Budget, Gesamtbetrag, Erlöse, Kappung, Obergrenze, Grundsatz, Beitragssatzstabilität, Ausdeckelungstatbestand, Veränderungsrate,
Erforderlichkeit
Tatbestand:
Die Klägerin, eine an den Pflegesatzverhandlungen beteiligte Sozialleistungsträgerin, wendet sich mit ihrer Klage gegen die
Genehmigung eines Schiedsspruchs, durch den der Gesamtbetrag der Erlöse und das Budget des Fachkrankenhauses für Psychiatrie
und Neurologie der Beigeladenen sowie die daraus abgeleiteten Pflegesätze für das Jahr 2000 festgelegt wurden.
Bei den Pflegesatzverhandlungen für das Jahr 2000 konnten sich die Klägerin und die Beigeladene im Wesentlichen in zwei Punkten
nicht einigen. Zum einen machte die Beigeladene bei der Berechnung des Gesamtbetrages und des Budgets 2000 zusätzliche Kapazitäten
für medizinische Leistungen aufgrund einer geänderten Krankenhausplanung geltend, die nach ihrer Auffassung eine Überschreitung
des um die Veränderungsrate erhöhten Gesamtbetrages des Jahres 1999 erforderlich machen. Grund hierfür war die Tatsache, dass
der Beigeladenen mit Feststellungsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.06.1999 die Planbetten in der Neurologie
von bisher 41 auf 51 Betten erhöht wurden. Davon waren 15 Betten zur Versorgung von Epileptikern vorgesehen. Die neue Epilepsiestation
der Beigeladenen wurde zum 01.01.2000 mit insgesamt 12 Betten in Betrieb genommen, wovon sich 7 Betten räumlich in der neuen
Epilepsiestation befanden; 5 weitere Betten wurden innerhalb der Neurologiestation umgewidmet. Für die 7 neuen Betten machte
die Beigeladene ursprünglich eine Erhöhung des Budgets um DM 1.733.312,-- geltend. Nachdem die Klägerin diese Erhöhung zunächst
dem Grunde nach und hilfsweise auch in der Höhe bestritten hatte, setzte die Schiedsstelle mit Beschluss vom 12.10.2000 den
Erhöhungsbetrag für die 7 neuen Betten auf DM 1.301.230,-- fest. Diese Festsetzung wird von der Klägerin nicht mehr angegriffen.
Sie ist jedoch weiterhin der Auffassung, dass sich insbesondere diese Erhöhung nicht auf das festzusetzende Budget und den
Gesamtbetrag für das Jahr 2000 auswirke, da der von der Beigeladenen berechnete Gesamtbetrag und das Budget einer zusätzlichen
Kappungsberechnung zu unterwerfen seien. Sie meint, der in §
71 SGB V formulierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität gestatte im Ergebnis nur die Festsetzung eines Gesamtbetrages bis zur Höhe
des um die Veränderungsrate erhöhten (unbereinigten) Gesamtbetrages des Vorjahres, d.h. eines um das 1,0143-fache erhöhten
Gesamtbetrages des Jahres 1999 (hier: DM 51.123.276,--). Dieser Auffassung ist die Schiedsstelle nicht gefolgt. Sie hat mit
Beschluss vom 12.10.2000 zunächst dargelegt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach ihrer Auffassung nur unter
Berücksichtigung der Vorgaben des §
6 Bundespflegesatzverordnung -
BPflV - zu beachten sei. Aus diesem Grund hatte sie das Verfahren bis zum 06.11.2000 ausgesetzt, um den Beteiligten Gelegenheit
zur Einigung zu geben.
In der Folgezeit stimmten - mit Ausnahme der Klägerin - alle weiteren beteiligten Sozialleistungsträger der Pflegesatzvereinbarung
zu. Auf den, auf der Grundlage des Beschlusses der Schiedsstelle vom 12.10.2000 korrigierten Antrag der Beigeladenen setzte
die Schiedsstelle mit Beschluss vom 14.11.2000 den Gesamtbetrag der Erlöse (§
6 Abs.
1 BPflV) und das Budget (§
12 Abs.
1 BPflV) auf DM 53.322.962,-- fest. Dieser Beschluss der Schiedsstelle wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 23.11.2000
genehmigt.
