Sozialhilferecht: Erstattung von Aufwendungen nach § 121 BSHG, Voraussetzungen und Zuständigkeit
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Erstattung der anläßlich des Krankenhausaufenthalts des Patienten D. L. vom 30.05.
bis 23.06.1993 entstandenen Kosten. Der seinerzeit in S. wohnhafte D. L. war am Nachmittag des 29.05.1993 bewußtlos aufgefunden
und stationär als Eilfall im Kreiskrankenhaus S. aufgenommen worden. Dort wurde wegen der Schwere der Erkrankung seine sofortige
Verlegung in das Klinikum der Klägerin für notwendig gehalten, und D. L. wurde noch in der Nacht zum 30.05.1993 mit dem Hubschrauber
nach F. gebracht. Dort verstarb er am 23.06.1993.
Mit am 11.06.1993 eingegangenem Kostenübernahmeantrag vom 09.06.1993 wandte sich das Klinikum zunächst an die Stadt F., die
diesen Antrag schließlich mit Schreiben vom 30.07.1993 an den Beklagten schickte, wo er am 04.08.1993 einging. Mit entsprechenden
Anträgen vom 23.06. und vom 02.08.1993, eingegangen am 24.06. und am 04.08.1993, hatte sich das Klinikum auch unmittelbar
an den Beklagten gewandt. Bereits am 08.06.1993 war eine Rechnung des Deutschen Roten Kreuzes L. über 214,99 DM Kosten für
den Transport des D. L. von der Wohnung ins Kreiskrankenhaus S. beim Beklagten eingegangen, mit der allerdings zunächst niemand
etwas anfangen konnte. Am 21.06.1993 ergab dann eine telefonische Rückfrage bei der Verwaltung des Kreiskrankenhauses S.,
daß D. L. am 29.05.1993 in das Krankenhaus aufgenommen und am 30.05.1993 in das Klinikum F. verlegt worden war; man habe aber
keinerlei Angaben, so daß zunächst eine Selbstzahlerrechnung erstellt werde (AS 1).
Mit Bescheid vom 19.08.1993 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 09.06.1993 ab. Zur Begründung war ausgeführt,
die Hilfebedürftigkeit des D. L. sei dem Beklagten durch die Aufnahme in das Kreiskrankenhaus S. am 29.05.1993 bekannt geworden.
Ansprüche auf Übernahme der Krankenhauskosten könnten deshalb nur von D. L. selbst geltend gemacht werden. D. L. sei aber
verstorben, und Sozialhilfeansprüche seien nicht vererbbar. Die Erstattungsvorschrift des § 121 BSHG greife nicht, denn sie setze voraus, daß dem Träger der Sozialhilfe die Notlage noch nicht nach § 5 BSHG bekannt gewesen sei.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben ohne Datum, aber rechtzeitig, Widerspruch ein (AS 51/53), in dessen Verlauf der Erstattungsbetrag durch Rechnung vom 26.08.1993 mit 38.225,96 DM beziffert wurde. Zur Begründung
machte die Klägerin mit Schreiben vom 16.02.1994 geltend, der Anspruch basiere zweifelsfrei auf § 121 und § 103 BSHG. § 97 Abs. 2 BSHG a.F. treffe zu, weil das Kreiskrankenhaus S. als Organ des Sozialhilfeträgers an der Verlegung des Hilfebedürftigen nach
F. aktiv mitgewirkt habe.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.1994 zurück. Zur Begründung wurden die Erwägungen des
Ausgangsbescheids wiederholt, insbesondere, daß § 121 BSHG nur dann Anwendung finde, wenn dem Sozialhilfeträger die Notlage noch nicht nach § 5 BSHG bekannt sei; nach dem Grundsatz der Einheit der Verwaltung sei dem Beklagten die Notlage aber mit der Aufnahme des D. L.
in das Kreiskrankenhaus S. am 29.05.1993 bekannt geworden. Anspruchsinhaber habe deshalb ab 29.05.1993 nur D. L. selbst sein
können. Das Kreiskrankenhaus S. habe eine Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfe nicht treffen können.
Am 11.03.1994 hat die Klägerin unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben
mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, 38.225,96 DM zu erstatten. Zur Begründung
hat die Klägerin noch geltend gemacht, die Auffassung des Beklagten, wonach die Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfe
nicht auf das Kreiskrankenhaus übertragen sei, sei falsch. Das Kreiskrankenhaus habe als Organ des Sozialhilfeträgers des
Landkreises L. Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG gewährt.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und zur Begründung ebenfalls seinen bisherigen Vortrag wiederholt.
