Prozesskostenhilfe, Rechtsmittel, Sozialhilfe - Rechtsschutzinteresse für einen Prozesskostenhilfeantrag; Beschwerde; Gerichtskostenfreiheit
im Sozialhilfeprozess; abgeschlossenes erstinstanzliches Verfahren; rückwirkende Beiordnung eines Rechtsanwalts
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der begehrten Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das mittlerweile abgeschlossene erstinstanzliche Verfahren besteht nicht mehr.
Nach §
166 VwGO i.V.m. §
114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn eine Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten
der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Prozesskostenhilfe
ist für jeden Rechtszug gesondert zu beantragen; sie wird nur für die jeweilige Instanz bewilligt (§§
117,
119 Abs.
1 S. 1
ZPO). Ein Rechtsanwalt kann nach Maßgabe des §
121 Abs.
2 ZPO nur beigeordnet werden, wenn und soweit Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
§
114 ZPO stellt auf die beabsichtigte Rechtsverfolgung ab, weshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr
in Betracht kommt, wenn das Verfahren, für das sie begehrt wird, abgeschlossen ist. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn das Verwaltungsgericht
über ein rechtzeitiges und vollständiges Prozesskostenhilfegesuch verspätet entscheidet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss
vom 09.07.1990, VBlBW 1991, 17; Senatsbeschluss vom 14.06.2004, VBlBW 2004, 385; OVG Hamburg, Beschluss vom 06.08.2003, NordÖR 2004, 201; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 62. Aufl., §
119 RdNrn. 10 ff.). Sind sowohl die Prozesskostenhilfe als auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts vor Abschluss des erstinstanzlichen
Verfahrens ordnungsgemäß beantragt worden und wird Prozesskostenhilfe erst danach - aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der
Entscheidungsreife - bewilligt, so erstreckt sich auch die Beiordnung des Rechtsanwalts rückwirkend auf diesen Zeitpunkt,
sofern er damals bereits für die Partei im Rechtsstreit tätig war (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 15.12.1987 - OVG Bs III 710/87 -, juris; Wax in Münchener Kommentar zur
ZPO, 2. Aufl., §
121 RdNr. 13).
Weder dem Beschwerdevorbringen noch den Akten ist zu entnehmen, dass im - inzwischen abgeschlossenen - Verfahren vor dem Verwaltungsgericht,
für welches das Prozesskostenhilfebegehren weiter verfolgt wird, ein Rechtsanwalt für den Kläger tätig war. Ein Anwalt kann
im inzwischen abgeschlossenen erstinstanzlichen Verfahren heute bzw. rückwirkend nicht mehr tätig werden. Daher scheidet eine
rückwirkende Beiordnung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Fall zwingend aus (s.a. Hartmann, a.a.O. § 127 RdNr. 63: eine
Rückwirkung muss konsequent durchführbar sein).
In Sozialhilfestreitigkeiten werden nach §
188 S. 2 Halbs. 1
VwGO Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) nicht erhoben. In solchen Verfahren scheidet in der Regel die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
aus, wenn - wie hier - die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht (mehr) in Frage kommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989,
NVwZ-RR 1989, 665; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.10.1997, VBlBW 1998, 15). Wegen der Gerichtskostenfreiheit entstehen der anwaltlich nicht vertretenen Partei vor allem Aufwendungen für Papier, Porti
und Telefongebühren, von denen sie jedoch auch bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht befreit ist (§
122 ZPO, s.a. §
123 ZPO).
Kosten, die von der Prozesskostenhilfe gedeckt werden, können somit im erstinstanzlichen Verfahren nicht (mehr) entstehen.
Aufgrund der mit Wirkung vom 01.01.2002 erfolgten Neufassung des §
130 VwGO durch Art. 1 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelsrechts im Verwaltungsprozess vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987) ist der Verwaltungsgerichtshof verpflichtet, im Berufungsverfahren die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst
zu entscheiden (§
130 Abs.
1 VwGO). Eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht ist nur noch unter den
engen Voraussetzungen des §
130 Abs.
2 VwGO zulässig. Dass und weshalb ein solcher Ausnahmefall, in welchem überdies ein erneuter Prozesskostenhilfeantrag in Frage käme,
hier gegeben sein könnte, wird vom Kläger nicht dargelegt und ist auch ansonsten nicht ersichtlich.
Aus all dem folgt, dass das für die Weiterverfolgung des inzwischen nutzlos gewordenen Prozesskostenhilfeantrags erforderliche
allgemeine Rechtsschutzinteresse nicht (mehr) gegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24.06.2004 - 12 S 1207/04 -; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 07.10.1997, VBlBW 1998, 15, und vom 09.07.1990, VBlBW 1991, 17; Hartmann, a.a.O. § 114 RN 100, 122).
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§
188 S. 2 Halbs. 1
VwGO). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§
166 VwGO i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
152 Abs.
1 VwGO).