Am 21.12.2000 hat die Klägerin gegen diesen Bescheid Klage erhoben und dessen Aufhebung begehrt. Zur Begründung trug sie im
Wesentlichen vor: Sowohl die Schiedsstelle als auch das Regierungspräsidium hätten zu Unrecht eine zusätzlich Kappung nach
§
71 Abs.
2 SGB V abgelehnt. §
71 Abs.
1 SGB V verweise ausdrücklich auf das Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG - und beziehe damit den Grundsatz der Beitragssatzstabilität in die Vergütung von Krankenhausleistung mit ein. Dass § 17 KHG nur auf §
71 Abs.
1 SGB V verweise, schließe die Geltung des §
71 Abs.
2 SGB V nicht aus. In §
71 Abs.
2 Satz 2
SGB V sei geregelt, dass abweichend von Absatz 2 Satz 1 eine Überschreitung der Veränderungsrate nur zulässig sei, wenn die damit
verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen
würden. Dies könne bei systematischer Auslegung des §
6 BPflV nur bedeuten, dass bei Anwendung des §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV auch die gesetzgeberische Anordnung des §
71 Abs.
2 Satz 2
SGB V mit zu berücksichtigen sei. Praktisch bedeute dies, dass bei der Prüfung des Vorliegens einer der Tatbestände des §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV jeweils darzulegen sei, wie und wo sich Einsparungen an anderer Stelle, ggf. bei anderen Einrichtungen, ergeben könnten.
Nur so werde der unbedingte Vorrang der Beitragssatzstabilität nicht unterlaufen.
Mit Urteil vom 17.10.2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der vom Regierungspräsidium für das Jahr 2000 genehmigte - rechnerisch unstreitige - Gesamtbetrag der Erlöse der Beigeladenen
sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Anwendung von §
71 SGB V auf der Basis des Gesamtbetrages des Vorjahres zu begrenzen. Zwar enthalte der in §
71 SGB V geregelte Grundsatz der Beitragssatzstabilität die Grundregel für alle Leistungsbereiche. Für den Krankenhausbereich sei
jedoch mit §
6 BPflV eine spezielle Regelung geschaffen worden, die angesichts ihrer Spezialität Vorrang gegenüber dieser Grundregel habe. Dies
gelte selbst dann, wenn dadurch das Ziel der Beitragssatzstabilität nicht erreicht werden könne. In §
6 Abs.
1 Satz 3
BPflV sei eigenständig geregelt, dass und wie der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten sei. Aus dem Gesamtsystem der
Regelungen lasse sich kein Anhaltspunkt für die von der Klägerin vertretene Auffassung entnehmen, wonach zur Ergänzung der
Regelungen in §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV aus §
71 SGB V eine zweite Schranke herzuleiten sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Normenhierarchie.
Sowohl §
71 SGB V als auch §
6 BPflV hätten ihre maßgebliche Fassung durch das GKV-GRG 2000 erhalten und seien deshalb beide als formelles Gesetz einzustufen. Dass §
6 BPflV durch Rechtsverordnung geändert werden könne, sei insoweit ohne Belang.
Mit Zulassung durch den Senat hat die Klägerin gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die sie fristgerecht im Wesentlichen
wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass §
6 BPflV aufgrund seiner Spezialität Vorrang gegenüber der Grundregel des §
71 SGB V habe. Vielmehr erfordere das Verhältnis von §
6 BPflV zu §
71 SGB V eine differenziertere Betrachtung. Werde in Anwendung von §
6 BPflV ein Gesamtbetrag errechnet, der über dem um die Veränderungsrate fortgeschriebenen Gesamtbetrages des Vorjahres liege, so
sei dieser gemäß §
71 SGB V entsprechend zu kappen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Beitragssatzstabilität sei bei der Anwendung des §
6 BPflV nur dann zulässig, wenn sonst die notwendige medizinische Versorgung auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten sei. Die in § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr.