Mit Urteil vom 09.10.1995 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es könne offenbleiben,
wann der Beklagte vom Hilfefall Kenntnis erlangt habe. Wenn es nämlich zutreffe, daß der Beklagte mit der Aufnahme des Hilfebedürftigen
Kenntnis erlangt und das Kreiskrankenhaus unmittelbar die Gewährung von Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG übernommen habe, dann müsse die Fortsetzung dieser Behandlung durch die Klinik der Klägerin als Krankenhilfe im Auftrag des
Beklagten angesehen werden. Deshalb sei die Klage nach §
670 BGB in entsprechender Anwendung begründet. Auch im Sozialhilferecht komme eine Erstattung von Aufwendungen aufgrund Auftrags
in Betracht. Zwar fehle es an einer allgemeinen Vereinbarung, doch seien die Umstände des Falles so gelagert, daß sie einer
ausdrücklichen Zusicherung gleichgestellt werden müßten.
Gegen das ihm am 30.10.1995 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 28.11.1995 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er geltend
macht, eine ausdrückliche Vereinbarung und eine Beauftragung des Klinikums der Klägerin sei weder generell noch im vorliegenden
Einzelfall getroffen worden. Von einem Auftragsverhältnis könne schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil zum Zeitpunkt
der Verlegung des Hilfebedürftigen nicht erkennbar gewesen sei, daß dieser zum Kreis der Sozialhilfeberechtigten gehörte.
Der Landkreis müsse sich die Kenntnis des Kreiskrankenhauses zurechnen lassen, es sei aber völlig abwegig anzunehmen, daß
das Kreiskrankenhaus immer dann, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht geklärt seien, für den Sozialhilfeträger
Krankenhilfe nach dem BSHG zu leisten hätte. Aus diesen Gründen könne die Klägerin einen Erstattungsanspruch aus eigenem Recht über § 121 BSHG nicht geltend machen. Anderenfalls wäre der Landkreis für die Regelung der in F. entstandenen Kosten gemäß § 97 Abs. 2 BSHG in der bis zum 26.06.1993 geltenden Fassung örtlich nicht zuständig.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Oktober 1995 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen außer den Akten des Verwaltungsgerichts die zur Sache gehörenden Akten des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§
101 Abs.
2 VwGO).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin
den streitigen Betrag zu bezahlen.
Der entsprechende Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 121 BSHG. Nach dieser Vorschrift sind jemandem, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt, die der Träger der Sozialhilfe bei
rechtzeitiger Kenntnis nach dem BSHG gewährt haben würde, auf Antrag die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten. § 121 BSHG enthält systematisch eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz des § 5 BSHG, wonach Sozialhilfe erst einsetzt, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung
vorliegen. Sie sieht ein speziell sozialhilferechtliches und damit öffentlich-rechtliches Institut der Geschäftsführung ohne
Auftrag vor und regelt die Erstattung von Aufwendungen Dritter, die in öffentlich- rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag
für den Träger der Sozialhilfe gehandelt haben. Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, daß jemand, der kein Träger der
Sozialhilfe und auch keine Behörde oder Amtsträger (z.B. Kreiskrankenhaus) des zuständigen Sozialhilfeträgers ist, einem anderen
in einem Eilfall Hilfe gewährt, also in einem Fall, in dem rechtzeitige Hilfeleistung des Trägers der Sozialhilfe nicht möglich
erscheint, bei objektiver Betrachtung sofortige Hilfeleistung notwendig ist, wenn also in einer plötzlich auftretenden Notlage
sofort gehandelt und geholfen werden muß. Ferner wird vorausgesetzt, daß die Hilfe in einem Zeitraum geleistet wird, in dem
der zuständige Sozialhilfeträger (noch) keine Kenntnis von dem Hilfefall erlangt hat. Für die Zeit nach Kenntniserlangung
besteht ein Erstattungsanspruch nach § 121 BSHG nicht. Die Ausnahmesituation, der diese Vorschrift Rechnung tragen will, endet mit dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Hilfefalls
beim Träger der Sozialhilfe (vgl. BVerwG, Urteil vom 02.04.1987, BVerwGE 77, 181 = FEVS 36, 361 = NVwZ 1988, 153; Urteil vom 03.12.1992, FEVS 44, 89 = NVwZ 1993, 994 = NDV 1993, 282; Urteil des Senats vom 03.09.1986 - 6 S 1530/85 -, FEVS 36, 139; HessVGH, Urteil vom 15.12.1992, FEVS 44, 247; OVG Koblenz, Urteil vom 04.03.1983, NVwZ 1983, 754 = FEVS 34, 257; LPK-BSHG, 4. Aufl. 1994, § 121 RdNrn. 1 und 2; Oestreicher/ Schelter/Kunz, BSHG, Stand 1996, § 121 RdNrn. 3 und 5; Schellhorn/Jirasek/ Seipp, BSHG, 14. Aufl. 1993, § 121 RdNr. 1; Mergler/Zink, BSHG, Stand 1996, § 121 RdNrn. 2, 6, 7; Jehle/Schmitt, BSHG, Stand 1996, § 121 RdNrn. 7 und 10).
