlich des "zurückzufordernden Gesamtbetrages" von 12.996,05 DM wird in Nr. 2 des verfügenden Teils des Widerspruchsbescheides
nicht zwischen dem Kläger einerseits und seiner Ehefrau und seiner Tochter andererseits unterschieden.
Andererseits wird jedoch im begründenden Teil des Widerspruchsbescheides ausgeführt, die Beklagte habe im Rahmen des ihr gemäß
§ 45 Abs. 1 SGB X zustehenden Ermessens von der Möglichkeit der Rücknahme der den Kläger "und seine Familie" begünstigenden Verwaltungsakte
Gebrauch gemacht, weil das Interesse des Sozialhilfeträgers im Rahmen der Gleichbehandlung aller Sozialhilfeberechtigten an
der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes das Interesse des Klägers und seiner Ehefrau ("Ihrer Mandanten") überwiege.
Auch wenn diese Darlegungen im begründenden Teil des allein an den Kläger gerichteten Widerspruchsbescheides nach ihrem objektiven
Erklärungswert dahingehend auszulegen sein sollten, daß sie schon wegen fehlender Bekanntgabe (an Ehefrau und Tochter) keine
Regelung hinsichtlich der Aufhebung der die Ehefrau und die Tochter des Klägers begünstigenden Bewilligungsentscheidungen
und hinsichtlich der gegenüber diesen Personen geltend gemachten Rückforderung(en) beinhalten, bleibt ein unauflösbarer Widerspruch
zwischen ihnen und dem verfügenden Teil des Widerspruchsbescheides. Denn im begründenden Teil wird - wie dargelegt - eben
ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, vom Kläger einen Betrag von 5.161,55 DM, von seiner Ehefrau einen Betrag von 4.
704,88 DM und von seiner Tochter von 3.129,63 DM "zurückzufordern". Damit wird ersichtlich zum Ausdruck gebracht, daß die
Beklagte vom Kläger nicht den in Nr. 2 des verfügenden Teils des Widerspruchsbescheides genannten "Gesamtbetrag" von 12.996,05
DM, sondern lediglich einen Betrag von 5.161,55 DM zum Gegenstand ihres Rückforderungsbegehrens macht. Da mithin ausweislich
der zitierten Begründung des Widerspruchsbescheides vom Kläger persönlich lediglich ein Betrag von 5.161,55 DM zurückgefordert
werden sollte, andererseits jedoch im verfügenden Teil des Widerspruchsbescheides in der Entscheidungsformel Nr. 2 als zurückzufordernder
Gesamtbetrag ausdrücklich die Summe von 12.996,05 DM genannt wird, bleibt nach dem objektiven Erklärungsinhalt letztlich unklar,
welche Regelung gegenüber dem Adressaten des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, nämlich dem Kläger,
durch die Beklagte getroffen worden ist.
Die fehlende Bestimmtheit des Bescheides kann nicht nach § 41 SGB X geheilt werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß es sich bei der fehlenden Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes nicht um
eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften handelt, vgl. dazu u.a. Schroeder-Printzen, aaO., § 33 Anm. 3.
Damit kommt auch eine Heilung nach § 42 SGB X nicht in Betracht.