1 bis 5 bzw. in §
6 Abs.
4 Satz 2
BPflV genannten Ausdeckelungstatbestände ließen eine Überschreitung der Veränderungsrate nur zu, wenn die dort genannten Umstände
dies erforderlich machen würden. Dies sei nur dann der Fall, wenn Wirtschaftlichkeitsreserven des Krankenhauses bereits ausgeschöpft
seien. In allen anderen Fällen müssten zunächst diese Reserven genutzt werden, bevor die Veränderungsrate überschritten werden
könne. Eine Erforderlichkeitsprüfung in diesem Sinne sei jedoch bislang nicht durchgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17.10.2002 - 8 K 2591/00 - zu ändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 23.11.2000 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen ergänzend vor: Das Pflegesatzrecht schließe den sozialleistungsrechtlichen
Grundsatz der Beitragssatzstabilität konkretisierend ein und erstrecke ihn im Ergebnis über §
71 SGB V hinaus auf die Pflegesätze für sämtliche Krankenhausbenutzer, d.h. auch für Versicherte einer privaten Krankenkasse. Schon
daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines eigenständigen und in sich geschlossenen Pflegesatzrechts. §
71 SGB V enthalte bereits nach der Gesetzesterminologie nur eine Grundsatzregelung. Dieser Grundsatz bedürfe insbesondere im Pflegesatzrecht
einer besonderen Ausgestaltung. Dies werde zum einen durch die Ermittlung eines periodengerechten Gesamtbetrages als Basisbetrag
für die Fortschreibung um die Veränderungsrate erreicht. Darüber hinaus sehe das Pflegesatzrecht in §
6 Abs.
3 BPflV dann eine Berichtigung des vereinbarten Gesamtbetrages des Vorjahres vor, wenn die BAT-Entwicklung die Veränderungsrate überstiegen habe. Auch dies werde außerhalb der Veränderungsrate berücksichtigt (vgl. §
6 Abs.
1 Satz 4 2. Halbs.
BPflV). Daneben lasse das Pflegesatzrecht mit so genannten Ausdeckelungstatbeständen (vgl. §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV) ausdrücklich eine Überschreitung der Veränderungsrate bis zur Gesamtbetragsobergrenze zu. Diesen Ausnahmeregelungen lägen
einerseits gesundheitspolitische Erwägungen oder allgemein-politische Erwägungen zugrunde. Diese Gesamtbetragsobergrenze sei
nicht zusätzlich daraufhin zu überprüfen, ob noch Wirtschaftlichkeitsreserven ausgeschöpft werden könnten. Sie ergäbe sich
grundsätzlich unabhängig von den Kosten des Krankenhauses und damit auch unabhängig von einer wirtschaftlichen Betriebsführung.
Die Kosten des Krankenhauses und damit die wirtschaftliche Leistungserbringung spiele bei der Ermittlung der Gesamtbetragsobergrenze
nur für die Frage eine Rolle, ob die Ausdeckelungstatbestände eine Überschreitung der Veränderungsrate "erforderlich" machen
würden. Erste Voraussetzung hierfür sei sicherlich, dass die Ausdeckelungstatbestände zu pflegesatzrelevanten Mehrkosten gegenüber
den bisherigen Kosten führten. Kosten, die bei sparsamer Wirtschaftsführung nicht entstünden, könnten auch nicht erforderlich
im Sinne der Ausdeckelungstatbestände sein. Habe man sich über die Höhe der wirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Mehrkosten
geeinigt, stelle sich allein die Frage, ob eine dergestalt erhöhte Obergrenze mindestens einem leistungsgerechten Gesamtbetrag
entspreche. Da der Gesamtbetrag 2000 auf dem vereinbarten Gesamtbetrag 1999 aufbaue und die Klägerin neue Unwirtschaftlichkeiten
nicht vorgetragen habe, sei vorliegend von einem leistungsgerechtem Gesamtbetrag auszugehen.
Der Senat hat über die Berufung mündlich verhandelt; auf die Niederschrift vom 01.03.2005 wird verwiesen. Ihm liegen die vom
Regierungspräsidium vorgelegten Verwaltungsakten (7 Bände) sowie die zur Sache gehörenden Akten des Verwaltungsgerichts vor.
Auf diese Akten sowie auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird wegen der Einzelheiten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das
Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom
23.11.2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
113 Abs.
1 Satz 1
VwGO).