Die Klägerin ist formal anspruchsberechtigt. Sie ist weder ein anderer Sozialhilfeträger noch eine Einrichtung des Beklagten.
Es war auch ein Eilfall gegeben. Der Hilfeempfänger D. L. war bewußtlos aufgefunden, sofort ins Kreiskrankenhaus S. gebracht
worden, wo dann seine sofortige Weiterverlegung in das Klinikum der Klägerin aus medizinischen Gründen für notwendig gehalten
wurde. Es mußte also sofort geholfen werden, Hilfe des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, des Beklagten, erschien im Zeitpunkt
des Auftretens des Notfalls nicht möglich. Darüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.
Gestritten wird ausschließlich darüber, ob der Beklagte im maßgeblichen Zeitraum vom Hilfefall Kenntnis hatte, was, wenn es
zuträfe, zum Ausschluß von Erstattungsansprüchen nach § 121 BSHG führen müßte. Dies kann der Senat aber nicht feststellen.
Der Begriff der Kenntnis in § 121 BSHG kann mit demjenigen des Bekanntwerdens ("bekannt wird") in § 5 BSHG nicht gleichgesetzt werden. Vielmehr muß im jeweiligen Einzelfall differenziert werden, je nach dem, ob es um einen hinsichtlich
des Kenntnisstands sich an § 5 BSHG orientierenden Anspruch eines Hilfebedürftigen oder um den Anspruch eines Nothelfers aus § 121 BSHG geht. Beide Vorschriften haben nämlich schon im Ansatz völlig verschiedene Interessenlagen zum Regelungsinhalt. § 5 BSHG trägt einerseits dem Interesse des Sozialhilfeträgers Rechnung, in die Vergangenheit zurückreichende Sozialhilfebegehren
nicht erfüllen zu müssen, andererseits schützt die Vorschrift aber auch den Hilfebedürftigen davor, daß der Sozialhilfeträger
sich ungerechtfertigt auf "Nichtbekanntwerden" zurückzieht. § 121 BSHG dient demgegenüber ausschließlich der Durchsetzung der Interessen des Nothelfers.
Zur Frage, wem was wann im Sinne von § 5 BSHG bekannt sein muß, hat sich eine breite Rechtsprechung entwickelt. Danach steht fest, daß die Kenntnis irgendeiner Behörde
der Gemeinde oder des Kreises als Trägern der Sozialhilfe nicht genügt; denn die Träger der Sozialhilfe sind rechtlich selbständige
Rechtssubjekte, die die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheiten durchführen. Deshalb genügt auch nicht die Kenntnis
eines örtlich unzuständigen Sozialhilfeträgers. Vielmehr muß der örtlich und sachlich zuständige Träger oder eine von ihm
beauftragte Stelle die im Sinne von § 5 maßgebende Kenntnis erlangt haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.1983, BVerwGE 66,
335; vom 09.02.1984, BVerwGE 69, 5). Dadurch, daß die Kenntnis auch anderer (beauftragter) Stellen genügt, schließt § 5 BSHG also die bloße Fiktion im Sinne von Kennenmüssen ein, was im Interesse des Hilfesuchenden auch gewollt sein dürfte. Dementsprechend
ist es denkbar, daß sich im Einzelfall das Sozialamt sozialhilferechtlich relevante Kenntnisse des Jugendamts zurechnen lassen
muß, denn es ist Sache der Organisation des Trägers der Sozialhilfe, entsprechende Informationen der behördenintern zuständigen
Stelle zuzuleiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.06.1963, BVerwGE 16, 156; Beschluß des Senats vom 21.08.1990 - 6 S 1672/90). Im übrigen braucht im Sinne von § 5 BSHG der Träger der Sozialhilfe die Notwendigkeit einer Hilfeleistung einerseits nicht zu erahnen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 09.11.1976,
DÖV 1977, 334 und Urteil vom 08.07.1982, FEVS 31, 441 sowie ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Beschluß vom 12.02.1997 - 6 S 1359/96), andererseits darf er sich aber auch nicht künstlich in die Rolle des Ahnungslosen begeben (vgl. Urteil des Senats vom 23.10.1991
- 6 S 2641/89 - und Beschluß vom 12.02.1997, a.a.O.).
