Bestattungswesen, Friedhofswesen: Bestattungspflicht, Kostentragungspflicht, Angehöriger, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
nichteheliches Kind, Unzumutbarkeit, Ausgleichsanspruch
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Tragung von Bestattungskosten.
Am xx.x.2003 verstarb in Karlsruhe der am xx.x.19xx geborene, zuletzt in xxxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxx xx, wohnhaft gewesene,
geschiedene xxxxx xxxx. Nachdem zunächst keine bestattungspflichtigen Angehörigen ermittelt werden konnten, ordnete die Beklagte
am 14.1.2003 die Feuerbestattung des Verstorbenen auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe an. Von den dadurch entstandenen Kosten
in Höhe von insgesamt 2.171,16 EUR forderte die Beklagte den nach Abzug des Sterbegeldes der Krankenkasse noch offenen Betrag
von 1.646,16 EUR mit Bescheid vom 18.3.2003 vom Kläger an, den sie in der Zwischenzeit als das am x.x.19xx in Kandel geborene,
nichteheliche Kind und nächsten Angehörigen des Verstorbenen ermittelt hatte. Weitere Angehörige des Verstorbenen konnten
nicht festgestellt werden. Der Kläger erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3.4.2003 Widerspruch, den er damit begründete,
dass er seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt habe. Auch hätten weder er noch
seine Mutter irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder ähnlichem erhalten. Außerdem habe er die Erbschaft vor
dem Notariat 3 in Karlsruhe am 28.3.2003 ausgeschlagen. Aus diesen Gründen sei für ihn eine Kostenerstattung nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers als unbegründet
zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium unter anderem aus, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet,
diesen von seiner Kostentragungspflicht zu entbinden. Er sei als Sohn und nächster Angehöriger bestattungspflichtig. Daran
ändere auch die Erbschaftsausschlagung nichts, da die Kostentragungspflicht ihre Grundlage nicht in der bürgerlich-rechtlichen
Erbenstellung, sondern in der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Angehörigen finde, für die Bestattung des Verstorbenen
zu sorgen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.12.2003 - dem
Antrag der Beklagten entsprechend - ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bestattung zu
Recht auf Kosten des bestattungspflichtigen Klägers veranlasst. Der Kläger sei als bestattungspflichtige Person gemäß § 21
Abs. 1 Nr. 1 BestattG verpflichtet, die entstandenen Kosten für die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu tragen. Auch
wenn nie ein Kontakt zwischen dem Kläger und seinem verstorbenen Vater bestanden habe, sei die Beklagte nicht verpflichtet
gewesen, von seiner Inanspruchnahme abzusehen. Die Bestattungspflicht werde nicht davon abhängig gemacht, dass zwischen den
Angehörigen vor dem Todesfall soziale Kontakte unterhalten worden seien. Ebenso wenig komme es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen
an. Nicht gefolgt werden könne auch dem Einwand des Klägers, dass er nach der zum Zeitpunkt seiner Geburt im Jahre 19xx geltenden
Rechtslage als nichteheliches Kind nicht als mit seinem Erzeuger verwandt gegolten habe, weshalb er heute auch nicht als Angehöriger
des Verstorbenen im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG angesehen werden könne. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt
des Erlasses des angefochtenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids sei der Kläger rechtlich als Angehöriger
des Verstorbenen zu betrachten gewesen, ohne dass hierin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung gesehen werden
könne. Ferner sei rechtlich unerheblich, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnhaft sei. Entscheidend sei allein,
dass der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten sei und die zuständige Behörde die Bestattung veranlasst habe. Schließlich
könne unerörtert bleiben, ob eine Kostentragungspflicht bei Vorliegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen sei. Denn eine
solche sei vorliegend nicht ersichtlich. Unberührt bleibe jedoch der Anspruch des Bestattungspflichtigen auf Übernahme der
erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts, wenn ihm die Übernahme der Bestattungskosten nicht
zugemutet werden könne. Unerheblich sei schließlich die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Forderungen gegenüber
der Beklagten.