Mit diesem Bescheid wurde dem Beschluss der Schiedsstelle vom 14.11.2000 die Genehmigung erteilt und damit Rechtswirksamkeit
verliehen. Das setzte voraus, dass der Schiedsspruch den Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und sonstigem Recht
entsprach (vgl. § 18 Abs. 5 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz in der insoweit unveränderten Fassung der Bekanntmachung
vom 10.04.1991 [BGBl. I, S. 886]). Das ist der Fall. Der Schiedsspruch setzte den Gesamtbetrag der Erlöse (§ 6 Abs. 1 der
Bundespflegesatzverordnung vom 26.09.1994 [BGBl. I S. 2750] in der Fassung des Art. 5 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 [GKV-GRG 2000, BGBl. I 1999 S. 2626 ff.] -
BPflV -) und das Budget (§
12 BPflV) nicht unter Verletzung von Pflegesatzrecht zum Nachteil der Klägerin zu hoch fest.
Die Klägerin wendet gegen diese Festsetzung ausschließlich ein, dass der nach §
6 BPflV berechnete Gesamtbetrag der Erlöse (bzw. das Budget) gemäß §
71 SGB V zu kappen sei. Obergrenze des Budgets sei nämlich das (unbereinigte) Budget des Jahres 1999 zuzüglich der Veränderungsrate
nach §
71 Abs.
3 SGB V in der Fassung des GKV-GRG 2000. Nach §
71 Abs.
1 SGB V seien die Vereinbarungen über die Vergütung nach diesem Gesetz "und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie nach diesen
Vorschriften getroffenen Regelungen" so zu gestalten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen würden, es sei denn, die
notwendige medizinische Versorgung sei auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen
nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Nach §
71 Abs.
2 SGB V dürfe die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung, um den Vorgaben nach Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 zu entsprechen, die
sich bei Anwendung der Veränderungsrate für das gesamte Bundesgebiet nach Abs. 3 ergebende Veränderung der Vergütung nicht
überschreiten. Eine Überschreitung sei nach §
71 Abs.
2 Satz 2
SGB V nur zulässig, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch vertraglich abgesicherte oder bereits erfolgte Einsparungen in
anderen Leistungsbereichen ausgeglichen würden.
Dieser Auffassung der Klägerin ist das Verwaltungsgericht zu Recht nicht gefolgt. Die von der Klägerin begehrte Begrenzung
des Gesamtbetrages der Erlöse, der mangels sonstiger Erlöse im Berechnungszeitraum vorliegend identisch ist mit dem Budget,
ist mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbaren. Das
SGB V enthält für die Krankenhauspflege keine eigenständige Regelung zur Vergütung von Krankenhausleistungen. Maßgebend sind insoweit
ausschließlich das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Bundespflegesatzverordnung (vgl. Hess, Kasseler Kommentar zum SGB,
§
71 SGB V RdNr.
6). Nach dem hiernach maßgebenden §
17 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.04.1991 [BGBl. I, S. 886] geändert
durch Art. 4 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 [GKV-GRG 2000, BGBl. I 1999 S. 2626 ff.] - KHG -) müssen die Pflegesätze (und damit auch das Budget, das Grundlage für die Berechnung der Pflegesätze ist) im Voraus bemessen
werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 KHG). Sie müssen medizinisch leistungsgerecht sein und einem Krankenhaus bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, den
Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 KHG). Bei der Ermittlung der Pflegesätze ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§
71 Abs.
1 SGB V) zu beachten (§ 17 Abs. 1 Satz 4 KHG). §
3 Abs.1
BPflV wiederholt und konkretisiert diese Regelungen und legt in Satz 6 fest, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität "nach
den Vorgaben des § 6 zu beachten" ist. Maßstab für die Beachtung dieses Grundsatzes ist hiernach die Veränderungsrate der
beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied nach §
71 Abs.
3 Satz 1 und
4 in Verbindung mit Absatz
2 SGB V (vgl. §
6 Abs.
1 Satz 3
BPflV). Nach dem von diesen Regelungen in Bezug genommenen sozialversicherungsrechtlichen Grundsatz der Beitragssatzstabilität
haben die Vertragspartner die Vereinbarungen über die Vergütungen nach dem
SGB V "und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen" so zu gestalten, dass
Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden (§
71 Abs.
1 Satz 1 Halbs. 1
SGB V), es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen
nicht zu gewährleisten (§
71 Abs.
1 Satz 1 Halbs. 2
SGB V). Eine Erhöhung der Vergütung, die zur höheren Beitragssätzen führt, ist danach dann nicht ausgeschlossen, wenn sonst die
notwendige medizinische Versorgung (nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven) gefährdet wäre. Wann dies der Fall
ist, wird für das Pflegesatzrecht nicht im
SGB V, sondern in den besonderen Ausdeckelungstatbeständen des §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV konkretisiert (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand Oktober
2003, Band 1, § 17 KHG I Nr. 12 und §
3 BPflV III Nr. 6). Hiernach darf der Gesamtbetrag der Erlöse eines Krankenhauses den um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrag
des Vorjahres nur überschreiten, soweit die im Einzelnen aufgeführten (Ausdeckelungs-) Tatbestände dies erforderlich machen
(§
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV).