Anderes erfordert die in § 121 BSHG geregelte Interessenlage. Ihr würde entscheidend zuwiderlaufen, wenn der Beklagte für sich einen nur fiktiven Kenntnisstand
in Anspruch nehmen dürfte, der seinen Grund lediglich in dem "Grundsatz der Einheit der Verwaltung" (BVerwG, Urteil vom 03.12.1992,
a.a.O.), was immer das ist, hat. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht im eben genannten Urteil auch offengelassen,
ob Krankenhaus oder Feuerwehr, die im entschiedenen Fall zuerst geholfen hatten, "andere Dienststellen" des Sozialhilfeträgers
sein könnten, deren - zwangsläufig gegebene Kenntnis - Ansprüche nach § 121 BSHG ausschließen könnten.
Der Senat ist der Überzeugung, daß Kenntnis im Sinne von § 121 BSHG nur die positive Kenntnis des zuständigen Sozialamts sein kann, und daß Kenntnis anderer Stellen, auch beauftragter Stellen,
nicht genügt. Das erfordert die Interessenlage desjenigen, der Ansprüche aus § 121 BSHG herleitet. Derartige Ansprüche auszuschließen, nur weil eine vom Träger der Sozialhilfe beauftragte Stelle oder irgendeine
andere Behörde oder Stelle, die mit dem Sozialamt zusammenarbeitet, Kenntnis hat, würde bedeuten, daß in den meisten Fällen
der Nothelfer keine Ansprüche hätte. Das kann nicht der Sinn von § 121 BSHG sein. Maßgebend ist deshalb die Kenntnis der speziell mit der Durchführung des BSHG beauftragten Verwaltungsstelle, nämlich des Sozialamts (vgl. OVG Münster, Urteil vom 02.07.1992, FEVS 43, 296).
Ob ein Eilfall auch dann ausgeschlossen sein könnte, wenn es dem Nothelfer möglich ist, den Träger der Sozialhilfe rechtzeitig
von der Notlage zu unterrichten, er dies aber unterläßt (vgl. Hess.VGH, a.a.O.), braucht nicht entschieden zu werden, denn die Klägerin trifft in dieser Hinsicht kein möglicherweise anspruchsausschließendes
Versäumnis. Sie hat das aus ihrer Sicht und nach der für sie erkennbaren Sachlage Richtige getan, nämlich unverzüglich das
Sozial- und Jugendamt der Stadt F. in Kenntnis gesetzt. Daß dieses in Wahrheit nicht zuständig war und die Benachrichtigung
erst mit Eingang 04.08.1993 an den Beklagten weitergegeben hat, geht nicht zu Lasten der Klägerin. Anschließend hat die Klägerin
denn auch den Beklagten unmittelbar vom Hilfefall informiert, allerdings erst mit Eingang 24.06. und 04.08.1993. Der Hilfeempfänger
D. L. war aber bereits am 23.06.1993 verstorben. Zu diesem Zeitpunkt war beim Beklagten lediglich eine Rechnung des Deutschen
Roten Kreuzes L. eingegangen, die bei verschiedenen Sachgebieten herumgereicht wurde (AS 1a) und letztlich beim Sozialamt
am 21.06.1993 zu einer telefonischen Rückfrage beim Kreiskrankenhaus S. führte. Dessen im Aktenvermerk vom 21.06.1993 (AS
1) festgehaltene Auskunft kann aber nicht die Annahme begründen, das Sozialamt des Beklagten habe nunmehr vom Hilfefall Kenntnis
erlangt. Dies war vielmehr erst mit Eingang der Kostenübernahmeanträge der Klägerin vom 23.06. und vom 02.08.1993, also nach
dem Ablauf des entscheidungserheblichen Zeitraums, der Fall.