Mit Beschluss vom 8.3.2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Ein Angehörigkeitsverhältnis
zwischen ihm und dem Verstorbenen habe nie bestanden. Er bestreite, dass er überhaupt von dem Verstorbenen gezeugt worden
sei. Einen entsprechenden Nachweis habe die Beklagte nicht geführt. Davon abgesehen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt nach
der damals geltenden Bestimmung des §
1589 Abs.
2 BGB ein uneheliches Kind und dessen Vater nicht als verwandt gegolten. Dass diese Bestimmung später entfallen sei, dürfe nicht
zu seinen Lasten gehen. Er sei daher auch heute nicht im bestattungsrechtlichen Sinne als Angehöriger des Verstorbenen zu
betrachten. Im Übrigen verstoße die Anwendung der Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes im vorliegenden
Fall gegen verfassungsrechtliche Grundsätze; seine Heranziehung zu den Bestattungskosten sei "menschenrechtswidrig". Das Bestattungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass in den Fällen, in denen keinerlei Kontakt zwischen dem Verstorbenen und
dem Bestattungspflichtigen bestanden habe, eine Kostenerstattung nicht vorgenommen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.2003 - 3 K 1991/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums
Karlsruhe vom 23.6.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe
vom 5.9.1958 - 7 C 324/58 - ergebe sich eindeutig, dass der Verstorbene als außerehelicher Vater des Klägers gelte und dass er verurteilt worden sei,
dem Kläger von dessen Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres als Unterhalt eine vierteljährlich vorauszahlbare Geldrente
in Höhe von 135,-- DM zu bezahlen. Wenn der Kläger seinen Unterhaltsanspruch nicht vollstreckt habe oder habe vollstrecken
lassen, so könne er jetzt auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er habe seinen Vater nie gekannt und nie Unterhalt
von ihm bezogen. Eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Beklagte oder das Land Baden-Württemberg komme unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt in Betracht.
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird
auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass,
die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§
113 Abs.
1 Satz 1
VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der
Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß
§ 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht
rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten
durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede
Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen
der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen
in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für
die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu
veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss
grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen,
dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass
die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung,
weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper
übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl.
Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen
der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger
verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges
Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt
wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im
Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg
in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt
hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte)
auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war.
Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen des Bestattungsgesetzes
nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige
Kinder.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der
Kläger - noch unter der Geltung des §
1589 Abs.
2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf
die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des §
1589 Abs.
2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr
bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber
bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen
Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige
Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich
als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht
in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche
Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten
zu tragen.
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg
ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende
Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb
hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher
dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§
130 b VwGO).
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen
Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht
gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme
vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen
Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt.
Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der
Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt.
Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige
Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung
in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs
wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall
der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§
1361 Abs.
3,
1579 Nrn. 2 - 7, 1611
BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr
dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen
Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr
müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und
die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den
Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind
kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus
fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen
enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge
beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden
Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche
Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein
"Dauerschuldverhältnis" zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen
des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§
1361 Abs.
3,
1579 Nr.
2 - 7 und 1611
BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet
bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen
gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme
der Bestattungskosten (vgl. §§
844 Abs.
1,
1360 a Abs.
3,
1615 Abs.
2,
1615 m BGB).
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht
nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit
dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist
für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst
bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich
von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig
begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten
herrühren. Wie das Kriterium der "Zumutbarkeit" zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche
Notlage des "Verpflichteten" behoben werden. Vielmehr wird an "die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für
eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger" angeknüpft, deren Maß von der nach der "Besonderheit des Einzelfalles" zu beurteilenden
Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der "Zumutbarkeit"
im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht
des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen
BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter
Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher,
ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten
und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem
Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg
Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus §
15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO gegeben ist.
B e s c h l u s s vom 19. Oktober 2004
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. auf 1.646,16 EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes - KostRModG - vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
Der Beschluss ist unanfechtbar.