Dies wird entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass §
71 Abs.
2 Satz 1
SGB V den Grundsatz der Beitragssatzstabilität dahingehend konkretisiert, dass bei der Vereinbarung neuer Vergütungssätze die Veränderungsrate
nach Abs. 3 nicht überschritten werden darf. Denn auf die Fortschreibung um die Veränderungsrate wird in §
71 Abs.
2 Satz 1
SGB V ausdrücklich nur abgestellt, "um den Vorgaben nach Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 zu entsprechen". In diesem Halbsatz 1 ist jedoch
nur der Grundsatz enthalten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen sind. Unberührt bleibt danach aber die Ausnahmeregelung
des Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2
SGB V, wonach Beitragssatzerhöhungen nicht ausgeschlossen sind, wenn sonst die notwendige medizinische Versorgung nicht zu gewährleisten
wäre (vgl. Dietz/Bofinger, a.a.O., §
6 BPflV III 1).
Grundlage der Budgetbegrenzung nach §
6 Abs.
1 Satz 4
BPflV für das - hier maßgebliche - Jahr 2000 ist gemäß §
6 Abs.
4 Satz 1
BPflV der Gesamtbetrag nach Art. 7 §
1 Abs. 1 des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes für das Jahr 1999. Außerordentliche Beträge, deren Finanzierungsgrund im Jahr 2000
ganz oder teilweise nicht mehr vorliegt, sind abzuziehen und enthaltene Ausgleiche und Berichtigungen herauszurechnen. Auch
diese Regelung konkretisiert den Grundsatz der Beitragssatzstabilität des §
71 Abs.
1 SGB V dahingehend, dass Basis für die Fortschreibung um die Veränderungsrate nicht der vereinbarte (unbereinigte) Gesamtbetrag
des Vorjahres, sondern der periodengerechte Betrag für das Jahr 2000 ist. Diese Basis ist zudem gem. §
6 Abs.
3 BPflV zu berichtigen, wenn die durchschnittlichen Auswirkungen der BAT-Entwicklung - wie im vorliegenden Fall - die Veränderungsrate überschritten haben (vgl. hierzu auch §
6 Abs.
1 Satz 4 letzter Halbsatz
BPflV, wonach vorgeschriebene Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre unabhängig von der Veränderungsrate gesondert durchzuführen
sind). Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach Maßgabe des Pflegesatzrechtes, d.h. insbesondere nach Maßgabe des
§
6 BPflV, zu beachten ist, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hat, worauf der Beklagte zutreffend
hinweist, mit Urteil vom 24.10.2002 (- 3 C 38/01 -, NVwZ-RR 2003, S. 510) ausdrücklich bestätigt, dass nach § 17 Abs. 1 Satz 4 KHG bei der Ermittlung der Pflegesätze der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten sei und §
6 Abs.
1 BPflV (1997) den dafür geltenden Maßstab konkretisiere. Dieser bestehe in der Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen
der Mitglieder aller Krankenkassen je Mitglied. Die genannte Veränderungsrate bilde nach §
3 Abs.
1 Satz 1
BPflV (1997) grundsätzlich die Obergrenze für die Vereinbarung des Budgets für das einzelne Krankenhaus. Die Veränderungsrate dürfe
nach §
6 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 BPflV (1997) aber überschritten werden, soweit Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder Fallzahlen dies erforderlich
machen. Damit geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität im Pflegesatzrecht
konkretisiert wird und die Veränderungsrate bei Vorliegen eines oder mehrerer Ausdeckelungstatbestände überschritten werden
darf.
Da die Berechnung des periodengerechten Gesamtbetrages der Erlöse und das Vorliegen von Ausdeckelungstatbeständen (hier: §
6 Abs.
1 Satz 4 Nr.
2 BPflV - zusätzliche Kapazitäten in der Epilepsiestation - und §
6 Abs.
1 Satz 4 Nr.3
BPflV - Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung, 1/3 Umsetzung in 2000 -) sowie die Berechnung der sich hieraus ergebenden
Gesamtbetragsobergrenze zwischen den Beteiligten (inzwischen) unstreitig ist, käme eine Kappung dieses Betrags nur in Betracht,
wenn und soweit die Ausdeckelungstatbestände eine Überschreitung des um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrages des
Vorjahres nicht "erforderlich" machen würden. Dies ist jedoch nicht ersichtlich.