Es kann also keine Rede davon sein, daß der Hilfefall, wie der Beklagte ständig vorträgt, ihm mit Aufnahme des Hilfebedürftigen
in das Kreiskrankenhaus S. am 29.05.1993 bekannt geworden wäre. Erstmals in der Berufungsbegründung trägt er denn auch noch
vor, der Landkreis als Sozialhilfeträger müsse sich die Kenntnis des Kreiskrankenhauses S. als Kenntnis gemäß § 5 BSHG zurechnen lassen. Dies trifft die Sach- und Rechtslage schon eher, allerdings auch wieder nicht ganz, denn selbstverständlich
muß sich der Beklagte die Kenntnis des Kreiskrankenhauses nicht zurechnen lassen. Was er in Wahrheit tut, ist, daß er sich
die Kenntnis des Kreiskrankenhauses durch eigenes Tun einfach selbst zurechnet, und zwar ausschließlich zu Lasten der Klägerin.
Dazu hat er aber kein Recht.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann offenbleiben, ob eine Erstattung der Aufwendungen der Klägerin auch aufgrund Auftrags
(vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 02.04.1987, a.a.O., S. 187f.) in Betracht kommen könnte.
Der Landkreis L. ist auch der richtige Beklagte. Zuständig für die Entscheidung über die Erstattung der Aufwendungen nach
§ 121 BSHG ist derjenige Sozialhilfeträger, der bei rechtzeitiger Kenntnis die Hilfe selbst gewährt haben würde, in dessen örtlichem
Zuständigkeitsbereich also der Hilfesuchende bei der Nothilfe seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte (OVG Münster, Urteil vom
27.03.1990, FEVS 41, 76; Schellhorn/Jirasek/Seipp, a.a.O., § 121 RdNr. 19; Mergler/Zink, a.a.O., § 121 RdNr. 22; anderer Ansicht wohl LPK-BSHG, a.a.O., § 121 RdNr. 12). Das ist der Beklagte. Dieser hat seine örtliche Zuständigkeit der Klägerin gegenüber auch verschiedentlich anerkannt
(vgl. AS 53, 137, 155 der Behördenakten, AS 59 VG-Akte). Sollte der letzte S. der Berufungsbegründung vom 27.11.1995 bedeuten,
der Beklagte halte sich nach § 97 Abs. 2 BSHG in der bis zum 26.06.1993 geltenden Fassung nur dann für örtlich zuständig, wenn man das Kreiskrankenhaus S. in die "Einheit
der Verwaltung" einbezieht, so könnte dem im Hinblick auf § 97 Abs. 2 BSHG a.F. möglicherweise gefolgt werden. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt aber aus § 97 Abs. 1 BSHG a.F. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, setzt der Begriff des tatsächlichen Aufenthalts in § 97 Abs. 1 BSHG a.F. grundsätzlich zwar die physische Anwesenheit des Hilfesuchenden voraus, doch führen vorübergehende, insbesondere krankheitsbedingte
Abwesenheiten noch nicht zum Wechsel der örtlichen Zuständigkeit (vgl. Beschluß vom 01.08.1990 - 6 S 1275/90 -, Urteil vom 14.08.1991 - 6 S 69/88 - und zuletzt Urteil vom 23.11.1995 - 6 S 941/93 -, FEVS 46, 449 = info also 1996, 83). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Hilfeempfänger D. L. hatte bei Einsetzen der Hilfe seinen tatsächlichen Aufenthalt
in S., also im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Seine Verlegung in das Klinikum der Klägerin nach F. hatte erkennbar
vorübergehenden, krankheitsbedingten Charakter. Daran ändert nichts, daß die Dinge sich dann faktisch anders entwickelt haben.
Dieser Befund begründet die örtliche Zuständigkeit des Beklagten gemäß § 97 Abs. 1 BSHG a.F. Für die Zeit nach dem 27.06.1993 ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Beklagten aus § 97 Abs. 1 S. 2 BSHG n.F.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
154 Abs.
2,
188 S. 2
VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO gegeben ist.