Der entsprechend dem Krankenhausplan erfolgte (Teil-) Ausbau der Epilepsiestation führte ebenso wie die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung
zu pflegesatzrelevanten Mehrkosten bei der Beigeladenen. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Sie meint jedoch
unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OVG Münsters vom 24.09.2002 (- 13 A 2341/01 -, NVwZ-RR 2003, 283 ff.), aus der Priorität des Gesetzesziels (Grundsatz der Beitragssatzstabilität) und dem Ausnahmecharakter des §
6 Abs.
2 Satz 4
BPflV folge, dass an die "Erforderlichkeit im Sinne dieser Vorschrift" strenge Anforderungen zu stellen seien und Erforderlichkeit
im Lichte der sozialgesetzlichen Zielvorgabe nicht nur als Begrenzung des die Obergrenze überschreitenden Betrags, sondern
als grundsätzliche Aufforderung zur Bestreitung der Mehrkosten durch Inanspruchnahme eventueller Wirtschaftsreserven oder
durch Abbau von Unwirtschaftlichkeiten zu verstehen sei. Ob dem zu folgen ist, oder ob die Ausdeckelungstatbestände - wie
der Beklagte meint - eine Überschreitung der Veränderungsrate dann "erforderlich" machen, wenn diese zu pflegesatzrelevanten
Mehrkosten führen und der um die Ausdeckelungstatbestände erhöhte Gesamtbetrag mindestens dem leistungsgerechten Gesamtbetrag
entspricht, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man insoweit der vom OVG Münster vertretenen engeren Auffassung
folgen würde, wäre der Beschluss der Schiedsstelle im vorliegenden Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin
hat nämlich weder im Rahmen der Budgetverhandlungen noch im Schiedsstellenverfahren oder im gerichtlichen Verfahren dargelegt,
dass und warum der nach §
6 BPflV ermittelte Obergrenzenbetrag über einem leistungsgerechten Betrag liege bzw. weshalb und in welchem Umfang die Beigeladene
die Mehrkosten durch Inanspruchnahme eventueller Wirtschaftlichkeitsreserven oder durch den Abbau von Unwirtschaftlichkeiten
bestreiten könne. Dies wäre jedoch aus den vom OVG Münster zutreffend dargelegten Gründen notwendig gewesen. Denn insoweit
handelt es sich um einen die Klägerin als Kostenträger begünstigenden Umstand, der zudem von der Beigeladenen so gut wie nicht
bewiesen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
154 Abs.
2,
162 Abs.
3 VwGO. Ein Grund nach §
132 Abs.
2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
[B e s c h l u s s vom 01. März 2005
Der Streitwert des Verfahrens wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.12.2002
für beide Rechtszüge auf jeweils EUR 470.679,24 festgesetzt.
G r ü n d e:
Der Streitwert ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. (vgl. § 72 Nr. 1 GKG n.F.) nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Rechtssache zu bestimmen. Strittig war im
Pflegesatzverfahren, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt haben, der Betrag von DM
2.199.686,-- (Differenz von DM 53.322.962,-- und DM 51.123.276,--). Die Bedeutung der Rechtssache für die Klägerin des vorliegenden
Verfahrens bemisst sich jedoch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht anhand dieses Betrages insgesamt, sondern
anhand des Belegungsanteils der Mitglieder der Klägerin in Höhe von 41,85 % in dem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie
der Beigeladenen. Aus diesem Belegungsanteil ergibt sich, in welcher Höhe die Mitglieder der Klägerin aufgrund der von der
Schiedsstelle abgelehnten Kappung des Gesamtbetrages und des Budgets voraussichtlich mit Mehrkosten belastet werden (vgl.
Beschlüsse des Senats vom 17.01.1997 - 9 S 2277/95 -, Arztrecht 1998, 95 und vom 17.08.2004 - 9 S 1460/04 -; vgl. auch Nr. II 20.2 des Streitwertkatalogs 1996, NVwZ 1996, 563). Davon ausgehend war die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Streitwert für das verwaltungsgerichtliche
Verfahren und das Berufungsverfahren auf jeweils 41,85 % von DM 2.199.686,--, d.h. auf EUR 470.679,24 (= DM 920.568,59), festzusetzen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.]